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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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aber nicht auf der Ausführung des Befehls und vergaß ihn. Er hatte jetzt anderes im Kopf.
    ***
    An diesem ersten Morgen nach der Einnahme von Soissons erschien im Palast eine Abordnung der Kurialen, des städtischen Senats, und bat, von den Königen der Franken empfangen zu werden.
    Die fünf würdigen Herren in Amtstracht waren zwar auf manches gefasst, doch kaum auf einen Empfang im Pferdestall. Sie rafften ihre kostbaren Gewänder, übersprangen Jauchepfützen und Haufen von Pferdemist und wurden schließlich an einen langen Kerl im schmutzigen Kittel gewiesen. Dessen Gesicht war kaum zu erkennen. Er hatte einem Pferd das Maul auseinandergezerrt und seinen Kopf fast hineingesteckt, um die Zähne zu zählen.
    Seit dem Morgengrauen war Chlodwig auf den Beinen und inspizierte sein neues Besitztum. Bei den Ställen angekommen, begutachtete er die Tiere, die der Patricius zurückgelassen hatte. Er war unzufrieden. Fast alle waren alt und hatten Schäden und Krankheiten.
    Seine Laune besserte sich nicht, als der Sprecher der Kurialen, ein vornehmer Greis, ihm mit seinem Stock an die Wade klopfte, damit er aufmerksam wurde, und ihn fragte, wo man hier die drei reges Francorum finde. Denn offenbar hielt er ihn für einen Pferdeknecht.
    Chlodwig fuhr heftig herum, starrte ihn an, als ob er ihn fressen wollte, und brüllte, er stehe vor seinem König, und zwar vor dem einzigen. Einen anderen gebe es nicht, und nur von ihm werde er Befehle empfangen. Der zu Tode erschrockene Würdenträger musste gestützt werden und murmelte mit schwacher Stimme eine Entschuldigung.
    Aber Chlodwig war nicht beleidigt. Er hatte die Abordnung ja schon erwartet. Nichts war ihm jetzt wichtiger, als mit seinen neuen Untertanen ins Einvernehmen zu kommen.
    Nach dem harschen Empfang gab er sich umgänglich. Er stapfte voraus und führte die eingeschüchterten Herren in die kleine Empfangshalle, wo inzwischen die Spuren der Schändlichkeiten vom Vortag beseitigt waren. Er ließ sogar Wein bringen. Lässig, die Beine in den verdreckten Stiefeln von sich gestreckt, räkelte er sich in dem Armstuhl des Patricius. Die Herren durften sich im Halbkreis vor ihm aufstellen und einen Becher auf den Sieg der fränkischen Waffen leeren.
    Sie begannen dann in gesetzten Worten mit der vorbereiteten Anrede. Baten um Schonung der Stadtbevölkerung, deren unbedingte Loyalität sie versicherten. Sprachen schmeichlerisch von ihrer Erleichterung darüber, dass sie das drückende Regime des Tyrannen Syagrius los waren. Ihre Hoffnung auf den Erlass einer Kontribution erfüllte sich allerdings nicht.
    Chlodwig bedauerte zwar, dass »einige Franken« gegen seinen Befehl gleich geplündert hatten, fügte jedoch hinzu, siegreiches Kriegsvolk habe nun einmal ein Recht auf Belohnung. Und da der Geflohene ihm eine vollkommen leere Schatzkammer hinterlassen habe (dies log er), müsse die Stadt für alles aufkommen.
    Nichts half der jammervolle Hinweis der Kurialen auf die bereits an den Patricius entrichtete capitatio und iugatio, die jährliche Grund- und Kopfsteuer, zuzüglich aller möglichen Sonderabgaben. Chlodwig ließ Bobo kommen, ernannte ihn in Gegenwart der Magistrate zum maior domus, zum Vorsteher der königlichen Haushaltung, und wies die Besucher an, ihm die Steuerlisten zu übergeben.
    Außerdem befahl er anstelle von Plünderungen Hausbesuche in geordneter Weise, um den Bürgern Gelegenheit zu geben, »den Befreiern ihre Dankbarkeit zu beweisen«. Zum Kommissar für dieses Unternehmen ernannte er Droc.
    Gegen pünktliche Erfüllung aller Auflagen versprach er der galloromanischen Stadtbevölkerung Ordnung und Sicherheit sowie keine Einmischung in den Ablauf ihres täglichen Lebens, den Dienst an ihrem Gott oder ihren Göttern, den Gang der Geschäfte, das Walten der Justiz. Und wenn jemandem durch einen Franken Unrecht geschehe, erklärte er, dürfe der sich bei ihm persönlich beschweren.
    Letzteres sollte er bald bereuen.
    Hausbesuche »in geordneter Weise« waren auch bei seinen Franken von Tournai vollkommen unüblich. So ging es denn meist nach der Gewohnheit. Wer seinen »Befreiern« nicht schnell genug die Tür öffnete, fand sie im nächsten Augenblick in Trümmern. Wer nicht freigebig genug seinen »Dank« abstattete, wurde zusammengeschlagen. Zwar mühte sich der grundehrliche, seiner Strenge wegen geachtete und gefürchtete Droc, die schlimmsten Gewalttaten zu verhindern. Doch er konnte nicht überall sein.
    Bald drängten sich ganze Familien von

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