Die Mestizin
Frühstück zu machen. Sie gab ihm einen Bronzelöffel, damit er auf dem Xylophon spielen konnte. Sie machte Milch warm und goss ihm eine Tasse ein, die der Junge umkippte. In einem Anfall von Wut über seine eigene Ungeschicklichkeit schmiss er die Murmeln aus dem Fenster und lachte. Danach trank er begierig die Milch aus. Die Mutter wusch ihm das Gesicht und kämmte ihn. Sie legte die Matten zusammen, wusch das Geschirr ab und schaute aus dem Fenster. Es sah aus, als würden die Glasmurmeln auf dem Schnee schwimmen. Die Anemonen blühten immer noch, trotz der Kälte; die übernatürliche Ruhe dieser Tage schützte sie.
Die Weiße war übertrieben, vollkommen. Sie strahlte von den Farben selbst aus. Der Schnee glänzte.
Plötzlich drehte sie sich um, weil sie bemerkt hatte, dass jemand sie beobachtete. Da sie geblendet war, sah sie nur Schatten, aber es stand jemand in der Tür. Vor dem verschneiten Hintergrund der Straße ragte schemenhaft die Gestalt eines Indianers auf. Francisco hörte auf zu spielen und betrachtete ihn schweigend. Er hielt etwas in der Hand: eine Flöte.
Er tat einen Schritt ins Zimmer und stand im Licht des Fensters: Er war ein sehr schlanker junger Mann mit kleinen schrägen Augen, die kaum mehr waren als zwei Schlitze über den vorstehenden Wangenknochen, und auf den Armen hatte er eine verwischte schwarze Bemalung. Er sah sie ausdruckslos an.
Erna drehte sich wieder zum Herd um. Sie fragte ihn, ob er Kaffee wolle.
«Gern», sagte er.
Er setzte sich hin, mit Francisco im Arm. Der Junge konnte seine Hände nicht von der prächtigen schwarzen Mähne lassen. Da sie sich ständig Öl ins Haar bürsteten, bekamen die Haare der Indianer eine Konsistenz, die mit nichts anderem vergleichbar war als mit ganz leicht fließendem Wasser.
«Ich habe nicht damit gerechnet, dass du heute kommst», sagte Erna und trug zwei Tassen Kaffee zum Tisch.
«Warum nicht? Ein perfekter Tag, um in den Wald zu gehen und sich den Schnee anzuschauen. Du wirst doch nicht hier drinnen rumhocken wollen?»
Erna zuckte die Schultern.
«Ich bin dauernd so müde…»
«Du kannst im Wald schlafen. Wir können den Tag damit verbringen… Wann kommt dein Mann zurück?»
«Übermorgen.»
«In dem Fall können wir an einen etwas abgelegeneren Ort gehen, den du nicht kennst, und fischen und die zwei Nächte dort verbringen. Es liegt bestimmt jede Menge Schnee, du wirst überrascht sein.»
«Ist es sehr weit?»
Mit einer vagen Geste deutete er in Richtung Pillahuinco, und da Erna ihm eine Zigarette gedreht hatte, setzte er Francisco auf dem Boden ab und zog ein paar Mal. Er ging die Pferde holen, und sie einigten sich darauf, sich am Dorfausgang zu treffen.
Erna zog dem Jungen etwas Warmes an und hob ihn hoch. Sie nahm ein paar Sachen in einem Köcher aus Schilfrohr mit, den sie sich über die Schulter hängte. In völliger Stille lief sie durch den Schnee zum Hügel. Kein einziger Vogel war zu hören; der Flügelginster streckte seine dünnen Blättchen aus der Schneemasse heraus, hin und wieder zerschnitten die Spuren eines Pferdes oder Huhns die glatte Oberfläche. Auf dem ganzen Weg begegnete ihr kein Mensch. Am Hügel sah sie Mampucumapuro, der auf einer weißen Stute ritt, ein großes schwarzes Pferd hinter sich herziehend. Obgleich ihre Schwangerschaft schon weit fortgeschritten war, hatte Erna einen Monat zuvor ein Verhältnis mit diesem jungen Indianer angefangen, den sie auf einem ihrer Ausflüge in den Wald kennen gelernt hatte. Wenn ihr Mann Wachdienst hatte, verbrachten sie ganze Tage und Nächte miteinander, irgendwo am Bach. Sie taten nichts anderes als die Zeit verstreichen lassen. Der Winter war eine sehr friedliche Zeit.
Er half ihr aufsitzen und machte auf einer Seite des Sattels das kleine Stühlchen aus Leinwand fest, in das sie das Kind setzen würden. Sie ritten im Schritt los, und der Schnee knirschte unter den Hufen der Pferde. Sie ritten nicht direkt in den Wald, sondern auf eine Wiese gleich daneben. Schließlich deutete Mampucumapuro auf einen versteckten Weg, und sie lenkten ihre Schritte dorthin.
«Ich bin noch nie hier gewesen», sagte Erna und erschrak über den Klang ihrer eigenen Stimme.
«Das weiß ich schon.»
«Man hört nichts.»
Er nahm die Flöte heraus und spielte eine Melodie. Es schien das einzige Geräusch auf der ganzen Welt. Erna nickte ein, sie schloss die Augen. Das plötzliche Aufflattern eines Vogels ließ sie zusammenzucken.
«Ein Wasserfasan», sagte der
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