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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Stammesbrüder kämen über den Rhein, zum Teil aus entfernten Gegenden, von der Lippe, der Ems, der Weser her. Die müssten bei denen, die schon lange da seien, unterkriechen, und so lebten nun viele Franken zusammengepfercht in den kleinen Städten und Weilern, weil nicht genug Platz für alle da sei.
    »Das geht nicht so weiter, Patricius«, schloss König Ragnachar. »Es gibt schon Mord- und T-Totschlag unter den Franken, weil es zu eng ist. Alle sind u-u-u-unzufrieden. Unsere Bitte ist deshalb: G-Gib uns mehr Land. Wir brauchen Ackerland und Wiesen, auch Wald. Und dann brauchen wir … brauchen wir auch mehr G-G-Geld …«
    »Auch noch mehr Geld?«
    Der Patricius stellte die Frage so scharf und in so höhnischem Ton, dass der König von Cambrai erschrocken verstummte. Die Wirkung seiner Ansprache war eher eine entspannende gewesen und hatte dem Auftritt der Franken viel von dem Schrecken genommen, den er anfänglich ausgelöst hatte.
    Einige Damen, die sich gerade noch die Pulsadern öffnen wollten, begannen zu kichern. Betrunkene Herren ahmten den dicken Barbarenkönig und sein Gestotter nach.
    In der Umgebung des Patricius gab es ein allgemeines Aufatmen. Das hatte auch darin seinen Grund, dass sich vor dem offenen Portal eine Abteilung der von Structus in Kampfbereitschaft versetzten Truppen postierte.
    Syagrius ärgerte sich jetzt des Kleinmuts wegen, der ihn vorübergehend befallen hatte. Er fürchtete um seine Autorität und sah dringenden Bedarf, sie zu stärken. Am meisten verdross ihn, dass Scylla noch immer kein Auge von Chlodwig ließ. Er hielt es deshalb für notwendig, diese unvernünftigen Franken zu tadeln und dabei maßvollen Zorn zu zeigen.
    »Also Ackerland, Wiesen und Wald. Und höhere Hilfsgelder. Vielleicht auch noch eine Stadt dazu – mit fünfhundert steuerzahlenden Bürgern? Das habt ihr beschlossen, deshalb seid ihr gekommen, und nun erwartet ihr, dass ich freudig zustimme. Ihr bringt es tatsächlich so weit, dass ich wütend werde und mich frage, ob ihr meine Güte und meine Langmut verdient habt. Was habt ihr getan, um eine solche Sprache zu führen? Was habt ihr geleistet, um eine Belohnung von mir zu verlangen? Geschenke wollt ihr von mir? Wofür? Dafür, dass ihr mir Schaden zufügt, wo ihr nur könnt? Dafür, dass ihr die Grenzen nicht achtet und in mein Reich als Räuber und Mordbrenner einfallt? Seltsam! Ihr müsst mich für wahnsinnig halten, wenn ihr glaubt, ich würde euch dafür mit Wohltaten überhäufen! Das fällt mir aber nicht ein, denn ich denke, ihr habt erst einmal viel wiedergutzumachen. Wie erfüllt ihr denn eure Föderatenverträge? Es ist ja wohl eure eigene Schuld, dass ganze Sippen eurer Stammesgenossen von jenseits des Rheins hierher nach Gallien kommen, um bei euch zu schmarotzen! Ihr hattet euch in den Verträgen verpflichtet, die Grenzen zu schützen, besonders die Rheingrenze. Und was habt ihr getan? Ihr habt noch Boten über den Fluss geschickt, um eure Verwandten herüberzurufen. Und anstatt sie, da sie nun schon mal hier waren, zu nützlicher Tätigkeit anzuregen … den Boden pflügen, Wälder roden, Flüsse stauen, Bäche zur Bewässerung umlenken … habt ihr euch aufs Räubern und Plündern verlegt. Und nun wollt ihr auch noch mehr Land, um dort wieder nur müßig zu lungern und Ausschau zu halten, was es beim Nachbarn zu stehlen gibt. Und solchem Treiben soll ich noch Vorschub leisten? Wahrhaftig, ihr müsst mich für verrückt halten!«
    Syagrius hatte sich in rhetorischen Schwung gesteigert. Er war wieder aufgestanden und hatte dröhnend und gestikulierend einmal die Runde um den Haufen der hundert Franken gemacht. Mit Genugtuung stellte er fest, dass sie Wirkung zeigten.
    Sie sahen ihn an wie gescholtene Kinder, blöde und finster, die Stirnen gesenkt, die Mäuler offen. Seine Gäste dagegen zeigten sich gut erholt und unterstützten ihn mit anfeuernden Zwischenrufen.
    Frau Titia fand, dass noch ein letztes großes Wort fehlte, stieß heftig den Stock auf den Boden und rief: »Der künftige Kaiser hat gesprochen, der das Imperium in ganz Gallien wieder aufrichten wird! Ihr könnt froh sein, wenn er euch noch darin duldet! Beugt lieber eure Knie vor ihm!«
    »Beugt eure Knie!«, kreischten mehrere Damen.
    »Beugt eure Knie, und ihr bekommt so viel Land, wie ihr wollt!«, krähte ein Alter mit schwarzer Lockenperücke. »Um darauf zu arbeiten – als Sklaven!«
    Ragnachar schwieg. Er wusste nichts zu erwidern. Schweiß lief ihm die fetten

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