Die Meister der Am'churi (German Edition)
Barriere Halt geben könnte. Es schien nichts dort zu sein. Ni’yo atmete noch einmal tief durch. Dann ließ er sich fallen.
11.
Ni’yo sah, wie gewaltige Klauen nach ihm griffen, konnte aber nichts tun, um ihnen zu entgehen. Hinter dem Portal war er auf einem breiten Felssims gelandet, das genug Platz für ihn bot. Doch da befand sich bereits ein Drache mit grünen Schuppen, der anscheinend Wache gehalten hatte. Die Klaue war beinahe ebenso groß wie Ni’yo, ausweichen war unmöglich. Er wurde gepackt, herumgeschleudert und fallen gelassen – in einen Abgrund. Ni’yo rollte sich instinktiv zusammen, obgleich er wusste, dass er keine Aussichten hatte, einen Aufprall zu überleben. Der Boden raste auf ihn zu. Bevor er aufschlug, wurde er erneut gepackt und in die Höhe gerissen. Es war ein weißer Drache, der ihn aufgeschnappt hatte; so viel erkannte er noch, ehe er wie ein Ball fortgeschleudert und vom nächsten Drachen gefangen wurde. Sie spielten mit ihm … Ein Spiel, das kein Sterblicher lange überleben würde. Er konnte zwar mehr aushalten als ein Mensch, selbst jetzt, wo Am’chur ihn verlassen hatte, aber sein Körper war und blieb zerbrechlich. Es waren viele Drachen, so viele, die ihn in der Luft umgaben und benutzten wie einen seelenlosen Gegenstand …
Er versuchte, möglichst eng zusammengekauert zu bleiben und keinen Widerstand zu bieten. Die Klauen quetschten seinen Leib zusammen, was nicht allein schmerzhaft war, sondern auch das Atmen fast unmöglich machte. Von Neuem flog er davon, so rasch, dass es ihm noch mehr Luft raubte. Ni’yo gestattete sich keine Panik, sie würde ihn umbringen. Die Drachen schienen herausfinden zu wollen, wie weit sie ihn werfen konnten, wurde ihm irgendwann bewusst, denn sie trugen ihn immer wieder an dieselbe Stelle, von wo aus sie ihn fortschleuderten, und warteten, bis er fast auf dem Boden aufschlug, bevor sie ihn packten. Wie lange dieses Spiel andauerte, er wusste es nicht. Nur, dass plötzlich andere Kreaturen dazwischen gingen und Streit anzettelten. Diese Drachen waren anders, das spürte er selbst durch den Nebel, in dem sich sein Bewusstsein verbarg, um diesen Albtraum durchstehen zu können. Hatten die Ersten tatsächlich mit ihm gespielt, wollten die Neuankömmlinge ihn offenbar fressen. Sie waren wahrhaftige Tiere, keine intelligenten, von Macht und Leben erfüllten Drachen. Sie rissen Ni’yo an sich und warfen ihn sich gegenseitig zu, fauchend, brüllend, gegen die erste Gruppe kämpfend. Er konnte nichts tun, war ebenso hilflos wie zuvor, dazu verdammt, stillzuhalten und um Atem zu kämpfen. Auch als scharfe Krallen sein Bein aufrissen, beherrschte er den Schmerz, unterdrückte den Schrei, und hieß die Bewusstlosigkeit willkommen, die ihn endlich von diesem Grauen erlöste.
~*~
„Sieh mich an, Ni’yo.“ Die Stimme, die lediglich in seinem Kopf widerhallte, war so zwingend, dass Ni’yo gehorchen musste. Orientierungslos richtete er sich auf und starrte sich um. Er sah dunkles Gestein, von dämmrigem Licht aus der Finsternis entrissen; der Boden, auf dem er lag, war kalt und von Geröll bedeckt, das sich in seine wunden Gliedmaßen bohrte. Sein gesamter Körper schmerzte, zumindest überall dort, wo keine Taubheit vorherrschte. Hatten sie ihn letztlich doch fallen und wie ein kaputtes Spielzeug liegen lassen?
Ni’yo hörte ein vielfältiges Rauschen und Flattern über sich, Grollen und Zischen. Er spürte die Nähe von Hunderten und Aberhunderten Lebewesen; fremdartig und zornerfüllt.
„Hier oben, Ni’yo.“ Mühsam wandte er den Kopf und erblickte einen Drachen mit purpurfarbenen Schuppen.
„Es ist schwierig, in deinen Verstand einzudringen, sehr seltsam. Ich dachte, Menschen müssten leichter zu brechen sein als Elfen, zumal du noch so jung und verletzlich bist.“
Der Purpurne flog auf und ließ sich neben ihm nieder, erstaunlich sacht und elegant für ein solch riesiges Geschöpf.
„Ich bin Charur, dein Feind. Lang waren die Jahre, die ich auf dich warten musste, Erwählter der Götter .“ Er zischte dieses Wort mit so viel Verachtung, dass Ni’yo unwillkürlich vor ihm zurückzuckte. „Insgesamt bist du weniger enttäuschend, als ich fürchtete, nach allem, was ich über die Menschen erfahren habe. Vor allem dein Geist gefällt mir, interessant, was Ilanrin da gezüchtet hat …“
Charur rückte ein Stück von ihm ab, da er wohl Ni’yos Reaktion spürte.
„Du hasst ihn ebenso wie ich? Wie
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