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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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fangen.
    Sie sah seine gebleckten Zähne vor sich, hörte seine beklemmenden Worte.
    Ja, das Leben als Cop ist hart. Die Kleinen sind oft allein, nicht wahr? Bestimmt freuen sie sich über ein paar neue Spielkameraden ...
    »Okay, Charles. Ich mache es. Aber ich möchte Michael mit an Bord haben.«
    Wenn Dance mit dem MCSO zusammenarbeitete, dann meistens mit Michael O’Neil. Sie und der sympathische Detective, der sein ganzes Leben in Monterey zugebracht hatte, kannten sich schon seit Jahren. Als sie zum CBI gegangen war, hatte er sogar als ihr Mentor fungiert.
    »In Ordnung.«
    Gut, dachte Dance. Denn sie hatte ihn schon angerufen.
    »Ich bin bald da. Vor der Pressekonferenz halten wir noch eine Lagebesprechung ab.« Overby unterbrach die Verbindung.
    Dance wollte zur Rückseite des Gerichtsgebäudes gehen, als ihr ein sich näherndes Einsatzfahrzeug auffiel. Sie erkannte einen Ford Taurus des CBI. Die Signallichter hinter dem Kühlergrill blinkten rot und blau.
    Rey Carraneo, der Neuzugang ihrer Abteilung, hielt neben Dance am Bordstein und stieg aus dem Wagen. Der schlanke Mann, dessen schwarze Augen tief unter dichten Brauen lagen, war erst seit zwei Monaten dabei. Dennoch war er nicht so unbedarft, wie er aussah, und hatte unweit von Reno in einer schwierigen Gegend drei Jahre als Polizist gearbeitet, bevor er und seine Frau auf die Halbinsel gezogen waren, damit sie sich um seine kranke Mutter kümmern konnten. Er musste sich noch ein wenig zurechtfinden und mehr Erfahrung sammeln, aber er war ein tüchtiger, zuverlässiger Kollege. Und das war schon viel wert.
    Carraneo war nur sechs oder sieben Jahre jünger als Dance, aber im Leben eines Cops waren das wichtige Jahre, und er konnte sich nicht dazu durchringen, sie Kathryn zu nennen, wie sie es ihm häufig anbot. Normalerweise begrüßte er sie mit einem Nicken. Diesmal fiel es besonders respektvoll aus.
    »Kommen Sie mit.« Dance musste an die Beweise im Fall Herron und die Benzinbombe denken. »Er hat wahrscheinlich einen Komplizen, und wir wissen, dass er bewaffnet ist«, fügte sie hinzu. »Also Augen auf.« Sie gingen hinter das Gebäude, wo Brandstiftungsexperten und die Spurensicherung des MCSO den Tatort untersuchten. Es sah hier aus wie in einem Kriegsgebiet. Vier Fahrzeuge waren vollständig ausgebrannt, die beiden anderen zur Hälfte. Die rückwärtige Fassade war rußgeschwärzt, die Mülltonnen geschmolzen. Ein blaugrauer Dunst hing in der Luft. Es stank nach verbranntem Gummi – und nach etwas anderem, das sehr viel widerwärtiger war.
    Dance ließ den Blick über den Parkplatz schweifen. Dann musterte sie die offene Hintertür.
    » Da ist er auf keinen Fall rausgekommen«, sprach Carraneo aus, was Dance bereits dachte. Durch die zerstörten Wagen und Brandspuren auf dem Pflaster war klar, dass die Flammen die Tür umschlossen hatten; das Feuer war ein Ablenkungsmanöver gewesen. Aber wo war er rausgekommen?
    »Wissen wir, wem die Autos gehören?«, fragte sie einen Feuerwehrmann.
    »Ja, den Angestellten.«
    »He, Kathryn, wir haben die Bombe«, sagte ein Mann in Uniform zu ihr. Er war der oberste Branddirektor des Bezirks.
    Sie nickte ihm zu. »Was ist es gewesen?«
    »Ein großer Koffer mit Rollen, gefüllt mit Plastikmilchflaschen voller Benzin. Der Täter hat ihn unter dem Saab dort platziert. Mit einer langsam brennenden Zündschnur.«
    »Ein Profi?«
    »Vermutlich nicht. Wir haben die Rückstände der Lunte gefunden. Man kann sie aus einer Wäscheleine und Chemikalien herstellen. Ich würde sagen, die Anleitung stammt aus dem Internet. So wie Kinder sie sich besorgen, um irgendwas in die Luft zu jagen. Leider oft auch sich selbst.«
    »Lässt sich irgendwas davon zurückverfolgen?«
    »Kann sein. Wir schicken es ins MCSO-Labor, und dann sehen wir weiter.«
    »Wissen Sie, wann die Bombe gelegt wurde?«
    Er deutete auf den Saab. »Der Fahrer ist gegen Viertel nach neun hier eingetroffen, also irgendwann danach.«
    »Wie sieht’s mit Fingerabdrücken aus?«
    »Eher schlecht.«
    Dance stemmte die Hände in die Seiten und nahm das Schlachtfeld erneut in Augenschein. Irgendetwas fühlte sich falsch an.
    Der halbdunkle Korridor hinter der offenen Tür, das Blut auf dem Beton.
    Die offene Tür.
    Dance drehte sich langsam zur Seite und suchte mit den Augen alles ab. Ein Stück hinter dem Gebäude gab es einen Kiefern-und Zypressenhain. An einem der Äste baumelte ein orangefarbenes Band, wie es benutzt wurde, um Sträucher und Bäume zu

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