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Die Mestizin

Die Mestizin

Titel: Die Mestizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: César Aira
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spuckten es wieder aus. Das Grau ihres Fells zog die letzten Reste des Lichts an, so dass sie aussahen wie Gespenster. Schließlich ließen sie sich auf den Boden fallen. Sie schlossen die Augen, um zu schlafen.
    Die Windhunde liefen zum Wald zurück, wo sie sich wohler fühlten, und machten es sich zwischen den Blättern bequem. Von dort aus betrachteten sie mit phosphoreszierenden Augen die deprimierte Gefolgschaft Huals.
    Die Luft war drückend, fast nicht zu atmen. Für Anfang September war es viel zu heiß. Alle waren in Schweiß gebadet und glänzten, obwohl sie reglos dalagen. Sie schrieben es der Nähe des Wassers zu. Es wurde immer dunkler, und bevor es endgültig Nacht wurde, ging ein riesiger, gelber Mond auf, der sie verklärte. Es war unnötig, ein Feuer zu machen, also ließen sie es. Das Letzte, was sie bei Tageshelle sahen, war ein großer Brillenstorch, der in Richtung Wald flog.
    Sie bewegten sich nur, um eine Zigarette an die Lippen zu führen oder sich etwas zu trinken einzuschenken. Dann schlief einer nach dem anderen ein, einfach so auf dem Sand, da, wo er gerade lag. Gegen Mitternacht war keiner mehr wach. Es herrschten eine übernatürliche Ruhe und Stille.
    Doch noch bevor der Morgen graute, brach ein wütender Sturm los. Das Zeltdach des Prinzen wurde wie Papier fortgewirbelt, riesige Bäume von den Böen eines unglaublich starken Windes fortgerissen, und alles Wasser der Lagune schien sich aus seinem Bett zu erheben und zu einer bedrohlichen Rolle aufzutürmen. Es goss in Sturzbächen. Bündel von Blitzen, so schwer wie Meteoriten.
    Dennoch wachten nur wenige auf und sahen sich, eher mäßig interessiert, das Unwetter an. Die anderen schliefen weiter und wurden vom ersten Sonnenlicht geweckt, als alles sich längst wieder beruhigt hatte. Sie öffneten die Augen und erblickten eine verwandelte Welt: umgestürzte Bäume, die sich am Strand türmten, Pferde, die im Sand begraben waren; nur die schlafenden Köpfe ragten heraus wie Skulpturen. Die Kraft des Windes hatte aus den Tiefen der Lagune Tonnen silbriger Fische gesogen, die nun überall herumlagen.
    Der Prinz, der mit einer irrsinnigen Menge an Mittelchen dafür sorgte, dass er gut schlafen konnte, war der Letzte, der zu sich kam, und daher der Verblüffteste. Wortlos starrte er die umgestülpten Bäume an, die Männer, die die Pferde ausgruben, die phantastische Verformung des Sandes, die so ganz anders war als die substanzlose Flachheit vom Vortag.
    Doch die Sonne kündigte sich mit prächtigen Rottönen an, die Vögel zwitscherten, als wäre nichts geschehen, und die Wilden erhoben sich mit der hochmütigen Herablassung, die sie auszeichnete, in all ihrer Pracht und gut gelaunt.
    Der Horizont, die Insel, die ganze Lagune wurden von einem gigantischen Regenbogen überspannt. Tiefblau gestreifte Nebel stiegen auf, Reste des Sturms. Jemand behauptete, er habe den seltsamen Gesang des Wasserpiepers gehört. Die Insekten stießen ihre energischen Rufe aus, als hätten sich ihre Familienangehörigen im nächtlichen Durcheinander verlaufen.
    Alle hatten Hunger (sie hatten ja nicht zu Abend gegessen), aber einige meinten, man dürfe keine Zeit verlieren. Gelassen bestimmte Hual Folgendes: Während die Krieger Flöße bauten, sollten die Frauen die besten Fische und Miesmuscheln zubereiten, die der Wirbelsturm angeweht hatte, und dazu die Vögel, die vom Himmel gefallen waren. So wurde es gemacht. Als sie den köstlichen Essensduft rochen, ließen sie alles stehen und liegen, und selbst der Prinz legte sein dümmliches Gehabe ab, um an einigen Forellenköpfen zu nagen und wilde Pflaumen zu essen.
    Die Frauen und Kinder würden auf den Flößen übersetzen. Unter großen Anstrengungen legte man den Pferden runde Harnische aus Kork an, mit deren Hilfe sie neben den Flößen herschwimmen sollten. Zu guter Letzt kamen die Krieger in einem faltbaren Ruderboot, das mit dem privaten Mobiliar des Prinzen beladen war, der selbst in einem Rindenboot fahren würde, mit eigenem Ruderer. Das freudige Kindergeschrei beim Ablegen versetzte ihn schlagartig in schlechte Laune, und daher nahm er Laudanum und Morphium.
    Sie ruderten auf die Lagune hinaus. Nach und nach hüllte der Nebel sie ein. Die Schreie der Kinder sorgten dafür, dass sie nicht auseinander drifteten, doch kam ihnen jegliches Richtungsgefühl abhanden; immerhin wussten sie, dass sie auf die Insel zuhalten mussten, die in der geometrischen Mitte der Lagune lag. Und so war es auch. Das Erste,

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