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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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Feuer, die Bemalung ausgebleicht, fast nicht mehr zu erkennen, als seien sie im Regen geritten. Aber es blieb noch genug, um zu sehen, dass es sich um sehr ausgefeilte Zeichnungen handelte. Sie hatten eine ungeheure Menge an Getränken dabei, und als Erstes schlugen sie vor, auf die Begegnung anzustoßen. Die Frauen begannen, Zigarren zu rollen. Sie zählten offensichtlich nicht zu den Leuten, die in der Nacht schlafen. Sie wirkten putzmunter. Sie gaben sich so ästhetisch, oder als solche Ästheten, dass Erna fand, sie seien ziemlich leicht zu parodieren. Das war wahrscheinlich Absicht. Sie holten Instrumente heraus: dreieckige Harfen von der Größe einer Hand, Kolben, die wie kleine Frösche klangen, und kleine Rindenflöten. Mampucumapuros Flöte mit ihren sechsunddreißig Klappen kam ihnen bestimmt plump und altmodisch vor.
    Die Indianerinnen bewunderten Francisco. Einige von ihnen, die wie Erna schwanger waren, scherzten mit ihm. Alles, was mit Geburt zu tun hatte, brachte sie zum Lachen – für diese leichtfertige und melancholische Kultur war die Geburt etwas sehr Lustiges.
    Dann spielten sie Würfel, was für eine andere Art von Musik sorgte. Der Schnee war ein Klangkörper von einzigartiger Qualität: das scharfe Klackern der Würfel auf dem Spielbrett, das Eis beim Aufeinanderprall. Und die Stimmen der Indianer, die einander ständig fragten: «Schläfst du?»
    Eine feierliche Frage, die man in einem bestimmten Tonfall stellte, trocken wie das Rascheln des Schilfrohrs. Sie ertönte in einem fort, ganz wie das Lied der Vögel im Dickicht.
    Als der Morgen graute, hatte es aufgehört zu schneien. Sie tranken kochend heißen Tee und brieten junge Puten. Sie wollten baden, um die Bemalungen ganz abzuwaschen, bevor sie sich wieder herausputzten. Sie gingen mit Bimssteinen ins Wasser und rieben sich ab, bis sie ganz weiß waren. Beim Schwimmen schoben sie Eisblöcke und gefrorene Thunfische beiseite. Als sie aus dem Wasser stiegen, kam schon die Sonne zum Vorschein, so weiß und still wie die Welt, die sie beschien. Die Mädchen hatten Tee und Kaffee gekocht, und sie drängten sich mit ihren Tassen ums Feuer, von unbändigem Gelächter geschüttelt.
    Als sie trocken waren, gingen sie Brombeeren suchen, um sich einzufärben, und da sie welche von bester Qualität fanden, pflückten sie einen großen Vorrat. Sie wurden zerstampft und zu einer dickflüssigen Tinte zerkocht, die sie lauwarm auftragen mussten, keinesfalls kalt. Sie bemalten sich mit den Fingern, herkömmliche Pinsel oder Federn waren unter ihrer Würde; sie führten die Bewegungen hastig aus, der Blick abwesend, als wäre eines so gut wie das andere und als käme es vor allem darauf an, endlich fertig zu werden. Mapucumapuro bemalten sie auch, und Erna malten sie einen diskreten Kreis um den Nabel, den die Dehnung des Bauches verwischt hatte. Was von der Farbe übrig blieb, warfen sie ins Wasser, zarte schwarze Pfeile, die zitternd untergingen.
    Von der Arbeit erschöpft, rauchten sie ein wenig und bewunderten sich gegenseitig.
    «Jetzt müssen wir gehen», sagten sie.
    Anscheinend hatten sie irgendwo etwas Wichtiges zu tun, auch wenn sie nicht sagten, worum es sich handelte. Sie pfiffen nach den Pferden, die damit beschäftigt waren, Pilze von den Bäumen zu nagen. Sie verabschiedeten sich überschwänglich.
    «Wir lassen euch diese Flaschen als Erinnerung, damit ihr auf unsere Gesundheit trinken könnt.»
    «Das werden wir tun.»
    «Auf Wiedersehen! Bis bald!»
    Als sie wieder alleine waren, fühlten sich Mampucumapuro, Erna und der Junge plötzlich erschöpft. Der Besuch hatte sie mit seiner übermenschlichen Raffinesse völlig erschlagen. Sie brauchten diese Stille. Sie tranken und rauchten eine Weile, und als sie spürten, dass sie müde wurden, rieben sie sich mit Harz ein, für den Fall, dass es schneien sollte. Es dauerte nicht lang, dann waren sie eingeschlafen.
    Sie erwachten, als der Nachmittag schon weit fortgeschritten war. Es hatte geschneit, und die drei ruhten in einem völlig makellosen Weiß; der Körper des Indianers, lang ausgestreckt, bemalt und eingeölt, schien eine schlafende Verkörperung aller Pracht und Herrlichkeit der Wilden. Als sie die Augen aufschlug, erkannte Erna ihn einen kurzen Moment lang nicht wieder; sie blickte um sich, der weiße Himmel, die weißen Wipfel der Bäume. Das Rauschen des Baches. Sie seufzte tief und spürte, wie die eiskalte Luft in ihre Lungen drang.
    Als Mampucumapuro erwachte, schulterte er,

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