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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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dass du die Braut von ihm – nicht von Essiggesicht erhältst. Er behauptete sogar, er sei ihr Muntwalt … aber das stimmt nicht, das ist der andere. Das weiß ich sicher von Avitus, dem Oberchristianer. Godegisel stellt aber einen Teil der Mitgift, der Rest stammt aus ihrem Erbe. Die Verhältnisse dort sind ein bisschen verworren«, fügte Ansoald lächelnd hinzu.
    »Hast du wirklich den Eindruck, der Genfer will gegen den von Lyon etwas unternehmen?«, fragte Chlodwig, dessen Müdigkeit diese Mitteilungen vertrieben hatten.
    »Das würde er wohl lieber heute als morgen, aber dazu ist er noch zu fußlahm. Auch die Christianer des Avitus sähen das gern. Sie denken, Godegisel ist ihr Mann und eher für ihre Richtung einzuspannen. Und wenn er dann König des Gesamtreichs würde, und sie hätten ihm dabei geholfen … Na, jedenfalls glauben die, jetzt, mit der Heirat, schon einen großen Schritt weiter zu sein. Dieser Avitus ist ganz aus dem Häuschen. Er hat deiner Braut gleich zwei Hundertschaften von seinen Schwarzröcken mitgegeben. Einen richtigen Krähenschwarm … da drüben siehst du sie!«
    Sie hatten den Palasthof erreicht.
    Hier herrschte ein heilloses Durcheinander. Wagen und Karren der unterschiedlichsten Bauart, die zu dem burgundischen Brautzug gehörten, stauten sich auf dem engen Raum. Einige wurden noch entladen. Knechte schleppten Kisten, Stoffballen, Teppiche, Möbel. Geschrei und Befehle ertönten in fränkischer und burgundischer Sprache. Zugtiere wurden ausgespannt und zur Tränke geführt.
    In einer Ecke des Hofes waren die von Ansoald bezeichneten »Christianer« versammelt, viele Mönche darunter. Sie knieten vor einem mehr als mannshohen Holzkreuz und hielten, unbeeindruckt vom Trubel ringsum, ihre Abendandacht.
    Vorausreitende Gefolgsleute hatten die Ankunft des Königs bereits gemeldet. Schnell war er von Würdenträgern und Palastbeamten umringt, die ihn mit Heil-Geschrei begrüßten und zu seinem herrlichen Sieg über die Cambraier Franken beglückwünschten.
    Chlodwig wehrte sie ungeduldig ab. Er wechselte nur ein paar Worte mit Jullus Sabaudus, seinem Referendar, der den Majordomus Bobo in dessen Abwesenheit vertrat.
    Sabaudus, ein ehrgeiziger junger Mann, Sohn eines Senators, berichtete nicht ohne Beimengung einer gehörigen Portion Eigenlob, dass er die offizielle Hochzeitsgesandtschaft aus Burgund schon zur Zufriedenheit der Gäste – und unter Rücksichtnahme auf deren komplizierte Rangordnung – untergebracht habe.
    Zu seinem Ärger eilte allerdings im selben Augenblick ein kleiner, geckenhaft gekleideter Burgunder herbei, der sich zungenfertig beschwerte, weil man ihn, den Musiklehrer und Vorleser, nicht in der Nähe seiner Fürstin Chlotilde logieren lasse, sondern in einem Nebengebäude des Palastes – »bei den Fuhrknechten, Mönchen und anderem Abschaum«. Da er Chlodwig nicht kannte, empörte ihn dessen breites Grinsen. Er nannte den König einen fränkischen Rüpel und konnte gar nicht begreifen, warum das eine Lachsalve auslöste.
    Unter denen, die herandrängten, war plötzlich auch Remigius. Der kleine, glatzköpfige Bischof streckte Chlodwig begeistert die Hände entgegen.
    »Sieg!«, rief er. »Sieg! Gerade habe ich es erfahren. Was für ein herrlicher Waffengang! Ich habe mit Inbrunst für dich gebetet! Da ist ja auch unser Freund Ansoald, er hat sich vortrefflich bewährt. Wie gut, dass ich ihn empfohlen hatte. Er hat deine schöne Braut sicher hergeleitet!«
    »Wo ist sie jetzt?«, fragte Chlodwig.
    »Sie ist auf der Festungsmauer, König. Wir konnten sie nicht davon zurückhalten. Sie wollte von dort oben den Anblick ihres künftigen Königreichs genießen.«
    »Auf der Festungsmauer also!«
    »Ja! Sie ist ganz allein hinaufgestiegen, wollte niemanden dabeihaben. Sie will wohl dort auch eine stille Einkehr halten. Und ich glaube, sie wird nach dir ausschauen, sie macht sich Sorgen um dich. Noch weiß sie ja nicht, dass du zurück bist.«
    Chlodwig tauschte einen Blick mit Ansoald und forderte ihn mit einer Kopfbewegung auf, ihm zu folgen.
    Rücksichtslos nach rechts und links Stöße und Knüffe austeilend, bahnte er sich den Weg aus dem Gewühl der Menschen, Tiere und Wagen. Fast laufend erreichte er die Mauer hinter den letzten Wirtschaftsgebäuden und stieg die nächste Leiter hinauf. Ansoald konnte kaum folgen. Als Chlodwig aber die ersten Sprossen erklommen hatte, machte er plötzlich halt und kam langsam wieder herunter. Am Fuß der Leiter blieb er

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