Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
durchzuführen und Komtesse Ida feierlich mitzuteilen, dass Monsieur de Magny ihr zwar künftig nicht mehr den Hof machen werde, ihr Vormund, Seine Hoheit, sie jedoch noch immer verheiraten wolle, wie es ihm tunlich
schien, und dass sie ihren verdrängten Verehrer auf immer vergessen müsse. Übrigens kann ich wirklich nicht begreifen, wie ein solch ärmlicher Schuft je die Kühnheit besitzen konnte, um sie zu werben; er war ohne Zweifel aus gutem Hause, aber welche weiteren Qualitäten hatte er denn?
Als sich der Chevalier de Magny zurückzog, präsentierten sich natürlich zahlreiche weitere Anwärter, darunter auch Ihr gehorsamer Diener, der jüngere Ballybarry. Zu dieser Zeit wurde in Nachahmung der antiken Rittertreffen ein carrousel oder Turnier abgehalten, in dem die Chevaliers mit Lanzen aufeinander oder auf einen Ring zielten; bei dieser Gelegenheit trug ich ein prachtvolles römisches Gewand (nämlich einen silbernen Helm, eine wallende Perücke, einen Kürass aus reich besticktem vergoldetem Leder, einen hellblauen Samtmantel und kniehohe Stiefel aus rotem Saffianleder); und so angetan ritt ich meinen Braunen, Brian, errang drei Ringe und gewann den Preis vor allen Edelleuten des Herzogs und dem Adel umliegender Lande, der sich zu dieser Darbietung eingefunden hatte. Ein vergoldeter Lorbeerkranz für den Sieger, überreicht von der Dame, die er erwählte, sollte der Preis sein. So ritt ich
zur Tribüne, wo Komtesse Ida hinter der Erbprinzessin saß, rief laut, aber anmutig ihren Namen, bat um die Erlaubnis, von ihr gekrönt zu werden und proklamierte mich auf diese Weise gewissermaßen vor den Augen ganz Deutschlands zu ihrem Bewerber. Sie wurde ganz blass und die Prinzessin rot, wie ich bemerkte; aber schließlich krönte Komtesse Ida mich; danach gab ich meinem Pferd die Sporen, galoppierte um den Turnierplatz, salutierte am anderen Ende vor Seiner Hoheit dem Herzog und vollführte mit meinem Braunen einige wunderbare Kunststückchen.
Wie man sich vorstellen kann, mehrte mein Erfolg keineswegs meine Beliebtheit bei den jungen Edelleuten. Sie nannten mich Abenteurer, Raufbold, Falschspieler, Hochstapler und gaben mir noch hundert andere nette Namen; ich wusste diese Edlen jedoch zum Schweigen zu bringen. Ich suchte mir den Grafen von Schmetterling aus, den reichsten und verwegensten der jungen Männer, die ein Auge auf Komtesse Ida geworfen zu haben schienen, und bei der redoute 257 beleidigte ich ihn öffentlich, indem ich ihm meine Karten ins Gesicht warf. Am nächsten Tag ritt ich fünfunddreißig Meilen ins Land des Kurfürsten von B. zum Treffen mit
Monsieur de Schmetterling, stieß ihm zweimal meinen Degen in den Leib, ritt heim mit meinem Sekundanten, dem Chevalier de Magny, und erschien am Abend bei der Herzogin zum Whist. 258 Zunächst war Magny durchaus nicht bereit, mich zu begleiten; ich beharrte aber auf seiner Unterstützung bei meinem Duell. Gleich nachdem ich Ihrer Hoheit meine Reverenz erwiesen hatte, trat ich vor Komtesse Ida hin und verbeugte mich auffällig tief vor ihr, wobei ich ihr ruhig ins Gesicht blickte, bis sie ganz rot wurde; und dann starrte ich jeden einzelnen der sie umstehenden Männer an, bis ich sie, ma foi , 259 alle weggestarrt hatte. Ich wies Magny an, überall zu verbreiten, die Komtesse sei sehr in mich verliebt; diesen Auftrag musste der arme Teufel samt vielen weiteren ausführen. Er machte eine recht sotte figure , 260 wie die Franzosen es nennen, wenn er mir den Weg bahnte, mich allenthalben pries, mich immer begleitete – er, der bis zu meiner Ankunft Mittelpunkt der modischen jungen Leute gewesen war; er, der meinte, sein Stammbaum kümmerlicher Barone de Magny sei besser als die Rasse der großen irischen Könige, von denen ich abstamme; er, der mich hundertmal höhnisch als Schlagetot und Deserteur bezeichnet und mich einen vulgären
irischen Emporkömmling genannt hatte. Nun konnte ich mich an dem Gentleman rächen, und das tat ich auch.
In der erlesensten Gesellschaft nannte ich ihn bei seinem Vornamen, Maxime. Ich sagte oft in Hörweite der Prinzessin: «Bonjour, Maxime, comment vas-tu?» , 261 und konnte sehen, wie er sich vor Wut und Ärger auf die Lippen biss. Aber ich hatte ihn und desgleichen Ihre Hoheit in der Hand – ich, der arme Gemeine aus dem Regiment Bülow. Dies ist ein Beweis für das, was Genie und Beharrlichkeit vermögen, und es sollte den Großen zur Warnung dienen, niemals Geheimnisse zu haben, wenn sie es vermeiden können.
Ich
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