Die Meister der Am'churi (German Edition)
erwählt wurde, falls er kein geborener Wolfswandler ist. In Kriegsgefechten geschehen manche Dinge …“
„Vielleicht hast du recht.“ Lurez mühte sich, auf dem harten, unebenen Waldboden ein bequemes Fleckchen zum Schlafen zu finden.
„Ich war zu lange im Tempel!“, murrte er unzufrieden. Er bezweifelte, dass er heute Nacht allzu viel Schlaf finden würde – was nicht nur am ungemütlichen Lagerplatz lag, sondern auch an der Erinnerung an diesen schlanken, nackten Körper unter sich, und an Bernsteinaugen, die mal wütend, mal verträumt zu ihm hinauf starrten ...
Jivvin legte sich ebenfalls nieder und versuchte zu schlafen. Zuerst wehrte er sich gegen das Traumbild von ihm selbst, wie er sich nackt mit Ni’yo über den Boden rollte, aus Angst, die unerfüllbare Sehnsucht unnötig zu schüren. Doch dann hieß er diese Erinnerung willkommen. Wenn er nicht einmal mehr im Traum seinem Liebsten nah sein durfte, seinen Duft wahrnehmen, seine Wärme und Kraft spüren, das lebendige Funkeln in diesen dunklen Augen sehen – dann könnte er auch gleich aufgeben und Impulkro begehen! Er lächelte, als er den Traum-Ni’yo zwang, sich zu unterwerfen.
Ich liebe dich, flüsterte Ni’yo und blickte voller Vertrauen und sinnlichem Verlangen zu ihm auf.
Du bist mein Leben, wisperte Jivvin ihm ins Ohr und zog ihn in eine zärtliche Umarmung.
Dieses Gefühl von Nähe und Liebe begleitete Jivvin bis in den Schlaf.
~*~
Ni’yo hatte sich stundenlang von einer Seite auf die andere gedreht, schlaflos und unruhig in dieser Gruppe fremdartiger Wesen, die ihm so vertraut schienen und doch so feindlich waren.
Du bist mein Leben.
Ni’yo lächelte, als er im Halbschlaf Jivvins Stimme hörte, die sämtliche Traumgespinste von Blut, Gewalt und Einsamkeit vertrieb. Er lag still und öffnete sich dieser Erinnerung oder dem Traum von schönen Zeiten, was auch immer es sein mochte, und fand darin die Ruhe, die ihm so lange verwehrt geblieben war.
8.
„Dies ist der nächstgelegene Eingang zu Almular.“
Ni’yo betrachtete die Lichtung, die Norim, Ilanrins Sohn, ihm präsentierte. Er sah nichts, was auf eine unterirdische Stadt hinwies.
„Die Wälder lieben uns, so wie wir sie lieben. Unsere Macht ist mit der eines Drachen nicht zu vergleichen, dennoch, unser Segen liegt auf diesem Land. Wir geben ihm, was wir zu geben haben, dafür beschützen die Bäume und das Gesträuch und alle niederen Tiere unser Geheimnis.“ Ni’yo folgte dem Elf, zu dem er in den vergangenen zwei Tagen so etwas wie gegenseitiges Vertrauen aufgebaut hatte. Norim war um ein Vielfaches jünger als sein Vater, soweit er es verstanden hatte. Möglicherweise war das der Grund, warum dieser Mann ihm mit mehr Geduld und – zumeist – ohne Spott begegnete und ihn nicht wie ein Stück Vieh behandelte, von dem Gehorsam und größtmöglicher Nutzen verlangt wurde. Ilanrin und dessen Gefährten waren bereits am frühen Morgen verschwunden, worüber Ni’yo keineswegs traurig war.
„Sieh her!“ Norim hob beide Hände. Einige Augenblicke geschah nichts, dann hörte Ni’yo ein scharrendes Geräusch. Ein moosüberwachsener gefallener Baumstamm, der aussah, als hätte er dort bereits seit zehn Sommern gelegen, rollte sehr, sehr langsam beiseite, von den Luftwurzeln mehrerer Nadelbäume bewegt. Darunter offenbarte sich ein unscheinbares dunkles Loch in der Erde.
„Alle Zugänge zu unseren Städten sind solchermaßen verborgen. Es reicht, um uns vor Sterblichen zu bewahren, in all der Zeit ist nicht ein einziger Mensch gegen unseren Willen zu uns gelangt. Doch die Drachen wissen, wo sie suchen müssen. Kalesh hat uns verpflichtet, alle zweihundert Jahre einen der unseren zu opfern, damit Charur, der Herr der Drachen, dessen Wissen stehlen und die Veränderungen Arus nachverfolgen kann.“ Norims Blick verdüsterte sich, sodass Ni’yo auf Fragen verzichtete. „Nun komm. Du könntest klettern, aber es geht schneller, wenn du dich mir anvertraust.“
Ni’yo zögerte. Der Gedanke, sich von einem Schattenelf berühren zu lassen, widerte ihn an.
„Ich war bei deiner Folterung nicht dabei“, sagte Norim leise. „Ich habe dich als Säugling gesehen, danach nicht mehr, bis vor zwei Tagen. Auch an der Jagd auf deine Mutter war ich nicht beteiligt.“ In seiner Stimme lag Verbitterung, die Ni’yo überraschte – konnte es sein, dass Norim verurteilte, was sein Vater tat?
„Unser Volk ist nicht böse, und mein
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