Die Meister der Am'churi (German Edition)
einen Sohn zu zeugen, den er zu seinem Nachfolger heranziehen konnte.“ Yumari schnaubte wieder verächtlich. „Meine vier Schwestern waren hingegen allesamt so liebenswert und hübsch, wie Dorfmädchen eben sein sollen. Sie haben das große Erdbeben nicht überlebt.“ Sie wehrte ab, als die anderen betroffen Beileid bekunden wollten. „Ist lange her. Ich habe es als Einzige geschafft und bin nach Kauro geflüchtet, wo der hiesige Schmied mich gerne aufgenommen hat. Und das ist die ganze Geschichte meines Lebens. T’Stor hat nie zu mir gesprochen, und eine überragende Schmiedin ist sowieso nicht aus mir geworden.“
„Am’chur hätte dich nicht gerufen, wenn er nicht sicher wäre, dass du diese Aufgabe erfüllen kannst“, sagte Tamu. „Genau darauf beruht schließlich unsere ganze Hoffnung.“
„Vor allem Ni’yos Hoffnung“, murmelte Jivvin vor sich hin. Mit einem boshaften Lächeln boxte Yumari ihm gegen die Schulter. „Wie war das eigentlich mit neunzehn Jahren intensiver Feindschaft, die euch verbindet?“, spottete sie.
„Das war nicht gelogen!“, begehrte Jivvin sofort auf. Unbehaglich vermied er es, irgendjemanden anzusehen. Seine Liebe zu Ni’yo grenzte ihn noch immer aus, und es würde vermutlich nie anders werden.
„Neunzehn Jahre Feindschaft plus, zu diesem Zeitpunkt, knapp zwei Tagen Liebe, das war wohl wirklich kaum der Erwähnung wert!“
„Wohl kaum. Nun gut, ich soll etwas schmieden. Ich weiß was und warum, diese Kette soll extrem hart werden, damit sämtliche Götter sie segnen können und sie anschließend alles tötet, was mit ihr in Berührung kommt. Aber wo ich das tun soll, hat mir bislang niemand verraten“, schwenkte Yumari um.
„Wir müssen zu den Elfen gehen. Warum oder wie ich dir dabei behilflich sein soll, weiß ich nicht – natürlich verstehe ich ein wenig vom Schmieden, aber nicht mehr als jeder andere Am’churi auch. Kamur hier wäre deutlich besser geeignet als ich.“
„Das Schmieden an sich wird Yumari wohl allein übernehmen, mit T’Stors Hilfe“, sagte Tamu nachdenklich. „Du, Jivvin, übertriffst jeden Am’churi an Kraft und Geschick, mit Ni’yo als einzige Ausnahme. Warum das so ist, wollte Meister Leruam mir nie verraten.“
„Am’chur hat es mir nach Leruams Tod gesagt, beziehungsweise als Vision gezeigt.“ Jivvin seufzte bei diesem Geständnis – noch etwas, was er lieber für sich behalten hätte. Anderseits war es ein guter Zeitpunkt, diese Last zu teilen, von der er bislang nur Ni’yo erzählt hatte. Es schien, als würde alles, was in der Vergangenheit geschehen war, gerade jetzt seine wahre Bedeutung offenbaren.
„Als Am’chur mich berührte, lag ich im Sterben. Ein Hünenbär hatte einen meiner Brüder angegriffen. Ohne nachzudenken bin ich auf das Tier los – und konnte mich von da ab an nichts mehr erinnern, erst hinterher wieder, als ich blutüberströmt am Boden lag. Blut, das nicht von mir stammte, denn ich war nicht verletzt. Der Bär war spurlos verschwunden. Ich hatte immer gedacht, ich wäre in diesem Moment von Am’chur erwählt worden und hätte den Bär im göttlichen Zorn verwundet und fortgejagt. Keiner aus meiner Familie wollte darüber sprechen, ich dachte allerdings, es wäre die normale Schande , einen Am’churi im Haus zu haben.“ Jivvin starrte mit leerem Blick zu Boden. Auch nach all den Jahren schmerzte die Erinnerung daran, wie seine Familie ihn verstoßen hatte. Lurez drückte ihm mitfühlend den Arm, wofür Jivvin ihm dankbar war.
„Tatsächlich hatte der Bär mich mit einem Prankenhieb niedergeschlagen, ich war schwer verletzt und wäre nur wenige Herzschläge später gestorben. Doch Am’chur griff ein, denn er hatte mich bereits ausgewählt und hätte mich innerhalb der nächsten Monate berührt. Er fragte mich, ob ich leben wolle, und natürlich wollte ich das! Dem Bär hingegen war es gleichgültig, er war alt und hatte gespürt, dass er den Sonnenuntergang nicht mehr erleben würde. Meinen Bruder hatte er eigentlich nicht angreifen wollen, er war dabei gewesen, sich dort, wo Olkar ihm regelrecht in die Pranken gelaufen war, zum Sterben niederzulegen. Nach mir hatte er bloß geschlagen wie unsereins nach einer Fliege.
Er wehrte sich nicht, als Am’chur ihm die verbliebene Lebenskraft nahm und mir schenkte. Dem Bär blieb gerade noch genug, um ins Unterholz zu kriechen und dort zu verenden. Für mich reichte es, um zu überleben, bis Am’chur meine Verletzungen geheilt und mich mit
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