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Die Meister der Am'churi (German Edition)

Die Meister der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Meister der Am'churi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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als das Gewicht der in jeglicher Hinsicht stattlichen Frau seine überanstrengten Arme und Schultern belastete. Irgendwie schaffte er es, sie einigermaßen behutsam zu Boden gleiten zu lassen. Erst jetzt spürte er, dass T’Stors Präsenz verschwunden war.
    „Ich hätte gerne gewusst, ob er Yumari schon vor ihrer Geburt absichtlich ausgewählt hat …“, murmelte Jivvin vor sich hin. Die ganze Zeit über hatte er mit sich gerungen, ob er so etwas aussprechen durfte. Es hätte die endlose Frage beantwortet, ob ihr Schicksal vorherbestimmt war – gleichgültig ob von den Göttern oder dem Schicksal – oder ob die Götter tatsächlich selbst nicht sicher wussten, was die Zukunft bringen würde und der Zufall über sie regierte.
    Vielleicht will ich es aber doch nicht wissen. Wenn mir die Antwort nicht gefällt, kann ich sie nicht zurückgeben!
    Ehrfürchtig hob Jivvin die Kette hoch und ließ sie durch seine Finger gleiten. Sie war so unglaublich leicht! Es kribbelte auf der Haut, wo auch immer ihn die Kettenglieder berührten, war die göttliche Macht fühlbar. Der Segen aller Götter, über dreihundert an der Zahl. Nur er und Yumari konnten sie nun noch gefahrlos berühren, jeden anderen würde sie umbringen.
    Jivvin riss sich zusammen. Yumari konnte schlecht da unten in Asche und Schmutz liegen bleiben. Er legte die Kette sorgfältig eingerollt auf ihren Bauch und zog sie an den Armen aus der Schmiede heraus.
    „Wenn mir mal jemand helfen könnte, wäre das nett“, knurrte er den Schattenelf an, der vor der Steinpforte Wache stand. Ausdruckslos musterte der Kalesh die bewusstlose Frau, die vor Schweiß und Dreck starrte, ließ seinen Blick abschätzig über Jivvin gleiten. Dann verschwand er lautlos.
    „Na wunderbar, wie ich euch liebe, ihr spitzohrigen, hinterhältigen …“
    Jivvin ließ sich fluchend neben Yumari nieder und wartete. Als über eine Stunde später Lurez, Pitu, Kamur und noch zwei andere Am’churi kamen, fanden sie ihn bereits in tiefem Schlaf, aus dem er nicht einmal erwachte, als er wenig sanft hoch gehoben und fortgetragen wurde.
     
    ~*~
     
    „Ich bin es, warte!“ Ni’yo lief auf Jivvin zu, außer sich vor Freude und Erleichterung – er hätte niemals gedacht, dass er ihn überhaupt noch einmal wiedersehen durfte. Jivvin blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und machte keinerlei Anstalten, sich umzuwenden.
    „Was ist mit dir, bist du verletzt?“ Besorgt fasste Ni’yo ihn am Arm, wollte ihn zu sich drehen.
    „Lass mich los, du Missgeburt!“ Jivvin schüttelte ihn grob ab und starrte ihn mit so viel Hass und Abscheu an wie in den ersten Jahren im Tempel. Schockiert wich Ni’yo vor ihm zurück, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
    „Du hast mich belogen, Ni’yo! Meine Gutherzigkeit ausgenutzt. Ich war geblendet von Mitleid und Gier nach deinem Körper, aber damit ist jetzt Schluss! Mach, dass du wegkommst, du widerst mich an!“ Jivvin musterte ihn noch einmal wie etwas, das wochenlang tot im Wasser gelegen hatte, fuhr dann herum und schritt eilig davon. Ni’yo blieb zurück, zu betäubt, um etwas zu fühlen. Doch während er dem einzigen Mann auf dieser Welt hinterher sah, der ihm Liebe zu schenken bereit gewesen war, breitete sich schmerzlicher Verlust, Trauer und Einsamkeit wie Gift in seine Seele aus und zerstörte all die Hoffnung, die er so mühsam genährt hatte …
     
    Ni’yo unterdrückte einen Schrei, als er die Augen öffnete und wild um sich blickte. Es dauerte mehrere Herzschläge, bis er begriff, wo er war: in der Höhle der Drachen. Er kauerte am Boden; über ihm ragte Charur auf wie eine riesige Statue.
    „Das war keine Vision“, sagte Ni’yo trotzig, als er verstand, was gerade geschehen war. Noch immer spürte er den Nachhall von Entsetzen und Schmerz, der von Jivvins Zurückweisung geblieben war.
    „Bist du dir da sicher?“, spottete Charur.
    „Du hast mir diese Traumbilder geschickt! Du benutzt meine Ängste und schlimmsten Erinnerungen, um mich zu schwächen.“
    „Vielleicht.“ Der alte Drache schien amüsiert. „Aber warum sollte ich wohl so etwas tun?“
    „Ich weiß, dass du meinen Geist brechen und mich zwingen willst, das Siegel zu zerstören.“
    „Nicht ganz. Ich will, dass du dich mir vollständig unterwirfst.“
    „Warum sollte ich das wohl tun?“, echote Ni’yo die Frage, die Charur ihm gestellt hatte, in demselben herablassenden Tonfall.
    „Weil du keine andere Wahl hast, Ni’yo. Du bist stark, selbst die meisten Drachen

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