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Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu

Titel: Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hideo Okuda
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der seine Flügel ausbreitet. Sie schulterte das Gerät, das eine Trainingsmaschine darstellte, auf der man Treppensteigen simulieren konnte.
    Alle hasteten durch den Eingang, an der Aufnahme vorbei und geradewegs in den Keller. Da das alles blitzschnell vonstatten ging, wurden sie unterwegs auch von keinem Krankenhausangestellten angehalten. Der Flur des Untergeschosses lag im Dämmerlicht der Deckenlampen und roch nach Arznei. Hier war keine Menschenseele zu sehen.
    »Hier ist es«, sagte Kumi und zeigte auf das Schild Neurologie . Ohne anzuklopfen öffnete sie die Tür.
    »Mayumi, ich habe eine kleine Bitte an euch. Könnten wir eine Zeitlang das Zimmer benutzen?« Kumi machte eine bittende Handbewegung.
    Kaoru blickte ins Zimmer und sah, wie die Krankenschwester namens Mayumi auf einer Bank saß und Gitarre spielte. Aus einem weißen Minirock ragten ihre nackten Oberschenkel heraus.
Die Krankenschwester schaute mit müdem Blick auf und antwortete mit einer tiefen Stimme: »Häh?«
    Am Tisch im hinteren Teil des Zimmers saß mit dem Rücken zu ihnen ein dicker Mann in weißer Kleidung und schien gierig etwas in sich reinzustopfen. Als er sich umdrehte, war sein Mund mit Puddingcreme verschmiert, die wohl von Windbeuteln stammte.
    »Ah, Sie sind es wieder, Kumi-chan. Wollen Sie noch eine Spritze?«, sagte der Arzt in einer seltsam hohen Stimme. Kaoru sah unwillkürlich auf das Namensschild an seiner Brust: Dr. med. Ichirō Irabu stand da geschrieben.
    »Sie sind Doktor Irabu, richtig? Mein Name ist Inaba von der gleichnamigen Promotionsagentur. Wir hätten da eine Bitte an Sie, die Ihnen vielleicht etwas merkwürdig vorkommen mag …«
    Er ging zu dem verblüfften Irabu und erklärte ihm leise den Sachverhalt. Auch in dieser Zeit lief Kaoru unablässig auf der Stelle, damit sie ihre Aerobicübungen nicht unterbrechen musste.
    »Mayumi, die Ecke da ist genau richtig. Können wir es da machen?«
    Kumi brachte die Trainingsmaschine herein.
    »Sag mal, bei euch piept’s wohl!«
    »Das hier ist die Schauspielerin Kaoru Shiraki!«
    »Das weiß ich. Die seit einiger Zeit ein bisschen komisch ist.«
    »Mensch, willst du mich arbeitslos machen?«
    Kumi schaute Mayumi böse an und räumte schnell Injektionstisch und Rollwagen hinter dem Vorhang weg, um Platz für die Maschine zu machen.
    »Frau Shiraki, bitte schön! Ach ja, hier gibt es auch Patientenkleidung, die Sie anziehen können. Sie werden ja bestimmt schwitzen. Im Regal liegen Handtücher. Wir warten dann nebenan, bis Sie fertig sind.«

    »Was fällt dir ein, einfach hereinzuplatzen und so zu tun, als ob du hier zu Hause wärst?«, empörte sich Mayumi.
    »Jetzt hab dich doch nicht so. Ist doch keine große Sache. Außerdem habe ich dir doch neulich aus dem Kostümfundus des Senders ein ganzes Bondage-Bühnenset stibitzt.«
    Während die beiden stritten, kam Irabu dazwischen.
    »Zeig doch mal! Was ist denn das da?«, rief er wie ein Kind, das ein neues Spielzeug entdeckt.
    »Herr Doktor, darüber wollte ich mit Ihnen sprechen.« Mitsuyo zog Irabu am Ärmel.
    »Ah, jetzt weiß ich. Das sieht man oft im Shoppingkanal. Kann ich auch mal?« Irabu ließ sich nicht bremsen und stieg auf das Gerät, doch da er sofort die Balance verlor, stürzte er gleich wieder herunter. »Scheiße! Das ist ja schwerer als ich dachte.«
    Er versuchte es mehrmals und machte keine Anstalten, sich geschlagen zu geben.
    »He, Sie! Jetzt hören Sie aber auf damit!«, rief Kaoru erregt. »Das ist ein Notfall und ich habe es eilig.« Sie zog Irabu herunter und schob ihn beiseite.
    »Es tut mir leid, Herr Doktor. Es ist nur für eine halbe Stunde…«, verbeugte sich Mitsuyo.
    »Ich will aber auch mal!«, schmollte Irabu.
    »Mayumi, dein Chef ist etwas seltsam, findest du nicht?«, wandte sich Kumi an ihre Freundin.
    »Dasselbe könnte ich von dir behaupten. Bei einem anderen Hospital hätte man schon längst die Wachleute gerufen. Du kannst uns ruhig dankbar sein«, antwortete Mayumi Kaugummi kauend mit vorgeschobenem Kinn.
    »Herr Doktor, kann ich mit Ihnen kurz mal unter vier Augen sprechen?« Mitsuyo, dem der Schweiß auf der Stirn stand, schob Irabu weg von der Maschine und zog den Vorhang zu.

    Kaoru hatte schon den Eindruck, dass sie einen ziemlichen Aufruhr verursachte, doch das war ihr egal. Hauptsache, sie konnte sich ungehemmt der Fettverbrennung widmen. Sie zog sich um und bestieg den Trainer.
    Zuerst das Kreuz durchdrücken und dann nach einem bestimmten Rhythmus die Pedale treten.

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