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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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hierherbrachte und nicht ohne Aufsicht ließ.
    Sie nahm sich fest vor, ihren Sohn von jetzt an nicht mehr aus den Augen zu lassen. Und zur Sicherheit Birkenzweige um sein Bett zu streuen.
    ***
    Als ihn Sunna verlassen hatte, lag Chlodwig noch lange auf dem Teppich im früheren Schlafgemach des Patricius, die nackten Beine von sich gestreckt, die Arme unter dem Kopf verschränkt.
    Seine Glieder waren jetzt schwer, er fühlte sich nach der gewaltigen Anspannung in den letzten Tagen und Nächten ruhebedürftig. Aber die Augen wollten ihm nicht zufallen.
    Die Feuer im Palasthof warfen ihr flackerndes Licht durch die schmalen, hohen Fenster und erleuchteten die Wand gegenüber, die mit Gemälden bedeckt war. Auf dem mittleren, dem größten, schritt ein vornehmes, kostbar gekleidetes Paar eine Treppe herab. Links sah man das gleiche Paar an einem reich gedeckten Tisch, rechts nahm es, von Getreuen umgeben, voneinander Abschied. Der Mann trug einen breiten goldenen Stirnreif, die Frau ein Perlendiadem. Ohne Zweifel war es ein Herrscherpaar. Beide waren hochgewachsen und sehr schlank, ihre Züge waren edel und regelmäßig.
    Chlodwig gefiel besonders die Königin mit ihren großen dunklen Augen und ihrem über die Schultern wallenden, schwarzen Lockenhaar. Er stellte sich vor, er selbst sei der König an ihrer Seite und schritte mit ihr die Treppe herab. Er war ja unter den Männern ein Riese, und wenn er sich einen Bart wachsen ließe und sich so prächtig wie auf dem Bild kostümierte, würde er jenem Herrscher ähnlich sein. Und so erhaben würden die Maler ihn darstellen und der Nachwelt überliefern: Chlodovicus, rex Francorum, dominus Galliae …
    Wie weit war er davon entfernt! Er hatte keine Königin von dunkler Schönheit, die majestätisch mit ihm die Treppe herabschreiten konnte. Sunna war rundlich, hatte stämmige Beine und breite Hüften und war zwei Köpfe kleiner als er. Auch ein Perlendiadem auf ihrem strohgelben Haar würde nichts besser machen. Wenn sie so Seite an Seite daherkämen, würden sie eher das Volk zum Lachen reizen.
    Er hatte auch keine ernsten, würdigen Höflinge wie der Herrscher auf dem Abschiedsgemälde. Das würde eine feine Gesellschaft sein: ein diebischer Dickwanst, ein rachsüchtiger Einäugiger, ein boshafter Zwerg und ein geiler Schönling. Und keiner älter als fünfundzwanzig. Er müsste verbieten, diese verdächtige Bande zu malen.
    Es war weit nach Mitternacht, aber noch immer tönte das Gelächter und Gegröle der Betrunkenen herauf. Das waren nur noch die von Cambrai und Tongeren. Seine eigenen Leute hatte er zum Wachdienst eingeteilt und in andere Quartiere verlegt. Es fehlte noch, dass sie von diesen zuchtlosen Haufen verdorben wurden.
    Dies war seine größte Sorge: die Vettern. Die feigen Schurken, die wie er vom Urahn Merovech abstammten. Sie hatten Anspruch wie er auf die Herrschaft über die salischen Franken. Solange sie da waren, musste er mit ihnen teilen.
    Wie Maden im Käse saßen sie im Palast und in der Festung. Schon die sechste Nacht feierten sie ihr endloses Siegesgelage. Und am Morgen würden sie wieder ausschwärmen, hinaus in die Dörfer der Umgebung. Dort wurden sie nicht von ihm behindert, dort konnten sie ungehemmt rauben, brennen und morden. Und abends würden sie zurück sein, mit Beutegut, mit ganzen Herden von Schafen und Ochsen für das nächste nächtliche Fressgelage. Der Sieg war für sie nicht mehr als eine große Gelegenheit, ihre Wänste und ihre Truhen zu füllen.
    Er musste die Vettern loswerden. Bevor sie weit und breit alles kahl fraßen. Bevor sie so viel Hass auf die Franken erzeugten, dass ein Bleiben in diesem Landstrich unmöglich wurde. Bevor sie dem Syagrius eine triumphale Rückkehr ermöglichten.
    Immerhin hatte er, Chlodwig, der Jüngste, sich endlich vor ihnen Respekt verschafft. Sie gingen ihm aus dem Wege, sie mieden neue Zusammenstöße.
    Ragnachar hatte nicht gewagt, mit seinen Gespielen in das prunkvolle Schlafgemach zurückzukehren. Wahrscheinlich vergnügte er sich wieder im Rundtempel, im Palastgarten.
    Richar, der Gefährlichste, der Anführer der Raubzüge, tat so, als habe er die peinliche Niederlage am Tag des Einmarschs vergessen. Er grüßte mit breitem Lächeln, wenn auch am liebsten von weitem.
    Der Dritte der Cambraier, Rignomer, machte sich vollkommen unsichtbar. Das Gerücht ging, er fürchte Chlodwigs Vergeltung, weil er am Morgen der Schlacht in einem Geheimschreiben dem Patricius verräterische

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