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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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angeht und das vielleicht von einiger Bedeutung für den Altertumsforscher ist, so wie unsere Wappen und Ränge, jedoch ohne praktischen Nutzen.‹
      ›Es wird besser sein, wir kommen auf die Dokumente am Schluß zurück‹, sagte ich.
      ›Wenn Sie es wirklich für nötig halten‹, antwortete er mit einigem Zögern. ›Um aber meinen Bericht fortzusetzen: Ich verschloß den Schreibtisch wieder mit dem Schlüssel, den Brunton hatte steckenlassen, und wandte mich zum Gehen, als ich überrascht feststellte, daß der Butler zurückgekommen war und vor mir stand.
      ‚Mr. Musgrave, Sir’, rief er mit vor Erregung heiserer Stimme, ‚ich kann die Schande nicht ertragen, Sir. Ich bin auf meinen Platz im Leben immer stolz gewesen, der Verlust meiner Ehre würde mich töten. Mein Blut wird über Sie kommen, Sir – Sie können es mir glauben –, wenn Sie mich zur Verzweiflung treiben. Wenn Sie mich nach allem, was geschehen ist, nicht behalten wollen, dann lassen Sie mich um Gottes willen kündigen und in einem Monat gehen, wie aus eigenem Entschluß. Das könnte ich ertragen, Mr. Musgrave, aber nicht, fortgejagt zu werden, vor all den Leuten, die ich so gut kenne.’
      ‚Sie haben keine Rücksicht verdient, Brunton’, antwortete ich. ‚Ihr Betragen war infam. Da Sie aber eine so lange Zeit in unserer Familie waren, möchte ich nicht öffentliche Schande über Sie bringen. Ein Monat aber ist zu lang. Entfernen Sie sich in einer Woche und geben Sie als Grund Ihres Fortgehens an, was Sie wollen.’
      ‚Nur eine Woche, Sir?’ rief er verzweifelt. ‚Vierzehn Tage – sagen Sie wenigstens, vierzehn Tage!’
      ‚Eine Woche’, sagte ich, ‚und bedenken Sie bitte, daß Sie damit noch glimpflich davongekommen sind.’
      Er schlich fort, mit hängendem Kopf, wie ein gebrochener Mann; ich löschte das Licht und ging zurück in mein Zimmer.
      An den beiden folgenden Tagen war Brunton sehr eifrig in der Erfüllung seiner Pflichten. Ich erwähnte, was geschehen war, mit keiner Silbe und wartete mit einer gewissen Spannung ab, wie er seine Schmach verbergen würde. Am dritten Morgen aber erschien er nicht, und es war doch seine Gewohnheit, nach dem Frühstück meine Anweisungen für den Tag entgegenzunehmen. Als ich das Eßzimmer verließ, traf ich zufällig Rachel Howell, das Dienstmädchen. Ich sagte Ihnen bereits, sie hatte eben erst eine Krankheit überstanden, und sie sah so entsetzlich bleich und schwach aus, daß ich sie schalt, weil sie schon wieder bei der Arbeit war.
      ‚Sie gehören ins Bett’, sagte ich. ‚Treten Sie Ihren Dienst wieder an, wenn Sie kräftiger sind.’
      Sie sah mich mit einem so seltsamen Ausdruck an, daß ich fürchtete, ihr Verstand habe gelitten.
      ‚Ich bin kräftig genug, Mr. Musgrave’, sagte sie.
      ‚Wir werden sehen, was der Doktor sagt’, antwortete ich. ‚Jetzt hören Sie mit der Arbeit auf. Wenn Sie hinuntergehen, richten Sie gleich aus, daß ich Brunton zu sprechen wünsche.’
      ‚Brunton ist fort’, sagte sie.
      ‚Fort? Wohin?’
      ‚Er ist fort. Keiner hat ihn gesehen. Er ist nicht in seinem Zimmer. Ja, er ist fort – fort!’ Sie fiel mit dem Rücken gegen die Wand und brach in stoßweises, kreischendes Gelächter aus, und ich, entsetzt über diesen plötzlichen hysterischen Anfall, stürzte zur Glocke, um Hilfe herbeizurufen. Das Mädchen wurde in sein Zimmer gebracht, es hörte nicht auf zu schreien und zu schluchzen. Ich stellte sofort Nachforschungen über Brunton an. Es gab keinen Zweifel, er war verschwunden. Sein Bett war unberührt, und niemand hatte ihn gesehen, seit er sich am vergangenen Abend zurückgezogen hatte. Es war schwierig, sich vorzustellen, wie er das Haus sollte verlassen haben, da man am Morgen Fenster und Türen fest verschlossen vorgefunden hatte. Seine Kleidung, seine Uhr und sogar sein Geld befanden sich in seinem Zimmer – nur der schwarze Anzug, den er für gewöhnlich trug, wurde vermißt. Auch seine Hausschuhe wurden vermißt, aber die Stiefel hatte er zurückgelassen. Wohin nur konnte Brunton in der Nacht gegangen und was konnte inzwischen aus ihm geworden sein?
      Wir durchsuchten das Haus vom Keller bis zum Boden, aber es gab keine Spur von ihm. Das Haus ist, wie ich gesagt habe, ein wahres Labyrinth, besonders der ursprüngliche, heute praktisch unbewohnte Teil. Wir durchforschten jeden Raum, selbst die entlegenste Dachkammer, jedoch ohne auf den geringsten Hinweis auf den Vermißten zu

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