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Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
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sich höflich für den Branntwein. Erst wollte er ihn in einem einzigen großen Schluck trinken, besann sich dann aber. Der Bauer erwartete als Gegenleistung für seine Gastfreundschaft sicher ein wenig Benimm, und die wollte er ihm nicht verwehren. Auf jeden Fall nicht beim ersten Krug.
    Sie prosteten sich zu und er nahm vorsichtig einen kleinen Schluck. Der Branntwein wärmte seinen ganzen Bauchraum von innen bis in die äußersten Hautschichten.
    »Die Schweden wissen mit Kräutern umzugehen«, sagte er.
    Der Bauer lachte herzlich.
    »Sie hatten im Laufe des Tages nicht zufällig noch andere Gäs te?«, fragte Bayer und versuchte, nicht zu neugierig zu klingen.
    »Nein. Es vergehen oft Wochen, bis hier mal jemand aus der Stadt vorbeikommt«, sagte der Bauer. »Die Reisenden, die zu den Gruben wollen, machen nie hier Station.«
    »Verstehe«, sagte Bayer, prostete dem Bauern noch einmal zu und ließ alle Hoffnung fahren, als er den zweiten und deutlich größeren Schluck nahm.
    Vier Krüge später hatte er die Gastfreundschaft des Bauern lang genug strapaziert. Außerdem war die Flasche ebenso leer wie Bayers Wortvorrat. Da er nicht auf dem Hof übernachten wollte, bedankte er sich bei dem Mann und führte Bukkephallos vom Hofplatz in den dahinter liegenden Wald.
    Als er nach kurzer Strecke schnaufend und keuchend neben dem Pferd stand und wieder in den Sattel klettern wollte, spürte er, wie stark und wirkungsvoll der schwedische Brand gewesen war. Er musste mehrmals Anlauf nehmen, bis er sich auf den Rücken des Pferds geschwungen hatte. Erst nach dem vierten Mal saß er im Sattel, als ihm schwarz vor Augen wurde. Der Schwindel konnte natürlich ebenso gut mit dem Branntwein wie mit der Tatsache zusammenhängen, dass er seit Stunden nichts gegessen hatte. Auf jeden Fall rutschte Bayer wieder aus dem Sattel und ging am Wegrand zu Boden, wo der Hang zum Fluss hin abfiel. Bayer rollte über den Rand und die Böschung hinunter, bis er bewusstlos an einem Baum anschlug.
    Wie lange er dort besinnungslos gelegen hatte, wusste er nicht. Doch als er zu sich kam, hatte sich die Dunkelheit der Sommernacht auf ihn gesenkt. Er spürte, dass er Wasser gelassen und sich über sein eigenes Gesicht erbrochen hatte. Überhaupt war er in schrecklicher Verfassung und wünschte sich, die Nacht möge noch dunkler werden und ihn einfach verschlingen. Wäre es Win ter gewesen, hätte er wenigstens erfrieren können, sicher ein angenehmer Tod, wenn er Staatsphysikus Fredrici glauben konnte. Ja, dachte er, so will ich sterben, und verfluchte den Sommer.
    In diesem Moment sah er das Feuer. Zuerst glaubte er, es schwebe in der Luft. Dann ging ihm auf, dass er auf dem Rücken lag, den Kopf zur Seite gedreht, und zum Ufer des Flusses blickte. Er stand so zügig auf, wie die Natur es seinem müden, ausgehungerten und alkoholisierten Körper erlaubte. Dann schaute er noch einmal die Landschaft unter sich an. Dort unten saß jemand am Feuer.
    Mit frischem Elan kletterte er nach oben zum Weg, an dem Bukkephallos zu seiner Erleichterung treu grasend stehen geblieben war. Er band das Pferd an einen Baum, nahm die Waffe aus der Tasche und kletterte die Böschung nach unten.
    So lautlos wie nur möglich näherte er sich dem Lager. Die letzten Meter schlich er geduckt durch die Büsche.
    Dann blieb er stehen.
    Ein Mann saß mit dem Rücken zu ihm am Feuer. Er schien einen Fisch zu reinigen, den er aus dem Fluss gezogen hatte, und sich sein Essen vorzubereiten. Etwas entfernt stand sein Pferd und nicht weit davon entfernt lag etwas Großes, in Segeltuch Gehülltes auf den Steinen. Das musste der Leichnam sein. Er hatte seinen Spielmann gefunden. Er zog die Pistole aus der Tasche und umklammerte den Schaft mit der rechten Hand.
    Dann schlich er sich langsam näher. Als er aus dem Wald trat und seinen Fuß auf den Ufersand setzen wollte, traf seine Sohle einen Zweig, dessen Knacken das Rauschen des Flusses übertönte. Der Mann mit dem Fisch drehte sich abrupt um. Aber der Polizeimeister war dicht genug bei ihm. Mit der Pistole in der Hand hatte er die Übermacht.
    »Wenn Ihr Euer Messer bitte in den Fluss werfen würdet, guter Mann«, sagte er und lächelte schief.
    Bayer meinte das Messer, mit dem der Mann den Fisch ausnahm. Sein Gegner schien keine andere Waffe in Reichweite zu haben. Der Mann studierte Bayers Pistole. Vielleicht schätzte er die Qualität der Waffe ein, vielleicht versuchte er sich aber auch ein Bild von Bayers Verfassung und seiner

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