Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
Leidenschaft auf Kredit zu frönen.
Stundenlang weilte er in meinem Pavillon (den ich prächtig im orientalischen Stil hatte ausstatten lassen), wir ließen die Würfel rollen, bis es Zeit für ihn war, seinen Dienst bei Hof anzutreten, und so verging Tag um Tag. Er brachte mir weiteres Geschmeide – eine Perlenkette, eine antike Smaragdbrosche und andere Kleinode zur Deckung seiner Verluste –, und ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass ich nicht die ganze Zeit mit ihm gespielt haben würde, wenn er gewonnen hätte.
Aber nach etwa einer Woche wandte sich das Glück gegen ihn, und er schuldete mir eine ungeheure Summe. Ich mag den Betrag nicht
nennen; er war so hoch, dass ich dachte, der junge Mann werde ihn niemals begleichen können.
Warum also spielte ich mit ihm? Warum viele Tage in privatem Spiel mit einem Bankrotteur vergeuden, wenn anderswo viel ergiebigere Geschäfte hätten gemacht werden können? Ich gestehe offen den Grund. Von Monsieur de Magny wollte ich nicht sein Geld, sondern die ihm zugedachte Braut gewinnen, Komtesse Ida.
Wer würde behaupten, ich hätte nicht das Recht gehabt, in dieser Liebesangelegenheit jede denkbare Kriegslist zu nutzen? Und – wozu von Liebe reden? Ich wollte den Reichtum der Dame; ich liebte sie durchaus so sehr, wie Magny dies tat; ich liebte sie ebenso sehr wie jene errötende siebzehnjährige Jungfrau dort den alten siebzigjährigen Lord, den sie heiratet. Ich folgte hierin den Gepflogenheiten der Welt, da ich nun einmal beschlossen hatte, mein Glück durch eine Heirat zu machen.
Wenn Magny verlor, brachte ich ihn dazu, mir ein freundliches Schreiben etwa dieser Art auszufertigen:
«Mein lieber Monsieur de Balibari, hiermit bestätige ich, dass ich heute im Landsknecht 254 dreihundert Dukaten an Sie verloren habe, und ich werde es als großes Entgegenkommen Ihrerseits betrachten, wenn Sie mir die Schuld bis zu einem künftigen Tag stunden mögen, an dem ich alles begleichen werde.
Ihr dankbarer und gehorsamer Diener»
Auch bei den Juwelen, die er mir gab, war ich umsichtig genug (aber das war meines Onkels Idee, und zwar eine sehr gute), eine Art Rechnung zu erstellen und ihn einen Brief schreiben zu lassen, in dem er mich bat, den Schmuck als teilweise Begleichung einer mir geschuldeten Geldsumme zu akzeptieren.
Als ich ihn schließlich in eine Lage gebracht hatte, die mir als meinen Absichten günstig erschien, sprach ich offen und ohne jede Zurückhaltung mit ihm, wie ein Mann von Welt mit einem anderen sprechen sollte. «Ich will Ihnen, lieber Freund», sagte ich, «nicht als schlechtes Kompliment unterstellen, Sie erwarteten tatsächlich, dass wir auf diese Weise noch viel länger spielen können, und dass es mir irgendeine Befriedigung wäre, eine beliebige Anzahl von Papieren mit Ihrer Unterschrift und eine Reihe
von Wechseln zu besitzen, von denen ich weiß, dass Sie sie niemals begleichen können. Schauen Sie nicht so grimmig oder verärgert drein; Sie wissen doch sehr gut, dass Redmond Barry mit dem Degen Ihr Meister ist; außerdem müsste ich ja ein Narr sein, mit einem zu fechten, der mir so viel Geld schuldet. Hören Sie sich einfach ruhig an, was ich vorzuschlagen habe. Während unseres engen Umgangs im vergangenen Monat haben Sie mir vieles anvertraut, und ich weiß über all Ihre persönlichen Angelegenheiten vollkommen Bescheid. Sie haben Ihrem Großvater feierlich versprochen, nie wieder auf Ehrenwort zu spielen, und Sie wissen, wie Sie mit diesem Versprechen verfahren sind und dass er Sie enterben wird, wenn er die Wahrheit erfährt. Nein, selbst wenn er morgen stürbe, wäre sein Besitz nicht groß genug, um die Summe zu zahlen, die Sie mir schulden, und wenn Sie mir alles abträten, würde Sie das zum Bettler machen und zum Bankrotteur obendrein.
Ihre Hoheit Prinzessin Olivia schlägt Ihnen nichts ab. Ich will nicht fragen, warum; aber gestatten Sie mir zu sagen, dass mir diese Tatsache bekannt war, als wir zu spielen begannen.»
«Wollen Sie zum Baron gemacht werden –
Kammerherr, mit dem großen Ordensband?», ächzte der arme Kerl. «Die Prinzessin kann beim Herzog alles erreichen.»
«Ich hätte keine Einwände gegen das gelbe Band und den goldenen Schlüssel», sagte ich, «wiewohl ein Gentleman aus dem Hause Ballybarry sich wenig aus deutschen Adelstiteln macht. Aber das ist nicht das, was ich mir wünsche. Mein lieber Chevalier, Sie hatten vor mir keine Geheimnisse. Sie haben mir erzählt, unter welchen Schwierigkeiten Sie
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