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Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
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ihn mit einem Durst zu erfüllen, der fast so stark war wie der Durst nach einem weiteren Bier. Er klemmte sich das Notizbuch unter den Arm, dankte dem Wirt für den Blick ins Zimmer und verließ den Raum. Unten am Hafen fand er einen Kutscher, der ihn zurück zu seiner Dienststelle fuhr. Genug gelaufen für diesen Tag, dachte er.
    Die Dienststelle lag unter seinem Schlafzimmer mit Aussicht auf das Zuchthaus. Nils Bayer saß da und dachte über Jon Blund nach.
    Ich weiß nicht, was es mit diesem Namen auf sich hat, aber ich finde ihn irgendwie düster, dachte er. In Wahrheit war es die dunkle und bleischwere Stimmung dieses Tages, an dem unglaublichste Dinge ans Licht befördert werden sollten, wäh rend die gottlosen Kräfte, die das alles bewirkt hatten, unter einem tiefschwarzen Schleier gefangen waren. Er hatte das Polizeiprotokoll aufgeschlagen, um sich darin etwas zu notieren, stellte dann aber fest, dass solche Gedanken eher Stoff für einen Dichter und nicht für einen Amtmann waren. Seine Gedanken waren nicht scharf genug, um sie zu protokollieren. Alle Ereignisse des Tages, der Fall an sich, verdunkelte seine Seele und ermüdete ihn. Außerdem fehlte ihm jemand, mit dem er darüber diskutieren konnte.
    Polizeiinspektor Bekk war auf Brattøra, um ein niederländisches Schiff zu inspizieren, das über Nacht Schutz im Hafen gesucht hatte. Die beiden Gehilfen, die für Bayer arbeiteten, der Analphabet und Streithals Torsten Reutz und der gutmütige Jacob Torp, waren in seinem Auftrag unterwegs. Reutz sollte sich in allen Wirtshäusern der Stadt umhören, ob es am Abend zuvor eine Schlägerei gegeben hatte, bei der eine Waffe gezogen wor den war. Da dies durchaus wahrscheinlich war, hatte der Gehilfe auch den Auftrag zu ermitteln, ob bei diesen Schlägereien eventuell jemand verletzt oder getötet worden war. Bayer musste so vorgehen, auch wenn er sich ziemlich sicher war, dass Jon Blund nicht bei einer normalen Wirtshausschlägerei ums Leben gekommen war.
    Der andere Gehilfe, Torp, sollte sich bei den Kutschern der Stadt erkundigen, ob ihnen im Laufe der Nacht etwas Ungewöhnliches aufgefallen war. Insbesondere sollte er nach Passagieren fragen, die sich seltsam benahmen oder kaputte, blutige Kleider trugen. Die Kutscher waren oft gute Zeugen. Unseligerweise hatte der Polizeimeister einmal einen störrischen Kutscher derart mit seinem Schlagstock bearbeitet, dass er brach und der Abdruck des Stocks noch Wochen später auf dem Rücken des Mannes zu sehen war. Der Kutscher hatte diese Behandlung redlich verdient, weil er sich äußerst unanständig gegenüber Torsten Reutz verhalten hatte, der nur einen Streit zwischen zwei Kutschern zu schlichten versuchte, die an einem Sonntag vor der Domkirche auf ihre Herrschaft warteten. Der Schlichtungsversuch war gescheitert und die beiden Kutscher waren aneinandergeraten. Reutz hatte sich keinen anderen Rat gewusst, als Bayer persönlich zu holen, und nachdem der eine der beiden Kutscher nicht einmal dem Polizeimeister den verdienten Respekt erwies, hatte Bayer ihn kurzerhand festgenom men. Der Herr des Kutschers war bedauerlicherweise ein mäch tiger Mann der Stadt, der Anklage gegen den Polizeimeister erhoben hatte. Der Fall war für Bayer trotzdem glimpflich ausgegangen, allerdings verweigerten ihm die Kutscher seither die Zusammenarbeit. Er hoffte trotzdem, dass sein loyaler Mitarbeiter Torp etwas aus ihnen herauslocken konnte.
    Nils Bayer blieb sitzen und dachte wie so oft an Geld. Vor vier Jahren hatte er die ungeheure Summe von zweitausendvierhundert Reichstalern berappt, um sich das Amt des städti schen Polizeimeisters zu sichern. Natürlich war das vollkommen verrückt gewesen. Aber solche Launen steuerten sein Leben. Der Kredit, den er damals aufgenommen hatte, machte es ihm komplett unmöglich, mit den dreihundert Reichstalern auszukommen, die ihm das Amt bescherte. Er hatte deshalb lange darum gekämpft, für jedes Fass Salz und Getreide, die in die Stadt eingeführt wurde, einen Schilling zu erhalten, wie es auch in Kristiansand üblich war. Dies sicherte ihm wenigstens ein zusätzliches Einkommen von an die fünfhundert Reichstaler pro Jahr. Des Weiteren war er bis zum König nach Kopenhagen gefahren, um sich dort für eine Aufstockung seiner Ein nahmen einzusetzen. Aber der Stiftsamtmann, ein Teufel namens Aldus Blek, hatte sich geweigert, seinen Lohn aufzustocken. Bayers letzte Rechnung hatte ergeben, dass er gerade einmal drei ßig Reichstaler im Jahr

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