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Die Messerknigin

Titel: Die Messerknigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Bier ab
    auf dem alten Holz des Tisches.
    »So ist es nicht«,
    sage ich ihr,
    sage es allen.
    »So war es nicht, und
    Gott bewahre,
    dass es je sein sollte.
    Nur ein Traum. Doch solche Träume
    wünsch ich niemandem.«
    »Eh ich aus diesem Schlachthaus floh,
    eh ich die arme Betsy heimwärts trieb
    und wir den weißen Weg zurückritten,
    das Blut noch rot
    (und war’s ein Schwein, das Ihr dort schlachtetet, Mister Fox?);
    eh ich zu meines Vaters Gasthaus kam
    und sprachlos vor ihnen niederfiel,
    vor meinem Vater, Brüdern, Freunden …«
    Alles ehrliche Männer, Fuchsjäger, Bauern.
    Sie stampfen mit den Stiefeln, ihren schwarzen Stiefeln.
    »… eh all das geschah, Mister Fox,
    nahm ich vom Boden, vom besudelten Marmor
    ihre Hand, Mister Fox. Die Hand dieser Frau,
    die Ihr vor meinen Augen zerstückeltet.«
    »So ist es nicht …«
    »Es war kein Traum. Ihr Bestie. Ihr Blaubart.«
    »So war es nicht …«
    »Ihr Gilles-de-Rais. Ihr Monstrum.«
    »Und Gott bewahre, dass es je sein sollte!«
    Sie lächelt jetzt, doch freudlos, ohne Wärme.
    Das braune Haar gelockt um ihr Gesicht,
    Rosen, die ein Fenster umranken.
    Zwei rote Flecken brennen hell auf ihren Wangen.
    »Seht her, Mister Fox! Die Hand! Die schneeweiße Hand!«
    Sie zieht sie aus dem Dekolletee (sommersprossig
    hab ich mir ihre Brust erträumt)
    und schleudert sie auf den Tisch.
    Da liegt sie vor mir.
    Ihr Vater, ihre Brüder, Freunde,
    sie alle schau’n mich gierig an,
    und ich heb das kleine Ding auf.
    Rot war das Haar tatsächlich und verfilzt. Ballen und Klauen
    waren rau. Ein Ende blutig,
    doch das Blut getrocknet.
    »Dies ist keine Hand«, sag ich, doch die erste
    Faust nimmt mir den Atem,
    ein Eichenprügel kracht auf meine Schulter nieder,
    und ich taumel,
    der erste schwarze Stiefel bringt mich zu Fall.
    Dann geht ein Hagel von Schlägen auf mich nieder,
    ich mach mich klein und bete und halte
    die Pfote ganz fest.
    Ich weine vielleicht.
    Dann seh ich sie,
    die blasse Frau. Das Lächeln hat die Lippen jetzt erreicht,
    die langen Röcke wehen, die grauen Augen schimmern,
    über die Maßen amüsiert schlüpft sie hinaus.
    Weit ist es noch bis zum Bau, wo sie wohnt,
    und als sie geht,
    seh ich von meinem Platz am Boden
    wie einen Besen den roten Schwanz zwischen den Beinen.
    Ich will rufen,
    doch ich kann nicht mehr sprechen. Heut Nacht wird sie
    sicher auf vier Pfoten den weißen Weg beschreiten.
    Was, wenn die Jäger kommen?
    Was, wenn sie kommen?
    Nur Mut , flüstere ich tonlos, eh ich sterbe. Doch des Mutes nicht zu viel …
    Das ist das Ende meiner Mär.

Die Messerkönigin

    Das Wiedererscheinen der Dame ist eine Frage des persönlichen Geschmacks.

    W ill G oldston ,

    T ricks and I llusions
     
    Als ich ein Junge war, besuchte ich
    von Zeit zu Zeit meine Großeltern
    (alte Leute: Ich wusste, sie waren alt –
    Süßigkeiten blieben bei ihnen
    ungegessen, bis ich zu Besuch kam,
    das also ist Altern).
    Bei Sonnenaufgang machte Großvater immer das Frühstück:
    Eine Kanne mit Tee für sie und ihn und mich,
    Toast und Orangenmarmelade
    (Silberglitzer und Gold). Mittag- und Abendessen
    waren Großmutters Ressort, die Küche dann
    wieder ihre Domäne, all die Pfannen und Löffel
    Der Fleischwolf, Schneebesen und Messer ihre treuen Untertanen.
    Sie bereitete das Essen mit ihnen, sang ihre Liedchen dabei
    Gänseblümchen, gib mir doch Antwort
    oder manchmal:
    Du hast meine Liebe gestohlen, ich wollt sie nicht geben,
    Ich wollt sie nicht geben.
    Sie hatte keine Stimme, jedenfalls keine besondere.
    Die Tage waren beschaulich.
    Mein Großvater verbrachte die Zeit oben im Dachgeschoss,
    seiner winzigen Dunkelkammer, die ich nie betreten durfte,
    brachte Papiergesichter aus der Dunkelheit,
    lächelnde Fremde in den Ferien.
    Meine Großmutter machte graue Spaziergänge mit mir auf der Promenade.
    Meist erforschte ich
    die nasse kleine Wiese hinterm Haus,
    das Brombeergebüsch und den Gartenschuppen.
    Es waren schwierige Tage für die Großeltern,
    gezwungen, einen kleinen Jungen zu unterhalten, und so
    gingen sie eines Abends mit mir ins King’s Theatre.
    Ins King’s …
    Varieté!
    Das Licht schwand, der rote Vorhang hob sich.
    Ein gefeierter Komiker der damaligen Zeit
    trat auf, stammelte seinen Namen (sein Standardwitz),
    brachte eine Glasscheibe zum Vorschein und stellte sich halb dahinter,
    hob den sichtbaren Arm und das Bein,
    im Spiegel
    schien er zu fliegen – es war sein Markenzeichen,
    also lachten und klatschten wir. Er erzählte

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