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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Unwohlsein auch Henrikas Abend. Die Schicklichkeit ließ es nicht zu, dass sie mit drei Männern in der Stube sitzen blieb. Obwohl sie gern noch weitere Einzelheiten über Carolus’ Pläne erfahren hätte, verabschiedete sie sich und verließ den Raum.

9. Kapitel
    Am nächsten Morgen passte Barthel Anna ab, bevor sie das Haus verlassen wollte, und bat sie in sein Kabinett. Anna wunderte sich darüber, denn es war noch nie vorgekommen, dass ihr Verwandter sie allein hatte sprechen wollen. War ihm etwas zu Ohren gekommen? Hatte sich die Wirtin an ihn gewandt, um sich über sie zu beschweren? Nein, das war abwegig. Die Frau hatte gezittert vor Angst. Sie würde gewiss nicht wagen, in die Zollschreiberei zu kommen. Außerdem hatte die Wirtin nicht den Eindruck gemacht, als lege sie Wert darauf, Henrika noch einmal über den Weg zu laufen.
    «Mach die Tür hinter dir zu, es muss nicht gleich das ganze Gesinde hören, was ich mit dir zu besprechen habe!» Barthel lief zu seinem Schreibpult und nahm einige Papiere, die er mit dem Handballen glättete, bevor er sie mit einem Tintenhorn beschwerte.
    Anna schloss folgsam die Tür, bevor sie sich mit einem vorsichtigen Lächeln zu ihrem Verwandten umdrehte. Schweigend wartete sie, bis er bereit war, sich mit ihr zu befassen.
    «Du hast Freundschaft mit Henrika geschlossen?»
    Anna hob die Augenbrauen. So war das also. Es ging nicht um sie, sondern wieder einmal um Henrika. Anna spürte, wie Wut in ihr hochstieg. Dennoch antwortete sie betont höflich.
    «Aber ja, Onkel. Wir sind im Lauf der letzten Monate gute Freundinnen geworden.»
    «Nun, immerhin verbringt ihr eine Menge Zeit miteinander in deiner Dachkammer. Ich möchte zu gern wissen, worüber ihr euch dort oben unterhaltet.»
    Anna machte eine gleichmütige Handbewegung, die dem Festungsbaumeister deutlich zu verstehen gab, dass ihre Gespräche für Männer uninteressant waren. Barthel räusperte sich. «Ich habe nicht verlangt, dass du mir eure Frauengeheimnisse enthüllen sollst. Mir geht es darum, Henrika Gutmeister in guten Händen zu wissen. Sie ist … ein ganz besonderer Mensch. Ein Mensch, der im Leben schon viel Leid erlebt hat. Verstehst du?»
    Anna kochte innerlich, es kostete sie äußerste Selbstbeherrschung weiterzulächeln, denn sie merkte, dass ihre Maske zu zerspringen begann wie ein Tongefäß. Worauf wollte Barthel hinaus? Hatte er vor, sie zu Henrikas Kammerjungfer zu machen?
    «Warum wolltet Ihr mich sehen?»
    Barthel wies auf eines der Papiere vor ihm auf dem Schreibpult. «Ich möchte, dass Henrika etwas Bestimmtes übereignet wird, ein kleines Landgut mit Wäldern, das an einem See liegt. Deine Mutter ist einverstanden, dass du meine Verfügung mit deiner Unterschrift bezeugst.»
    «Meine Mutter ist geistig umnachtet. Wollt Ihr mir weismachen, Ihr hättet mit ihr darüber gesprochen?» Anna holte tief Luft. Es war ihr unangenehm, an ihre Mutter erinnert zu werden.
    «Dieses Landgut gehört doch zur Hinterlassenschaft meines Vaters.»
    «Irrtum, meine Liebe, es befindet sich im Besitz deiner Mutter, aber früher gehörte es einer anderen Familie.»
    «Und warum verschenkt Ihr es dann an Henrika?» Anna gab sich keine Mühe mehr, ihren Unmut zu verbergen.
    «Henrika hat ein Anrecht darauf. Das ist momentan alles, was du wissen musst.» Der Festungsbaumeister warf dem Mädchen einen Blick zu, der ihr riet, ihn nicht mit weiteren Fragen zu bedrängen. Doch damit stieß er bei Anna auf Granit. Statt zu unterschreiben, hob sie entschlossen den Saum ihres Kleides und rauschte zur Tür.
    «Wenn du dich weigerst, das Dokument zu unterzeichnen, wird deine Mitgift sehr gering ausfallen», sagte Barthel mit scharfer Stimme. «Du willst doch einen annehmbaren Ehemann heiraten, oder nicht? Das Vermögen deiner Mutter wird auf Wunsch des Kurfürsten und seiner Gemahlin von mir verwaltet. Ob es dir passt oder nicht, Anna: Ich habe darüber zu befinden, ob du dein Erbe eines Tages antreten oder weiterhin Kammerzofe der Fürstin bleiben wirst.»
    Anna blieb stehen und stieß überrascht die Luft aus. Offensichtlich war sie nicht die Einzige, die sich darauf verstand, anderen zu drohen. Sie hatte Barthel immer für einen melancholischen Träumer gehalten. Für einen Säufer, der nur seinen Mann stehen konnte, wenn es galt, langweilige Mauern und Gebäude zu planen. Was mochte in ihn gefahren sein, dass er nun so energisch auftrat?
    Hatte Henrika ihn verhext?
    Was den Besitz anging, den Henrika bekommen sollte,

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