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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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frisch gepflügte Erde roch kräftig und frisch und
war dunkler als guter Schokoladenpudding.
    Da bewegte sich seltsamerweise
der Boden in der Mitte des Ackers; er regte sich wie ein Tier, das sich im
Schlaf umdreht.
    Ihren Augen nicht trauend,
sahen die Kinder zu, wie in der Nähe der ersten Stelle eine zweite sich zu
bewegen begann. Und dann erhoben sich ganz langsam zwei Hügel aus lehmiger Erde
aus dem Acker. Die Hügel nahmen Form an und waren ein Mann und eine Frau. Es
waren große Erdgestalten.
    Ein paar Vögel flogen über den
Acker und riefen: «Traumbild, Traumbild», und Pidge begriff, daß sie etwas
Unwirkliches sahen.
    Kleine Stücke fielen ab, und
die Umrisse wurden deutlicher; die beiden Gestalten hielten sich mit einer Art
überwältigender Freude an den Händen, und diese Freude schien alles ringsumher
zu erfüllen. Sie strahlte bis zu Pidge und Brigit aus, und sie merkten, daß sie
am liebsten losgeschrien hätten, so heftig war ihr Glücksgefühl.
    Die beiden Gestalten erhoben
sich aus dem Acker, und ihre riesigen Lehm- und Erdbeine tanzten. Sie lachten
überschwenglich. Es war, als läge alles, was das Glück umfassen kann, in diesem
Lachen; und der Tanz war übermütig und würdevoll zugleich; die Gestalten
tollten schwerfällig über den ganzen Acker und hielten sich dabei immer an den
Händen. Man hatte das Gefühl, als stünden diese beiden hinter allem, hinter dem
ganzen Leben. Sie tanzten die Furchen entlang, und unter ihren Füßen begann
neue Saat aufzusprießen. Die Saat wuchs, und augenblicklich war alles mit Grün
überzogen. Dann setzten sich die beiden Gestalten in der Mitte des Ackers
nebeneinander; und die Saat sprießte auch aus ihren Körpern.
    Sie winkten Pidge und Brigit
heran, und die Kinder zeigten keine Furcht und gingen zu ihnen hin; als sie sie
erreicht hatten, strotzten der Mann und die Frau über und über von den Früchten
der Erde.
    Ihre Augen waren glänzende,
saftige Brombeeren, die im Licht schimmerten; ihre Wangen waren rote Äpfel und
ihre Haare Weizen und Haferähren. Ihre Lippen waren aus Erdbeeren; ihre
Augenbrauen Büschel von Kräutern; und der Mann trug einen Bart aus granniger
Gerste. Die Frau trug Bündel von Haselnüssen als Ohrschmuck, und Ketten aus
Kastanien und Walnüssen hingen in dicken Reihen um ihren Hals. Ihre Füße waren
übersät mit Edelsteinen, die glitzerten und funkelten, und mit Strandkieseln,
denn beides gehört zur Erde. Um die Füße des Mannes ringelten sich dicht kleine
Hasen als Schuhe; und in den Tränen, die ihnen vor Lachen aus den Augen
flössen, waren alle Fische aus den einsamen Seen und dem Meer — ganz, ganz
klein, sogar winzige Wale waren darin.
    Vögel schmiegten sich in ihre
weiten Schöße.
    Und da dachte Pidge: Wir sind
auf einer Wanderung, die wir nicht ganz verstehen, an diesen Ort gebracht
worden — und ich bin sehr froh darüber.
    Er schaute zu Brigit hin und
sah, daß ihr Gesicht vor Entzücken glänzte und ihre Augen vor Freude
leuchteten.
    Im nächsten Augenblick bemerkte
Pidge noch andere Bewegungen gleich hinter den beiden Erdgestalten; und er
glaubte, die Menschenscharen wiederzuerkennen, die er über die Brücke von
Galway hatte gehen sehen. Sie hatten etwas Schattenhaftes und Formloses und
schienen aus Wolken zu bestehen.
    Als er sich bemühte, sie
deutlicher zu sehen, veränderte sich die Atmosphäre ein wenig; irgend etwas war
anders, und es jagte ihm einen kurzen Schauder über die Haut Er hatte plötzlich
das Gefühl, als sei alles auf irgendeine Weise bedroht Er hatte den Eindruck,
als fülle sich der Acker mit Schatten, die etwas Heimtückisches und Grausames
mit sich brachten. Er spürte große Traurigkeit von den Menschen ausgehen, und
er runzelte die Stirn, so sehr rang er darum zu verstehen, was er sah.
    Er warf einen verstohlenen
Blick auf Brigit, aber sie betrachtete den Mann und die Frau immer noch voller
Freude.
    Als er wieder die Prozession
auf der Brücke betrachtete, sah er die Gestalten nur noch wenige Sekunden lang,
dann lösten sie sich auf in einem heißen Windstoß, der ihm unangenehm an den
Armen war. Obwohl er keinen Ton hörte, stellte er sich vor, daß die Leute
schrien und heulten und daß etwas sie bedrohte, das unglaublich
verabscheuenswert sein mußte. Und er wußte auch, daß er nicht ans Aufgeben und
Nachhausegehen denken durfte und daß all dies irgendwie mit Olc-Glas und der
Mórrígan zu tun hatte; und daß der Mann und die Frau und alles, was ihnen
freundschaftlich

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