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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Schreiben wir alles auf und nennen wir es ›Der kosmische Chirurg von einem fernen Stern.‹ Okay?«
    Er bückte sich und sammelte ihre Sachen ein. Handtasche, Pulli, Unterwäsche. »Ich sage das Gedicht auf, dann verstehst du, warum ich mit dir nicht zu Plätzen gehen kann, wo du mit Denny gewesen bist.
    Ich kann ihn nicht ersetzen. Als nächstes wirst du mir seine Brieftasche geben, vermutlich aus Straußenleder, seine Uhr, eine Oriterion, seine Achatit-Manschettenknöpfe.« Er verstummte. »›Ich muß fort: Da ist ein Grab, wo Tulpe winkt und Lilie, und -‹« Er machte eine Pause.
    »Weiter«, sagte sie. »Ich höre.«
    »›Und ich will erfreun den armen Faun, begraben unterm schlafend’ Boden, mit frohen Liedern, eh es tagt. ‹«
    Sie starrte ihn an.
    »So etwas gefällt dir?«
    »Es ist mein Lieblingsgedicht.«
    »Magst du Dylan?«
    »Nein.«
    »Noch eins«, sagte sie. Sie war angezogen und saß neben ihm, den Kopf gesenkt.
    »Ich kenne keine anderen auswendig. Ich weiß nicht einmal, wie dieses Gedicht weitergeht, und dabei habe ich es tausendmal gelesen.«
    »War Beethoven ein Poet?«
    »Ein Komponist.«
    »Bob Dylan auch.«
    »Die Welt hat vor Dylan angefangen«, meinte er.
    »Gehen wir«, sagte Charley. »Ich glaube, ich erkälte mich. Hat es dir Spaß gemacht?«
    »Nein«, sagte er ehrlich.
    »Warum nicht?«
    »Du bist zu verkrampft.«
    »Wenn du das durchgemacht hättest, was ich – «
    »Vielleicht liegt es daran. Du weißt zuviel. Zuviel und zu früh. Aber ich liebe dich.« Er legte den Arm um sie, preßte sie an sich, küßte sie auf die Schläfe.
    »Wirklich?« Etwas von ihrer Lebenskraft kehrte zurück; sie sprang hoch, die Arme weit ausgebreitet, drehte sich übermütig im Kreis.
    Ein Polizeifahrzeug ohne Sirene und rotes Blinklicht glitt hinter ihnen heran und landete lautlos.
    »Die ›Kuh‹«, sagte Charley.
    Sie hetzten gemeinsam zum Flitzer, sprangen hinein, Charley an die Pinne. Sie ließ den Motor an; die »Seekuh« rollte vorwärts, während ihre Tragflächen ausgefahren wurden.
    Das rote Licht des ÖSD-Fahrzeugs leuchtete auf, die Sirene begann zu heulen. Ein Megaphon plärrte ihnen Worte entgegen, die sie nicht verstanden. Die Worte hallten und hallten, bis Charley gequält aufschrie.
    »Ich schüttle ihn ab«, sagte sie. »Denny hat das tausendmal gemacht. Ich habe es von ihm gelernt.« Sie trat das Gaspedal durch. Der Motor brüllte auf, und Nick wurde nach hinten gerissen. »Ich muß dir den Antrieb einmal zeigen«, sagte sie, während ihre Augen hin- und herzuckten. Und die »Seekuh« wurde immer schneller. Nick hatte noch nie in einem so hochfrisierten Flitzer gesessen, obwohl viele von dieser Art zu Zeta gebracht worden waren.
    »Denny hat sein ganzes Geld in die ›Seekuh‹ gesteckt«, sagte sie. »Er hat sie dafür konstruiert, den Polizisten zu entwischen. Paß auf.« Sie drückte auf eine Taste, lehnte sich zurück, die Hände nicht mehr an der Steuerung. Der Flitzer fiel plötzlich hinab, beinahe bis auf den Boden. Nicholas spannte alle Muskeln an – ein Aufprall erschien unvermeidlich, dann fegte das Boot mit einer Art automatischem Lenksystem, das er nicht kannte, mit ungeheurer Geschwindigkeit durch enge Straßen, zwischen alten Läden mit Holzfassaden dahin – ungefähr einen Meter über dem Boden.
    »So tief unten kann man nicht navigieren«, sagte er. »Wir sind tiefer als mit ausgefahrenen Rädern.«
    »Paß auf.« Sie drehte den Kopf und betrachtete den ÖSD-Flitzer. hinter sich – er war ihnen gefolgt und hielt dieselbe Höhe – dann riß sie die Pinne herum.
    Sie schossen in die Dunkelheit hinauf. Der Polizeiflitzer hinter ihnen her.
    Und jetzt tauchte aus dem Süden ein zweites Streifenfahrzeug auf.
    »Wir sollten aufgeben«, sagte Nick, als die beiden Verfolger sich zusammenschlossen. »Sie
    können jederzeit feuern und uns erledigen. Wenn wir nicht gleich stoppen, tun sie es.«
    »Aber wenn wir gefaßt werden, legen sie dich um«, erinnerte ihn Charley. Sie flog steiler hinauf, und die beiden Polizeiflitzer verfolgten sie immer noch, mit heulenden Sirenen und blinkenden Lampen.
    Die »Seekuh« stürzte wieder hinab, bis das Automatiksystem sie abermals einen Meter über dem Pflaster abfing. Die anderen Flitzer folgten dem Beispiel.
    »O mein Gott«, sagte Charley. »Sie haben auch das Reeves-Fairfax-System. Mal sehen.« In ihrem Gesicht arbeitete es. »Denny«, fuhr sie fort. »Denny, was soll ich tun? Was mache ich jetzt?« Sie bog um eine Ecke –

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