Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis
bewundert dich.«
»Und woher dieser Sinneswandel?«
»Dein Mut. Deine Verdienste um unsere Kirche. Avitus hat dich vor ihm gerühmt, und ich habe ihn gründlich instruiert. Er respektiert dein neues Leben, das alte hat er vergessen. Sei unbesorgt.«
»Aber was soll er hier?«
»Hat dir die Königin das nicht erklärt? Es war natürlich ihre Idee, nicht meine. Fragst du, wer sie darauf gebracht hat?«
»Wer denn?«
»Nun, wer schon? Du selber! Mit deiner Sucht, über Herrscher herrschen zu wollen.«
»Weiß die Königin alles von mir?«
»Natürlich nicht. Du bleibst für sie die fromme Donata, trotz aller Verirrungen. Der Diakon Chundo soll dir helfen, wieder auf den geraden Weg zu finden. Ich hatte dagegen nichts einzuwenden, denn hier stört er weniger als in der Hauptstadt. Ich hoffte, er würde in Burgund bei Avitus bleiben. Aber mein guter Amtsbruder ist wohl nun selbst in höchster Gefahr. Der Herr möge ihn schützen! Was habt ihr da alle zusammen nur angerichtet …«
Der kleine Bischof seufzte tief, warf der Griechin einen letzten vorwurfsvollen Blick zu und verließ das Haus. Hinter der Carruca der Königin rollte die seine durch das Gutstor.
Kapitel 8
Nach diesem unverhofften Besuch wollte in der Halle der Villa Pinetum fröhliche Stimmung nicht wieder aufkommen. Chlodwig leerte noch einige Becher und war wortkarg, mürrisch und nachdenklich. Bobo und Ursio würfelten, Jullus schrieb einen Brief. Die Gutsherren aus der Umgebung hatten gleich nach der Ankunft der Königin ihre Pferde bestiegen und sich davongemacht. Die Hausherrin hatte sich zurückgezogen. Auch keine der Frauen ließ sich wieder blicken. Die Anwesenheit des ungebetenen Gastes hatte sie verschreckt.
Auch dem König war Chundo lästig. Es ärgerte ihn, dass Chlotilde es wagte, hier einen Spitzel zurückzulassen, noch dazu diesen verhinderten Heiligen. Anfangs stellte er dem Diakon noch einige Fragen, die Einzelheiten der Belagerung und der Einnahme von Vienne betrafen. Vor allem suchte er herauszubekommen, was aus seinen Franken geworden war.
Chundo antwortete beflissen und suchte dem König zu gefallen, doch anscheinend wusste er nicht viel. Seine Auskünfte waren lückenhaft, er konnte auch nicht sagen, wie viele fränkische Krieger noch in westgotische Gefangenschaft verschleppt worden waren. Auf Baddo angesprochen, zögerte er einen Augenblick und schien zu überlegen, was er antworten sollte. Schließlich sagte er, es wäre ihm sicher zu Ohren gekommen, wenn der Anführer des fränkischen Hilfstrupps ums Leben gekommen wäre. So nehme er an, dass man ihn nach Toulouse gebracht habe. Doch sei das nur eine Hoffnung, und er wolle für Baddos Leben beten.
Diese Absicht wollte er denn auch gleich in die Tat umsetzen, als Chlodwig sich misslaunig von ihm abwandte. Er machte dem Rücken des Königs eine Verbeugung, ging hinaus und ließ sich das ehemalige Vorratshaus zeigen, das jetzt als Kirche diente. Hier hielt er zunächst eine einsame Andacht.
Dann erschien die Hausherrin mit ihren Frauen und ihrem jungen Bauernpriester. Sie betete eine Vesper mit vier Psalmen und Responsorium, die er zu seiner Überraschung recht anständig fand. Danach, als fast alle schon draußen waren, trat sie plötzlich auf ihn zu und zog ihn beiseite.
Sie blickte ihm gerade in die Augen und sagte: »Was immer du beabsichtigst, Chundo, und was dein Auftrag ist … sieh dich vor! Du magst zwar das Ohr der Königin haben – ich habe das des Königs. Ein Wort von mir …«
»Warum drohst du mir?«, unterbrach er sie und bemühte sich, freundlich zu lächeln. »Es war nicht mein Wunsch, hierherzukommen. Die Königin sorgt sich um euer Seelenheil.«
»Ich glaube, mein Seelenheil wäre das Letzte, um was diese Frau sich sorgt. Wenn sie es aber doch tut, hat sie einen Missgriff getan.«
»Einen Missgriff?«
»Indem sie dich wählte – einen Mörder und Brandstifter! Den König wird interessieren, wer damals zwischen Seine und Loire die Überfälle auf fränkische Abteilungen verübte, die Morde an seinen Anhängern in den Städten. Wer die zweihundert Franken in ihren Hütten verbrannte.«
»Du lügst! Es waren höchstens …«
»Vor den Goten rühmtest du dich, es seien zweihundert gewesen. Terror Dominici – die Vorwegnahme des himmlischen Strafgerichts! Es waren Männer dabei, um die der König noch heute trauert. Wehe dir, Chundo, wenn ich rede! Es wird besser sein, wenn du es nicht so weit kommen lässt und verschwindest!«
»Willst du
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