Die Menschenleserin
gab O’Neil zu bedenken.
»Auch das wäre aus seiner Sicht sinnvoll«, stimmte Dance ihm zu. »Pell und sein Partner wissen nicht, dass wir von dem Lieferwagen erfahren haben. Sie gehen davon aus, wir würden Pell immer noch in der näheren Umgebung vermuten. Der Partner könnte versuchen, uns darin zu bestärken, indem er zum Beispiel auf einen Passanten schießt oder sogar noch eine Bombe zündet.«
»Scheiße. Noch so ein Brandsatz?« Sandoval verzog das Gesicht.
Dance rief den Sicherheitschef an und teilte ihm mit, der Partner könne sich weiterhin im Umkreis des Gebäudes aufhalten und eine Bedrohung bedeuten.
Aber wie sich herausstellte, blieb ihnen keine Zeit, weiter über den Aufenthaltsort des Partners zu spekulieren. Der Plan hinsichtlich der Transporter hatte funktioniert. Die Funkzentrale des MCSO setzte O’Neil davon in Kenntnis, dass zwei Streifenbeamte Daniel Pell ausfindig gemacht und die Verfolgung aufgenommen hatten.
Der dunkelgrüne Lieferwagen zog auf der schmalen Straße eine lange Staubfahne hinter sich her.
Der uniformierte Beamte der Polizei von Salinas, der am Steuer des Streifenwagens saß, war ein Veteran aus dem ersten Golfkrieg und hielt das Lenkrad umklammert, als wäre es das Ruder eines kleinen Bootes in stürmischer See.
Sein Partner – ein muskulöser Latino – hielt sich mit einer Hand am Armaturenbrett fest und in der anderen das Mikrofon des Funkgeräts. »Salinas Police, Wagen sieben. Wir sind immer noch hinter ihm. Er ist von der Natividad auf eine unbefestigte Straße abgebogen, etwa anderthalb Kilometer südlich der Old Stage.«
»Roger... Zentrale an Wagen sieben, seien Sie vorsichtig. Der Verdächtige ist vermutlich bewaffnet und gefährlich.«
»Wenn er bewaffnet ist, ist er natürlich gefährlich«, sagte der Fahrer und verlor seine Sonnenbrille, als der Wagen über einen kleinen Hügel schoss und hart wieder aufprallte. Die beiden Beamten konnten kaum etwas sehen; der Lieferwagen verursachte einen regelrechten Sandsturm.
»Zentrale an Wagen sieben, wir schicken Ihnen alle verfügbaren Einheiten.«
»Roger.«
Verstärkung war eine gute Idee. Es hieß, Daniel Pell, der verrückte Kultführer, der Charles Manson der heutigen Zeit, habe im Gerichtsgebäude ein Dutzend Menschen niedergeschossen, einen Bus voller Schulkinder angezündet und sich mit dem Messer einen Weg durch eine Gruppe potenzieller Geschworener gebahnt und dabei vier von ihnen getötet. Oder zwei. Oder acht. Was auch immer davon wahr sein mochte, die beiden Beamten wünschten sich so viel Unterstützung wie möglich.
»Wohin will er?«, murmelte der ehemalige Soldat. »Hier oben ist doch nichts.«
Die Straße wurde hauptsächlich von landwirtschaftlichen Maschinen und von Bussen genutzt, die Wanderarbeiter zu den Feldern brachten oder von dort abholten. Sie führte zu keinem der größeren Highways. Zwar wurde heute nicht geerntet, aber der Zweck dieses besseren Feldwegs ergab sich schon allein aus seinem schlechten Zustand sowie aus den Trinkwassertanks und den transportablen Toilettenhäuschen am Straßenrand.
Doch Daniel Pell mochte davon keine Ahnung haben und annehmen, es handle sich um eine Straße wie jede andere. Zumindest nicht um eine, die – wie diese – plötzlich mitten in einem Artischockenfeld endete. Ungefähr dreißig Meter vor den Beamten stieg Pell panisch auf die Bremse, und der Transporter geriet ins Schleudern. Er konnte unmöglich noch rechtzeitig anhalten. Die Vorderräder rutschten in einen flachen Bewässerungsgraben und das Hinterteil des Lieferwagens hob vom Boden ab, um gleich darauf mit gewaltigem Krachen wieder aufzuschlagen.
Der Streifenwagen kam dicht dahinter zum Stehen. »Hier Wagen sieben. Pell ist von der Straße abgekommen«, meldete der Latino.
»Roger. Ist er...«
Die Beamten sprangen mit gezogenen Waffen aus dem Fahrzeug.
»Er will abhauen, er will abhauen!«
Aber niemand stieg aus dem Transporter.
Die Männer kamen näher. Die hintere Tür war bei dem Unfall aufgesprungen, und sie sahen im Innern zunächst nichts als Dutzende von Paketen und Umschlägen, die überall im Laderaum verstreut lagen.
»Sieh mal, da ist er.«
Pell lag bäuchlings und regungslos auf dem Boden des Führerhauses.
»Vielleicht ist er verletzt.«
»Wen kümmert das?« Die Beamten liefen los, legten ihm Handschellen an und zerrten ihn nach draußen.
Dort ließen sie ihn fallen und drehten ihn um. »Netter Versuch, Kumpel, aber...«
»Scheiße. Das ist er
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