Die Mehrbegabten
ihn.
Barnes drehte den Kopf und rief über die Schulter: »Prüfen Sie 7Y ZRR, und sehen Sie nach, ob die Frau in guter Verfassung ist. Und der Junge auch. Geben Sie mir sofort Bescheid. «
Er wandte sich wieder Nick zu. »Sie meinen nicht das Mädchen, das mit Ihnen zusammen in dem Zimmer in der 16. Avenue war? Sie meinen Ihre richtige Frau?«
»Ich möchte über beide Bescheid wissen.«
»Dem Mädchen geht es sehr gut.« Barnes ließ sich nicht näher darüber aus, aber Nick genügte es, daß Charley überlebt hatte. Er dankte Gott dafür. »Haben Sie noch weitere Fragen, bevor wir mit dem Ratsvorsitzenden zusammentreffen?« fuhr Barnes fort.
»Ich verlange einen Anwalt«, sagte Nick.
»Sie können keinen bekommen. Das im vergangenen Jahr erlassene Gesetz verbietet anwaltschaftliche Vertretung von bereits Festgenommenen. Ein Anwalt hätte Ihnen übrigens auch nicht helfen können, selbst wenn Sie vor Ihrer Festnahme zu einem gegangen wären, weil Ihr Verbrechen politischer Natur ist.«
»Was ist mein Verbrechen?« sagte Nick.
»Besitz von Cordon-Literatur. Dafür gibt’s zehn Jahre in einem Internierungslager. Zusammensein mit anderen bekannten Cordon Anhängern. Fünf weitere Jahre. Ertappt in einem Gebäude, wo illegales Schriftmaterial – «
»Ich habe genug gehört«, unterbrach ihn Nick. »Ungefähr vierzig Jahre insgesamt.«
»Wie es in den Büchern steht. Aber wenn Sie mir und dem Vorsitzenden von Nutzen sind, könnten wir Ihnen Ihre Strafen vielleicht ermäßigen. Gehen wir hinein.« Er deutete auf die offene Tür, und Nick ging wortlos in ein luxuriös eingerichtetes Büro… oder war das gar kein Büro? Ein riesiges Bett füllte die Hälfte des Zimmers aus, und im Bett, gestützt von Kissen, lag Willis Grem, der oberste Herrscher des Planeten, ein Tablett mit seinem Mittagessen auf dem Bauch. Über das Bett waren alle möglichen Schriftsachen verstreut, den Farben nach Unterlagen von einem Dutzend Regierungsbehörden. Sie schienen noch nicht gelesen zu sein, so neu sahen sie aus.
»Miss Knight«, sagte Grem in das Gesichtsmikrophon an seiner schlaffen Wange, »nehmen Sie dieses ›Huhn á la King‹ weg, ich habe keinen Hunger.«
Eine schlanke, fast busenlose Frau kam herein und holte das Tablett. »Möchten Sie – «, begann sie, aber Grem schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. Sie verstummte sofort und verließ das Zimmer.
»Wissen Sie, woher mein Essen kommt?« sagte Willis Grem zu Nick. »Aus der Cafeteria im Haus, daher. Warum, zum Teufel – « Er wandte sich an Barnes. »Warum, zum Teufel, habe ich mir nicht eine eigene Küche einrichten lassen? Ich muß wahnsinnig gewesen sein. Ich glaube, ich trete zurück. Ihr Neuen Menschen habt recht – wir sind nur Mißgeburten, wir Außergewöhnlichen. Wir sind nicht aus dem richtigen Stoff, um herrschen zu können.«
»Ich könnte mit dem Taxi zu einem guten Restaurant fahren«, erbot sich Nick, »dem ›Flores‹ etwa, und Ihnen – «
»Nein, nein«, fiel Barnes scharf ein.
Grem sah ihn erstaunt an.
»Dieser Mahn ist aus einem wichtigen Grund hier«, sagte Barnes hitzig. »Er ist kein Diener. Wenn Sie besseres Essen wollen, schicken Sie jemand von Ihrem Stab. Das ist der Mann, von dem ich gesprochen habe.«
»Ah ja.« Grem nickte. »Also los, vernehmen Sie ihn.«
Barnes setzte sich auf einen hochlehnigen Stuhl aus dem neunzehnten Jahrhundert. Er holte ein Tonbandgerät heraus und drückte auf die eine Taste.
»Ihre Identität?« fragte er.
Nick setzte sich in einen Polstersessel und erwiderte: »Ich dachte, ich wäre hier, um mit dem Ratsvorsitzenden zu sprechen.«
»Das sind Sie«, sagte Barnes. »Vorsitzender Grem wird von Zeit zu Zeit eingreifen, um sich
genauer zu informieren. Habe ich recht, Ratsvorsitzender?«
»Ja«, sagte Grem, aber er schien nicht recht bei der Sache zu sein. Sie sind alle erschöpft, dachte Nick. Sogar Grem. Vor allem Grem. Das ist das Warten; es hat sie ausgehöhlt. Und jetzt, da der Feind hier ist, sind sie zu entnervt, um zu reagieren. Nur in der 16. Avenue haben sie gute Arbeit geleistet. Vielleicht reichte die Erschöpfung nicht bis in die unteren Ränge der Polizeihierarchie, vielleicht hatte sie nur die Spitze erfaßt, wo man die wahre Sachlage kannte. Nick unterbrach seinen Gedankengang plötzlich.
»Interessantes Material, was da in Ihnen zirkuliert«, sagte Grem, der Telepath.
»Richtig«, sagte Nick. »Das hatte ich vergessen.«
»Sie haben völlig recht«, erklärte Grem. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher