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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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rechten Brustseite. Jordan griff in die Innentasche und holte eine Uhr an einer Kette heraus. Der goldene Deckel wies eine hässliche Delle auf.
    „Eine helfende Hand aus dem Jenseits“, sagte er und gab Clea die Taschenuhr.
    Sie ließ den Deckel aufschnappen. Auf der Innenseite war der Name Bernard Tavistock eingraviert.
    „Mein Vater“, erklärte Jordan. „Als er starb, habe ich sie geerbt. Offenbar passt er noch immer auf mich auf.“
    „Dann solltest du sie immer bei dir tragen.“ Sie gab sie ihm zurück.
    „Damit sie auch die nächste Kugel abfangen kann.“
    „Ich hoffe, es wird keine nächste Kugel geben. Die hier war schon unangenehm genug.“
    Sie ging ins Bad, tauchte ein Handtuch in warmes Wasser und wrang es aus. Als sie die Wunde säuberte, streifte ihr Kopf seinen und sie atmete seinen erregenden Duft ein. Blut und Schweiß und After Shave und dazu sein warmer Atem, der über ihre Wangen strich. Verzweifelt versuchte sie, es zu ignorieren und sich nur auf die Wunde zu konzentrieren.
    „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass du getroffen wurdest“, sagte sie.
    „Es war der erste Schuss. Ich bin praktisch hineingestolpert.“
    „Gestolpert! Du hast mich weggestoßen, du Idiot.“
    Er lachte. „Ritterlichkeit wird nicht belohnt.“
    Unvermittelt nahm sie sein Gesicht zwischen die Hände und küsste ihn. Sie wusste sofort, dass es ein Fehler war. Ihrem Magen erging es wie in der Achterbahn, als sie den Druck seiner Lippen fühlte und ihn aufstöhnen hörte. Bevor er sie an sich ziehen konnte, wich sie zurück.
    „Siehst du, du irrst dich“, flüsterte sie. „Ritterlichkeit wird durchaus belohnt.“
    „Wenn das so, bin ich es vielleicht noch mal.“
    „Lass es lieber. Einmal ist ritterlich, zweimal ist dumm.“
    Atemlos konzentrierte sie sich wieder auf seine Wunde. Obwohl sie seine Lippen auf ihren schmeckte, sah sie ihm nicht ins Ge sicht.
    Sie wischte die letzten trockenen Blutspuren fort und richtete sich auf. „Womit sollen wir sie verbinden?“
    „Im Wagen ist ein Verbandkasten.“
    „Ich hole ihn.“
    „Fahr gleich den Wagen in die Scheune.“
    Clea eilte aus dem Zimmer und atmete tief durch, als sie ins Freie trat. Endlich hatte sie sich wieder im Griff.
    Sie fuhr den Jaguar ins Versteck, holte den Verbandkasten und sog die frische, nach Heu duftende Luft ein. Ich kann es mir nicht erlauben, mich ablenken zu lassen, ermahnte sie sich. Nicht einmal durch Jordan.
    „Ich habe den Wagen versteckt“, sagte sie, als sie das Zimmer wieder betrat.
    Er stand am Fenster und antwortete nicht.
    „Was ist?“ fragte sie.
    „Ich habe in Chetwynd angerufen.“
    Sein abrupter Stimmungswechsel irritierte sie. „Warum?“
    „Um ihnen zu erzählen, was passiert ist.“
    „Es ist besser, wenn sie es nicht wissen. Und sicherer …“
    „Für wen?“
    „Für alle. Sie könnten vielleicht mit den falschen Leuten reden und uns …“
    „Wenn ich mich nicht auf meine eigene Familie verlassen kann, auf wen dann?“ fragte er zornig.
    Seine Reaktion schockierte sie. Sie setzte sich auf die Bettkante. „Ich beneide dich um dein Vertrauen.“ Sie öffnete den Verbandkasten. „Komm her. Ich möchte die Wunde verbinden.“
    Er setzte sich neben sie. Keiner sagte etwas, während sie Mullbinden und Pflaster herausnahm. Er zuckte zusammen, als sie die Wunde desinfizierte, schwieg jedoch noch immer.
    Das machte ihr Angst. Zwischen ihnen war etwas anders, seit sie wiedergekommen war. Und es hatte mit seinem Anruf in Chetwynd zu tun. Sie wagte nicht, ihn danach zu fragen, denn sie befürchtete, auch die letzte Verbindung zwischen ihnen zu kappen. Also schwieg sie und wehrte sich gegen die Panik. Hatte sie ihn verloren? Oder noch schlimmer, war er jetzt gegen sie?
    „Richard ist auf dem Weg hierher“, sagte er, als sie das letzte Pflaster andrückte.
    Sie starrte ihn an. „Du hast ihm gesagt, wo wir sind?“
    „Ich musste. Er hat mir etwas zu sagen.“
    „Hättet ihr das nicht am Telefon besprechen können?“
    „Nein. Er muss es mir ins Gesicht sagen.“ Jordan zögerte. „Es geht um dich.“
    Er weiß es, dachte sie entsetzt. Sie hasste sich und ihre Vergangenheit.
    „Was hat er gesagt?“ fragte sie leise.
    „Nur dass du nicht ganz ehrlich warst … was deine Identität betrifft.“
    „Wie …“ Sie räusperte sich. „Wie hat er das herausgefunden?“
    „Durch deine Fingerabdrücke.“
    „Welche Fingerabdrücke?“
    „Beim Polomatch. Dein Glas im Erfrischungszelt.“
    Es dauerte einen

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