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Die Messerknigin

Titel: Die Messerknigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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andermal: Nanu! Ist das eine Katze
    dort oben? Komm her, Mieze  … Aber sie hielt still,
    stellt sich vor, sie sei ein Ast, ein Blatt, ein Zweig. Am Morgen
    nahm er Hacke, Schaufel, Messer und er ging fort,
    brummend, betrogen um seine Beute.
    Später fanden sie sie. Sie streifte ziellos umher. Ihr Geist
    war verwirrt. Eichenlaub hing in ihrem Haar, und sie sang:
    Der Fuchs mir grub
    Ein stilles Grab
    Zerbrach mein Herz
    Das ich ihm gab
    Wir schworen Liebe
    Und schworen Treue
    Ich ahnte nicht
    des Fuchses Schläue
    Es heißt, das Kind, das sie zur Welt brachte,
    hatte eine Fuchspfote statt einer Hand.
    Furcht ist eine Bildhauerin, sagen die Hebammen. Der Gelehrte floh.«
    Unter großem Applaus nimmt sie wieder Platz.
    Das Lächeln zuckt, lauert um ihre Lippen: Ich weiß, es ist da,
    wartet in ihren grauen Augen. Sie starrt mich an, belustigt.
    »Im Orient, sagt man, folgen Füchse Priestern und Gelehrten,
    maskiert als Frauen, Häuser, Berge, Götter, Prozessionen,
    immer zu erkennen an ihrem Schwanz«, beginne ich,
    doch mein zukünftiger Schwiegervater fällt mir ins Wort:
    »Mein Kind, sagtest du nicht, du wissest eine Mär?«
    Meine Erwählte errötet. Kein Rosenblatt
    kann sich mit ihren Wangen messen. Sie nickt und sagt:
    »Meine Geschichte, Vater? Es ist nur ein Traum, den ich hatte.«
    Ihre Stimme ist so sanft und leise, dass alle still werden, um sie zu hören.
    Draußen um das Gasthaus nur die Nachtgeräusche: Der Schrei einer Eule,
    doch, wie die Alten sagen: Ich lebe zu nah am Wald,
    um den Ruf einer Eule zu fürchten.
    Sie schaut mich an.
    »Ihr, Sir. In meinem Traum kamt Ihr zu mir und riefet:
    Kommt zu meinem Haus, meine Liebste, folgt dem weißen Weg.
    So wundersame Dinge könnt ich Euch dort zeigen.
    Ich fragte, wie ich Euer Haus denn finden solle am weißen Kreideweg,
    denn es ist ein langer Pfad und dunkel, liegt unter Bäumen,
    die am Mittag das Sonnenlicht grün- und goldgefleckt einlassen,
    den Weg zu jeder anderen Stunde aber beschatten. Nachts
    ist es dort pechschwarz, es gibt kein Mondlicht auf dem weißen Weg …
    Und Ihr sagtet, Mister Fox – und das ist seltsam, doch Träume
    sind verräterisch und merkwürdig und dunkel –
    sagtet, Ihr wollet einer Sau die Kehle durchschneiden
    und sie hinter Eurem edlen Rappen heimwärts schleifen.
    Ihr lächeltet,
    lächeltet, Mister Fox, mit Euren roten Lippen und den grünen Augen,
    Augen, die der Seele einer jeden Jungfrau Fallen stellen könnten,
    und mit Euren gelben Zähnen, die ihr Herz zerfleischen könnten …«
    »Gott bewahre.« Ich lächle. Alle Blicke sind auf mich gerichtet, nicht auf sie,
    obgleich es ihre Geschichte ist. Augen, all diese Augen.
    »Und in meinem Traum war es mein Wunsch, Euer großes Haus zu besuchen,
    worum Ihr mich ja schon so oft gebeten hattet,
    die Gärten und Teiche zu sehen, auf den Pfaden zu wandeln,
    die Statuen zu bewundern, die Ihr aus Griechenland heimbrachtet, die Eiben,
    die Pappelallee, die Grotte und den Pavillon:
    Und da dies nur ein Traum war, wollte ich ohne Begleitung gehen,
    wollte keine vertrocknete alte Anstandsdame,
    die Euer Haus nicht zu würdigen wüsste, Mister Fox, oder
    Eure helle Haut,
    noch Eure grünen Augen,
    noch Euren betörenden Charme.
    Also ritt ich den weißen Kreideweg entlang, folgte der roten Blutspur,
    auf Betsy, meiner Stute. Die Bäume über mir waren grün.
    Ein Dutzend Meilen geradeaus, dann führte mich das Blut
    über Wiesen und Gräben einen steinigen Pfad hinab.
    (Doch jetzt brauchte ich scharfe Augen, um die Blutspur zu sehen –
    nur hier und da noch ein Tropfen: Das Schwein musste mausetot sein),
    und ich hielt vor einem Haus.
    Doch welch ein Haus. Ein palladianischer Hochgenuss, riesig,
    eine Landschaft aus Fenstern, Säulen.
    Ein weißes Monument aus Stein, der Vertikalität ein Denkmal, gewaltig.
    Eine Skulptur stand dort im Garten vor dem Haus,
    ein spartanischer Jüngling, den gestohlenen Fuchs halb unter dem Gewand versteckt,
    und der Fuchs biss ihn in den Bauch, nagte an seinen Eingeweiden,
    und der stoische Junge war tapfer und schwieg –
    was hätte er auch sagen können, kalter Marmor, der er war?
    Schmerz lag in seinen Augen und er stand auf einem Sockel,
    in den zehn Worte eingemeißelt waren.
    Ich umrundete ihn und las:
    Nur Mut,
    nur Mut,
    doch des Mutes nicht zu viel.
    Ich band die kleine Betsy im Stall an,
    zwischen einem Dutzend nachtschwarzer Hengste,
    ein jeder hatte Blut und Wahnsinn in den Augen.
    Ich sah keine Menschenseele.
    Ich ging

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