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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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braucht er bloß aus dem Fenster zu schauen -, wird er sich verbarrikadieren. Vielleicht gibt es sogar eine Tür zum Nachbarzimmer...«
    »Die gibt es«, sagte Carraneo. »Ich habe gefragt.«
    Sie nickte ihm anerkennend zu und fuhr fort. »Er könnte Geiseln nehmen. Ich schlage vor, wir platzieren ein Team auf dem gegenüberliegenden Dach und schleusen jemanden als Zimmermädchen ein. Dann warten wir ab. Wenn er wegfährt, beschatten wir ihn. An der nächsten leeren Kreuzung versperren wir ihm den Weg und nehmen ihn in die Zange. Er wird sich ergeben.«
    Oder erschossen werden. Auch gut.
    »Er ist zu gerissen dafür«, widersprach Kellogg. »Falls wir ihn im Hotel überraschen können und schnell genug zuschlagen, leistet er keinen Widerstand.«
    Unser erster Streit, dachte Dance sarkastisch. »Um wieder in Capitola zu landen? Das glaube ich kaum. Er wird sich wehren. Mit Zähnen und Klauen. Alles, was die Frauen mir über ihn erzählt haben, deutet in diese Richtung. Er kann es nicht ertragen, kontrolliert oder eingesperrt zu werden.«
    »Ich kenne das Motel auch«, sagte Michael O’Neil. »Er könnte sich dort mühelos verschanzen. Und ich glaube nicht, dass Pell der Typ ist, mit dem sich erfolgreich verhandeln ließe.«
    Dance befand sich in einer seltsamen Lage. Ihr Gefühl sagte ihr ausdrücklich, dass zu schnelles Handeln ein Fehler wäre. Aber wenn es um Daniel Pell ging, traute sie ihrem Instinkt nur sehr eingeschränkt.
    »Ich habe eine Idee«, sagte Overby. »Falls er sich tatsächlich verschanzt, was wäre mit den Frauen aus seiner Familie? Würden sie uns helfen, ihn zur Vernunft zu bringen?«
    »Warum sollte Pell auf sie hören?«, wandte Dance ein. »Schon vor acht Jahren hatten sie keinerlei Einfluss auf ihn. Jetzt erst recht nicht.«
    »Dennoch gibt es niemanden, der Pell nähergestanden hat.« Overby ging zum Telefon. »Ich rufe sie an.«
    Dass Overby die Frauen verschreckte, hatte Dance gerade noch gefehlt. »Nein, ich erledige das.«
    Samantha hob ab. Kathryn erklärte ihr die Sachlage. Die Frau bat sie, auf keinen Fall mit hineingezogen zu werden; es bestehe ein zu großes Risiko, dass die Medien ihren Namen herausfinden würden. Rebecca und Linda hingegen waren bereit, ihnen notfalls behilflich zu sein.
    Dance legte auf und berichtete, was die Frauen gesagt hatten.
    »Na also, da hätten wir Ihren Plan B«, stellte Overby fest. »Gut.«
    Dance war nicht überzeugt, dass Pell durch eine mitfühlend vorgetragene Bitte zur Aufgabe überredet werden konnte, nicht einmal – womöglich auch vor allem nicht – von Mitgliedern seiner ehemaligen Ersatzfamilie. »Ich plädiere weiterhin für eine Überwachung. Irgendwann muss er rauskommen.«
    »Ich bin der gleichen Meinung«, bekräftigte O’Neil.
    Kellogg betrachtete geistesabwesend eine Karte an der Wand. Er wirkte besorgt. Dann sah er Dance an. »Falls Sie wirklich nicht wollen, okay. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Aber denken Sie daran, was ich über das Kultprofil gesagt habe. Wenn er auf die Straße geht, wird er sehr wachsam sein und mit Zwischenfällen rechnen. Und er dürfte sich für diverse Situationen gewappnet haben. In dem Motel wird er nicht so gut vorbereitet sein, sondern selbstgefällig in seinen vier Wänden hocken. Das ist bei allen Kultführern so.«
    »In Waco hat es nicht so gut funktioniert«, gab O’Neil zu bedenken.
    »Waco war eine Pattsituation. Koresh und seine Leute wussten, dass die Polizei dort war. Pell wird keine Ahnung haben, dass wir kommen.«
    Stimmt, dachte Dance.
    »Es ist Winstons Fachgebiet, Kathryn«, sagte Overby. »Deshalb ist er hier. Ich glaube, wir sollten nicht länger warten.«
    Vielleicht war ihr Chef tatsächlich dieser Ansicht, wenngleich er sich ohnehin schwerlich gegen den Spezialisten aussprechen konnte, den er an Bord geholt hatte.
    Sündenböcke ...
    Sie starrte die Karte von Monterey an.
    »Kathryn?«, fragte Overby verärgert.
    Dance überlegte. »Okay. Wir holen ihn uns.«
    O’Neil spannte sich an. »Wir können uns ruhig noch etwas Zeit lassen.«
    Sie zögerte erneut und bemerkte den zuversichtlichen Blick, mit dem Kellogg ebenfalls die Karte musterte. »Nein, ich glaube, wir sollten sofort zuschlagen.«
    »Gut«, sagte Overby. »Der proaktive Zugriff ist der beste. Absolut.«
    Proaktiv, dachte Dance zynisch. Ein gutes Wort für die Pressekonferenz. Sie hoffte, sie könnten dort die erfolgreiche Festnahme von Daniel Pell vermelden und nicht noch weitere zivile Opfer.
    »Michael?«,

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