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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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über seinen Flitzer?« fragte er Charley, die ihre Haare glättete und sich mit zufriedener Miene zurechtmachte. »Hat er – «
    »Denny hat mit Handarbeit nichts im Sinn. Er mag sich die Hände nicht schmutzig machen. Aber er hat einen Shellingberg 5, mit B-3-Motor. Er kann also sehr schnell fliegen. Manchmal, wenn sonst kein Verkehr herrscht, spät nachts etwa, dreht er bis achtzig auf.«
    »Kein Problem«, sagte Nick. »Der alte Kübel da schafft hundertzehn oder hundertzwanzig. Wenn man Zeta glauben kann.« Der Flitzer war jetzt sehr schnell geworden und schlängelte sich durch den Vormittagsverkehr. »Ich hänge ihn ab«, sagte Nick. Hinter sich sah er einen dunkelroten Shellingberg. »Ist er das?« fragte er.
    Charley blickte nach hinten. »Ja, das ist er. Denny besitzt den einzigen dunkelroten Shellingberg 8 in den Vereinigten Staaten.«
    »Ich reihe mich in den starken Durchgangsverkehr ein«, sagte Nick und sank tiefer. Beinahe augenblicklich schoben sich zwei andere Flitzer zwischen ihn und den Shellingberg. »Und hier biege ich ab«, sagte er, als der Ballon mit der Aufschrift HASTINGS AVENUE rechts von ihm auftauchte. Er bog ab und geriet, wie er gehofft hatte, in die Reihen langsamer Flitzer, die nach Parkplätzen suchten… die meisten von Frauen gesteuert, die zum Einkaufen wollten.
    Kein dunkelroter Shellingberg 8 mehr zu sehen. Nick schaute in alle Richtungen, um ihn zu entdecken.
    »Sie haben ihn abgehängt«, sagte Charley sachlich. »Er verläßt sich auf die Geschwindigkeit – Sie wissen ja, freie Fahrt über dem Verkehr – aber hier unten – « Sie lachte und ihre Augen glänzten. »Er ist zu ungeduldig; hier unten fliegt er nie.«
    »Was wird er wohl tun?« fragte Nick.
    »Aufgeben. In ein paar Tagen legt sich seine Wut wieder. Aber ungefähr achtundvierzig Stunden lang wäre er fähig zu einem Mord. Es war wirklich dumm von mir, die Broschüren in der Lampe zu verstecken, da hat er recht. Aber ich lasse mich nicht schlagen.« Sie rieb sich nachdenklich die Stelle, wo er sie getroffen hatte. »Er schlägt hart zu«, sagte sie. »Aber er kann nicht einstecken. Ich kann nicht wirklich fest zuschlagen, ich bin zu klein dafür, aber Sie haben mich beißen sehen.«
    »Ja«, sagte er. »Der Biß des Jahrhunderts.« Er hatte nicht die Absicht, das zu bestreiten.
    »Es ist sehr nett von Ihnen, einer völlig Fremden zu helfen«, sagte Charley. »Sie kennen mich ja gar nicht, nicht einmal meinen Namen.«
    »Ich begnüge mich mit Charley«, sagte er. Der Name schien zu ihr zu passen.
    »Ich habe Ihren Namen nicht ganz verstanden.«
    »Nick Appleton.«
    Sie lachte zwischen den gespreizten Fingern ihrer rechten Hand hindurch. »Das ist ein Name, wie ihn jemand in einem Roman tragen würde. Nick Appleton. Ein privater Spürhund vielleicht. Oder in einem von den Fernsehprogrammen.«
    »Es ist ein Name, der Kompetenz ausstrahlt«, versicherte Nick.
    »Sie sind auch kompetent«, gab sie zu. »Ich meine, Sie haben uns – mich – da herausgeholt.
    Vielen Dank.«
    »Wo wollen Sie die nächsten achtundvierzig Stunden verbringen?« fragte Nick. »Bis er sich beruhigt hat?«
    »Ich habe noch eine Wohnung; die benützen wir auch. Wir schaffen das Material von einer zur anderen, für den Fall, daß ein DB-Befehl vom ÖSD kommt. Durchsuchung und Beschlagnahme, Sie verstehen. Aber man verdächtigt uns nicht. Dennys Familie hat viel Geld und Einfluß, und als einmal ein Spürhund nachforschte, rief ein hoher ÖSD-Mann, ein Freund von Dennys Vater, an und gab uns einen Tip. Das war das einzige Mal, daß wir Schwierigkeiten hatten.«
    »Ich finde, Sie sollten nicht in die andere Wohnung gehen«, sagte Nick.
    »Warum nicht? Meine ganzen Sachen sind dort. Ich muß einfach hin.«
    »Gehen Sie irgendwohin, wo er Sie nicht findet. Er bringt Sie sonst vielleicht um.« Nick hatte Artikel über die Persönlichkeitsveränderungen bei Alkoholsüchtigen gelesen. Darüber, wieviel wilde Grausamkeit bei ihnen oft durchbrach, eine regelrecht psychotische Persönlichkeitsstruktur, vermischt mit einer schnell wachsenden Manie und den verdächtigen Wutausbrüchen der Paranoia. Nun hatte er eine solche Person selbst erlebt. Und es gefiel ihm gar nicht. Kein Wunder, daß die Behörden das verboten – richtig verboten. Wenn ein Alkoholsüchtiger erwischt wurde, landete er für den Rest seines Lebens in einem psychodidaktischen Arbeitslager. Es sei denn, er konnte einen fähigen Anwalt bezahlen, der seinerseits ausführliche

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