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Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
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    *
    Odd Singsaker atmete schwer. Nachdem Felicia die Namen der verschiedenen Trondheimer Stadtteile gelernt hatte, war sie irgendwann auf die Idee gekommen, seine Männlichkeit als Unter-Singsaker zu bezeichnen. Ober-Singsaker hingegen war nur der steile Stadtteil, in dem Professor Høybråten wohnte.
    Nachdem er an der Tür geklingelt und einen tiefen, brummenden Klingelton gehört hatte, wartete er vor der großen Steinvilla auf dem Blussuvollsbakken und genoss die Aussicht. Er sah die Festung, die Rosenborg-Schule und konnte fast bis hinüber zum Fundort von Silje Rolfsens Leiche blicken. Da kam ihm plötzlich in den Sinn, dass irgendwo da unten vermutlich auch Julie Edvardsen war. Er spürte, wie ungeduldig ihn dieser Gedanke machte. Dann hörte er drinnen Schritte. Jan Høybråtens Frau öffnete die Tür. Sie trug ein exklusives Kleid, das sie aber nicht jünger aussehen ließ. Auch ihre nussbraunen Haare konnten nicht über ihr Alter hinwegtäuschen.
    Singsaker wies sich aus und bat darum, ihren Mann sprechen zu dürfen. Frau Høybråten trat zur Seite und bat ihn herein.
    »Er ist oben in seinem Büro und arbeitet.«
    Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Die Botschaft, dass ihr Mann höchst ungern gestört wurde, war ihrem Tonfall zu entnehmen.
    »Odd Singsaker, das ist eine Überraschung«, sagte Høybråten, als Singsaker ohne anzuklopfen den Raum betrat. Dabei klang der Professor weniger überrascht als verärgert. »Was führt Sie zu mir?«
    »Ich würde gerne wissen, ob Sie mehr über das Bänkellied herausgefunden haben«, fragte Singsaker und setzte sich unaufgefordert auf den bequem aussehenden Lederstuhl, aber der Schein trog.
    »Sagte ich nicht, ich würde mich bei Ihnen melden, wenn ich etwas in Erfahrung bringe?«
    »Schon, aber leider ist Drängeln ein wichtiger Teil meines Jobs«, erwiderte Singsaker.
    »Ich habe Ihnen wirklich nichts zu sagen.«
    »Das ist schade. Wir kommen in diesem Fall im Moment nicht weiter.« Singsaker tastete seine Taschen ab, auch die des Mantels, den er nicht abgelegt hatte, konnte sein Notizbuch aber nicht finden und schloss daraus, dass er es in der Schule vergessen haben musste.
    »Vielleicht hat der Täter das Lied ja selbst geschrieben?«, schlug Høybråten ungeduldig vor und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »An diese Möglichkeit haben wir auch schon gedacht. Und Sie können uns wirklich nicht mehr über die Melodie sagen?«
    »Nein, dann hätte ich es Ihnen schon gesagt.«
    »Verstehe«, sagte Singsaker und tat so, als wollte er aufstehen. »Ach ja, darf ich Sie noch etwas anderes fragen, wenn ich schon mal hier bin? Dieses Konzert in Ringve, von dem Sie neulich gesprochen haben, das ist jetzt am Wochenende, nicht wahr?« Singsaker blieb auf dem harten Ledersessel sitzen.
    »Ja, warum?«
    »Julie Edvardsen«, sagte Singsaker. Er ließ ihren Namen eine Weile in der Luft hängen, studierte Høybråtens Gesichtsausdruck und glaubte tatsächlich, etwas darin zu erkennen. Die gleiche Unsicherheit, die ihm bei seinem Besuch in der Uni aufgefallen war. »Sie nimmt auch an dem Konzert teil, nicht wahr?«
    »Ja, das ist richtig. Ich verstehe aber nicht, was das zur Sache tut. Ermitteln Sie nicht in einem Mordfall?«
    »Doch, ja, es ist nur so, dass wir bei der Polizei immer mit mehreren Sachen gleichzeitig zu tun haben. In einer Stadt wie Trondheim passiert einfach zu viel. Ich weiß nicht, ob Sie wis sen, dass Julie Edvardsen verschwunden ist. Sie ist gestern Abend nach dem Spaziergang mit ihrem Hund nicht wieder nach Hause gekommen.«
    Høybråten starrte ihn lange an.
    »Was sagen Sie da?«, sagte er schließlich.
    »Julie Edvardsen ist als vermisst gemeldet worden. Sie ist Ihre beste Schülerin, nicht wahr?«
    Wieder machte es den Anschein, als müsste Høybråten erst nachdenken, ehe er antwortete.
    »Ja, Julie liebt das Singen. Jeder Chorleiter wünscht sich Sängerinnen wie sie. Gefühlvoll und mit einem perfekten Gehör. Aber privat kenne ich die Mädchen nicht sonderlich gut. Bei unseren Treffen steht immer die Musik im Mittelpunkt. Ich kann Ihnen aber sagen, dass Julie wie geschaffen ist für Bellman, und Bellman für sie. Sie hat die gleiche Unbeschwertheit wie Bellmans Texte. Ich weiß aber nicht, ob ich Ihnen damit weiterhelfen kann. Was glauben Sie ist mit ihr geschehen?«
    Singsaker ignorierte die letzte Frage.
    »Sie kennen die Mädchen privat nicht sonderlich gut, sagen Sie? Gilt das für alle?«
    »Natürlich. Worauf wollen Sie hinaus?«,

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