Die Messermacher (German Edition)
der Hand gleiten und fing wieder an zu heulen.
Wer lag hier in meinem Keller und wer kam morgen zu den Angerers nach Hause?
Hatte Reno einen Doppelgänger und wenn ja, welcher war nun der echte Reno?
Wie konnte ich das nur herausfinden?
Ich hätte ihn morgen anrufen können, aber übers Telefon würde ich nicht herausfinden, ob er der richtige Reno war. Ich musste ihn sehen, also musste ich zur Beerdigung fahren. Einen anderen Weg gab es nicht. Warum hatte der Reno, der nun tot war, gestern Nacht mit mir Schluss machen wollen? Sogar geschäftlich wollte er plötzlich nichts mehr mit mir zu tun haben! Das war doch der Grund gewesen, warum wir in Streit gerieten und ich ihm dann das Messer, das ich ihm kurz vorher noch voller Stolz als meine neueste Kreation gezeigt hatte, zwischen die Rippen gestoßen hatte. War das wirklich „mein“ Reno, der nun da unten lag? So langsam kamen mir Zweifel daran, doch um das genauer zu untersuchen, musste ich ihn nochmals anschauen und gründlich inspizieren. Ich kannte seinen Körper eigentlich sehr gut, aber würde es ausreichen, um festzustellen, ob ich eventuell einen Doppelgänger umgebracht hatte? Gestern hatte ich jedenfalls nichts bemerkt. Reno war so wie immer gewesen. Aber ich konnte ihn nicht nochmal rausholen und ausziehen, geschweige denn, genauer unter die Lupe nehmen. Allein bei dem Gedanken daran wurde mir schon wieder schlecht! Ich musste bis Freitag warten und mit dem anderen Reno sprechen – etwas anderes blieb mir momentan nicht übrig. Also zur Tagesordnung übergehen? Einfach weiterarbeiten, als sei nichts geschehen? Das konnte ich nicht, doch wenn ich nun einfach wegfuhr und alle Termine sausen ließ, würde ich mich nur verdächtig machen. Das ging also auch nicht. So eine verdammte Scheiße!
Mühsam rappelte ich mich auf und schaute in meinen Terminkalender, welche Termine wichtig waren und welche ich eventuell doch absagen konnte. Irgendeinen Vorwand würde ich schon finden. Doch zum Glück stand in dieser Woche nichts mehr Wichtiges drin. Nur ein Vertreter von exklusiven Hölzern wollte vorbeikommen, dem konnte ich absagen. Wenn der was verkaufen wollte, würde er auch nächste Woche wiederkommen. Ein Kunde wollte am Donnerstag seine Messer abholen, das würde ich auch noch schaffen. Sonst war nichts drin und so konnte ich am Freitagvormittag losfahren und würde pünktlich zur Beerdigung da sein. Zum Leichenschmaus würde ich aber nicht bleiben, das würde ich nervlich nicht durchhalten. Mit dem Ziel vor Augen, diesem Reno auf den Zahn zu fühlen, ging ich ohne Abendbrot ins Bett, ich hätte sowieso nichts runtergebracht.
11
Reno hatte einen netten Abend mit Helene verbracht, doch ihre Annäherungsversuche waren im Laufe der Nacht und mit zunehmendem Alkoholpegel immer deutlicher geworden und so hatte er sich dann doch lieber schnell verdrückt. Unter dem Vorwand, morgen früh raus zu müssen, verabschiedete er sich von der inzwischen recht betrunkenen Frau, streichelte ein letztes Mal seinen neuen Freund Amigo und trollte sich dann hinüber in seine Campinghütte. Er hatte es geschafft, ihr nicht seine Handynummer und auch sonst keine weiteren Angaben über seine Person gegeben zu haben und so hoffte er nun, dass er sie nie wieder sehen würde. Als gute Bekannte hätte er sie sich durchaus vorstellen können, aber sie hatte mehr gewollt, das hatte er deutlich gespürt. Aber er konnte nun mal mit Frauen nichts anfangen, obwohl er es immer wieder versucht hatte. Mit Adele hatte es ja auch irgendwie funktioniert, wobei er sich nach der Geburt des letzten Kindes immer mehr von ihr zurückgezogen hatte. Er hatte seine Schuldigkeit getan und nun war der Sex mit ihr nur noch eine lästige Pflichtübung. Zum Glück schien es auch Adele so zu sehen, denn sie war nicht unglücklich oder unzufrieden, als es bei ihnen im Bett immer weniger wurde und schließlich ihr Sexualleben völlig zum Erliegen gekommen war. Beide hatten das stillschweigend hingenommen und als Tatsache akzeptiert. Nach außen hin gaben sie weiterhin das harmonische Ehepaar und so ließ sich einigermaßen gut leben.
Bis das mit Rüdiger angefangen hatte! Er kannte den Jungen ja schon seit seiner Geburt, hatte den Babysitter für ihn gespielt und ihm durch die Pubertät geholfen. Er hatte ihn in seiner Ausbildung zum Messermacher unterstützt und sie hatten geschäftlich oft miteinander zu tun. Doch vor 24 Jahren, als Marianne gerade 16 Jahre alt war, waren Reno
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