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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Wenn sie einem tagsüber erscheinen – dann wird man vernichtet.«
    »Mit anderen Worten, wenn man im Wachen schläft.«
    »Stimmt«, sagte Provoni widerwillig.
    »Wenn Sie schlafen, müssen wir Sie also beschützen. Weshalb sind Sie dann dagegen, daß ich Sie während dieser Zeit einhülle? Ich mache mir Sorgen um Ihr Leben; Sie sind imstande, es wegzuwerfen, indem Sie alles auf eine Karte setzen. Ihre Reise zu unserer Welt – ein unfaßbares Glücksspiel, eines, das Sie, statistisch gesehen, nicht hätten eingehen sollen.«
    »Aber ich habe es getan«, sagte Provoni.
    Die Finsternis begann sich aufzulösen, als der Frolixaner sich zurückzog. Provoni erkannte die Metallwand des Raumschiffes, den großen Korb, der als Hängematte diente, die halbgeschlossene Luke zum Kontrollraum. Sein Schiff, der Graue Dinosaurier, das so lange Zeit seine Welt gewesen war. Ein Kokon, in dem er einen Großteil verschlief.
    Jetzt würden sie über den Fanatiker staunen, dachte er, wenn sie ihn sehen könnten, ausgestreckt in seiner Matte, einen wochenalten Bart im Gesicht, die Haare bis auf die Schultern, der Körper schmutzig, die Kleidung noch schmutziger und muffig riechend. Hier ist er, der Erlöser der Menschheit. Oder vielmehr eines Teils der Menschheit. Des Teils, der unterdrückt worden war, bis – er fragte sich, wie es jetzt stehen mochte. Hatten die Minusmenschen Unterstützung gefunden? Oder fanden sich die meisten Alten Menschen mit ihrem dürftigen Status ab?
    Und Cordon, dachte er. Was, wenn der große Redner und Schriftsteller tot ist? Dann ist mit ihm wahrscheinlich auch alles andere gestorben.
    Aber jetzt wissen sie – jedenfalls meine Freunde wissen es –, daß ich die Hilfe gefunden habe, die wir brauchen, und daß ich zurückkomme. Vorausgesetzt, daß sie meine Nachricht bekommen haben. Und außerdem vorausgesetzt, daß sie sie entschlüsseln konnten.
    Ich, der Verräter, dachte er. Der sich an Nichtmenschen um Unterstützung wendet. Der die Erde einer Schar von Invasoren öffnet, die sie sonst niemals bemerkt hätten. Werde ich als der übelste aller Menschen in der Geschichte eingehen – oder als Retter? Oder vielleicht als etwas weniger Extremes, irgend etwas in der Mitte? Thema für eine halbe Spalte in der Encyclopaedia Britannica.
    »Wie können Sie sich einen Verräter nennen, Mr. Provoni?« fragte Morgo.
    »Wie wohl?«
    »Sie sind Verräter genannt worden. Sie sind Erlöser genannt worden. Ich habe jedes Partikel Ihres Bewußtseins untersucht und keine Begierde nach Ruhm und Größe gefunden. Sie haben eine schwierige Reise unternommen, praktisch ohne jede Aussicht auf Erfolg, und das aus einem einzigen Motiv heraus: um Ihren Freunden zu helfen. Heißt es nicht in einem eurer weisen Bücher: ›Wenn ein Mann sein Leben für einen Freund hingibt -‹«
    »Sie können das Zitat nicht zu Ende führen«, sagte Provoni belustigt.
    »Nein, weil Sie das Ende nicht kennen, und alles, worauf wir uns stützen konnten, Ihr Gehirn ist – sein Inhalt, bis hinab zur Kollektivebene, die uns nachts so erschreckt.«
    »Parvor nocturnus«, sagte Provoni. »Nächtliche Furcht; Sie haben eine Phobie.« Er stand unsicher auf, schwankte und schlurfte zur Nahrungsanlage. Er drückte auf einen Knopf, aber nichts kam heraus. Er drückte auf einen zweiten Knopf. Nichts. Er tastete herum, fast in Panik, drückte wahllos auf Knöpfe… und endlich glitt ein Würfel Notration in das Fach.
    »Es ist genug da, um Sie zur Erde zurückzubringen, Mr. Provoni«, versicherte ihm der Frolixaner.
    »Aber nur so gerade eben«, sagte Provoni wild und knirschte mit den Zähnen. »Ich kenne die Berechnungen. Ich muß die letzten Tage vielleicht ganz ohne Nahrung auskommen. Und Sie machen sich Sorgen um meinen Schlaf. Guter Gott, wenn Sie sich Sorgen machen wollen, dann machen Sie sich Sorgen um meinen Bauch.«
    »Aber wir wissen, daß Sie es schaffen.«
    »Okay«, sagte Provoni. Er öffnete den Würfel, aß ihn, trank einen Becher redestilliertes Wasser, schauderte, fragte sich, ob er sich die Zähne putzen sollte. Ich stinke, dachte er. Überall. Sie werden entsetzt sein. Ich werde aussehen wie einer, der vier Wochen in einem UBoot eingesperrt war.
    »Sie werden verstehen, warum«, sagte Morgo.
    »Ich möchte duschen«, erklärte Provoni.
    »Es gibt nicht genug Wasser.«
    »Können Sie mir nicht – welches besorgen? Auf irgendeine Weise?« Im Laufe der Zeit hatte ihm der Frolixaner schon mehrmals chemische Bestandteile geliefert,

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