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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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ihren Füßen befestigt war.
    Breda spielte also, und Melody
ging auf und ab; nur die Mórrígan beobachtete das Geschehen auf dem Tisch.
    Sie beobachtete es mit dem
starren Blick und der unbeirrbaren Konzentration der Katze, die auf dem Boden
kauerte; aber im Kopf der Mórrígan herrschten Ruhe und große Kühle.
    «Wo ist eigentlich dieser Igel
hin — ich wollte mal den Boden schrubben», sagte Melody schließlich und ließ
sich auf die Knie nieder, um unter dem Tisch nach ihm zu suchen. Der glückliche
kleine Igel war schon längst verschwunden, und sie entdeckte statt dessen einen
großen Splitter von einem Spiegel. Da sie eine Göttin war, begriff sie gleich,
was es damit auf sich hatte; doch nachdem sie sich einen Zipfel ihres Schattens
geschnappt und damit das Glas poliert hatte, bis es glänzte, und als sie dann
sah, wie wunderbar sich alles in ihm spiegelte, konnte sie einen lauten
Entzückensschrei nicht unterdrücken.
    «Was ist denn?» fragte Breda
unter ihrem Lidschatten hervor.
    «Ein seltsames Glänzen»,
antwortete Melody voller aufrichtiger Bewunderung, «etwas Glattblinkendes, das
ein Bild davon zeigt, wie etwas aussieht, ich beispielsweise... besser sogar
als eine ruhige Wasserfläche, besser als eine Scheibe polierter Bronze; so
etwas haben wir noch nie zuvor gesehen. Man nennt es Spiegel.»
    Sie brütete eine Weile über
ihrem Abbild und brach dann in ein lautes, höhnisches Gackern aus. Sie stand
auf und hielt Breda den Spiegel vors Gesicht, und als diese sich darin sah,
bekam sie einen Kicheranfall.
    Die Aufmerksamkeit der Mórrígan
wurde von dem Tisch abgelenkt.
    Breda reichte ihr die
Spiegelscherbe, und die Mórrígan betrachtete sich.
    Mit kühlem Interesse inspizierte
sie ihr hübsches Gesicht, und sie ließ es von der beachtlichen Hübschheit in
makellose Schönheit übergehen. Die beiden anderen Frauen glucksten zuerst und
brachen dann in herzliches Lachen aus.
    Die Mórrígan betrachtete ihre
neuen Augen, die so wunderbar amethystfarben waren, und sie ließ die Pupillen
zu zwei kleinen, vollkommenen Stiefmütterchenblüten werden.
    Melody prustete und bekam
Seitenstechen vom vielen Lachen.
    Ein kleiner Gegenstand erschien
auf dem Tisch. Einen Augenblick lang glänzte er hell auf, und das Glashaus war
von geisterhaften, flüsternden Stimmen erfüllt.
    Ohne ihren Blick vom Spiegel zu
wenden, griff die Mórrígan nach dem glänzenden Ding, legte es an die Lippen und
sagte: «Psst!», so leise und drohend, daß die flüsternden Stimmen im
zerfallenen Schloß Durance sofort verstummten. Ganz versunken in ihr
Spiegelbild, befestigte die Mórrígan den Anhänger an ihrem Armband, wo er
wieder zusammen mit all den anderen goldenen Gegenständen an ihrem Handgelenk
baumelte.
    Sie ließ aus der Iris ihrer
Augen zwei echte kleine Irisblüten mit hübscher schwarzer Zeichnung werden, und
Melody ächzte und sagte, wenn sie noch mehr lache, würde es sie in Stücke
zerreißen. Breda tat so, als sei sie empört.
    Ganz in Gedanken kratzte sich
die Mórrígan am Handgelenk.
    Immer noch entzückt von ihrem
Spiegelbild, ließ sie die Pupillen ihrer Augen zu kleinen Feuerrädern werden,
die sich in rasender Geschwindigkeit drehten, kleine Fünkchen warfen und in
wunderbaren Farben leuchteten.
    Melody kicherte und bebte und
wischte sich die Augen mit ihrem Schatten, und dann hielt sie es für
angebracht, sich erst mit ihm die Nase zu putzen, bevor sie ihn mit leiser
Verachtung zu Boden warf.
    So vertrieben sie sich die Zeit
und vergnügten sich wie Katzen, die im Mondlicht spielen; nicht einen Moment
dachten sie an ihren Vermieter, den Besitzer des Glashauses — Mossie Flynn der
immer noch geduldig darauf wartete, daß sie heraus kämen und eines ihrer
Kunstwerke produzierten.
    Auch den Wachtmeister hatten
sie ganz und gar vergessen — und wie jedermann weiß, sollte man einen
Wachtmeister nun ganz gewiß nicht vergessen.

 
     
     
     
     
     
    s
war ein strahlend heller Tag, die Luft flimmerte. Wohin die Kinder auch
schauten, sahen sie Millionen von Glanzpünktchen, so als wären kleine Stücke
des Sonnenfeuers auf die Erde gefallen. Es waren nur die zitternden
Regentropfen, die im Licht schimmerten; aber es sah wunderbar aus, und die
Wanderer fühlten sich noch beflügelter.
    Cluas sang.
    Sein Gesang war eine Mischung
aus Knirschen und Kratzen, und obwohl er das Lied «Ach, liebes Mütterlein»
sang, über das nicht oft gelacht wird, konnten Brigit und Pidge nicht anders,
als sich darüber zu

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