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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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er eine Tüte knistern hörte. In Jennies Hand tauchte ein Kondom auf.
    »Wir haben nicht viel Zeit, Baby. Man sucht nach uns.«
    Sie verstand.
    Wie unschuldig die Mädchen auch aussehen mögen, die auf böse Jungs stehen, sie wissen, was sie tun (und Jennie Marston sah gar nicht so unschuldig aus). Sie knöpfte ihre Bluse auf, lehnte sich über den Beifahrersitz und rieb den wattierten Büstenhalter gegen Pells Schritt. »Lehn dich zurück, Schatz. Mach die Augen zu.«
    »Nein.«
    Sie zögerte.
    »Ich will dir dabei zusehen«, flüsterte er. Gib ihnen nie mehr Macht als unbedingt nötig.
    Wiederum Schnurren.
    Sie öffnete den Reißverschluss seiner Shorts und beugte sich vor.
    Nach nur wenigen Minuten war er fertig. Sie war so talentiert, wie er erwartet hatte – Jennie mochte nur wenige Begabungen besitzen, wusste sie jedoch zu nutzen. Das Resultat war erfreulich, wenngleich Pell ordentlich nachlegen würde, sobald sie in einem Motelzimmer wären. Vorläufig aber war er zufrieden.
    Er sah ihr in die Augen. »Du bist wunderbar, mein Liebling. Das war etwas ganz Besonderes.«
    Sie war so besoffen von ihren Gefühlen, dass sogar dieses abgedroschene Pornogeschwätz für sie wie eine Liebeserklärung aus einem altmodischen Roman klang.
    »Oh, Daniel.«
    Er lehnte sich zurück und zog sich wieder an.
    Jennie knöpfte die Bluse zu. Pell betrachtete den rosafarbenen Stoff, die Stickerei, die Metallspitzen am Kragen.
    Sie bemerkte es. »Gefällt sie dir?«
    »Sie ist hübsch.« Er sah aus dem Fenster und ließ den Blick über die umliegenden Felder schweifen. Nicht wegen der Polizei, sondern wegen Jennie.
    Er wusste, dass sie nun selbst die Bluse begutachtete. »Die ist schrecklich rosa«, sagte sie unschlüssig. »Vielleicht zu sehr. Ich habe sie einfach gesehen und mir gedacht, die kaufe ich.«
    »Nein, sie ist in Ordnung. Sieht interessant aus.«
    Sie beäugte den Perlenbesatz, die Stickerei, die Manschetten. Wahrscheinlich musste sie eine ganze Woche arbeiten, um sich ein solches Kleidungsstück leisten zu können.
    »Falls du möchtest, ziehe ich mich später um.«
    »Nein, behalt sie ruhig an, wenn sie dir gefällt«, sagte er in genau dem richtigen Tonfall, wie ein Sänger, der eine schwierige Note traf. Er warf einen letzten Blick auf die Bluse, beugte sich hinüber und küsste Jennie – selbstverständlich auf die Stirn, nicht auf den Mund. Dann schaute er wieder hinaus auf das Feld. »Wir sollten weiterfahren.«
    »Sicher.« Sie wollte, dass er ihr mehr über die Bluse erzählte. Was stimmte daran nicht? Konnte er Rosa nicht ausstehen? Hatte eine Exfreundin eine solche Bluse besessen? Sahen ihre Brüste darin klein aus?
    Aber er sagte natürlich nichts.
    Jennie lächelte, als er ihr Bein berührte und sie den Gang einlegte. Dann kehrte sie zur Straße zurück und blickte noch einmal an sich hinunter. Pell wusste, dass sie diese Bluse nie wieder anziehen würde. Er hatte vorgehabt, sie zum Wegwerfen des Kleidungsstücks zu bewegen, und er war sich ziemlich sicher, dass es ihm gelungen war.
    Ironischerweise stand die Bluse ihr sehr gut und gefiel ihm durchaus.
    Aber indem er subtil sein Missfallen äußerte und Jennies Reaktion beobachtete, erhielt er einen verlässlichen Eindruck von ihrem Charakter. Wie beeinflussbar sie war, wie loyal.
    Genau wie ein guter Lehrer, der Klassenarbeiten schreiben ließ und seine Schüler im Unterricht befragte, um stets über ihre Fortschritte auf dem Laufenden zu bleiben.
     
    Michael O’Neil saß in Dances Büro, hatte die Füße auf den verschrammten Beistelltisch gelegt und kippelte auf den Hinterbeinen des Stuhls vor und zurück. So saß er am liebsten. (Aus kinesischer Sicht führte Dance diese Angewohnheit auf seine nervöse Energie zurück – und auf einige andere Punkte, die sie nicht tiefer ergründen wollte, weil sie ihm so nahestand.)
    Er, TJ Scanlon und Dance starrten ihr Telefon an, aus dessen Lautsprecher die Stimme des Computertechnikers der Strafanstalt Capitola erklang. »Pell ist gestern online gegangen, hat aber anscheinend keine E-Mails verschickt – zumindest nicht diesmal. Was vorher passiert ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Gestern ist er nur im Netz gesurft. Er hat zwar die besuchten Seiten gelöscht, aber seine Suchanfragen vergessen. Ich weiß, wonach er gesucht hat.«
    »Reden Sie weiter.«
    »Er hat bei Google die Begriffe ›Alison‹ und ›Nimue‹ eingegeben und die Suche auf Seiten beschränkt, die beide Begriffe aufweisen.«
    Dance

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