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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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Decken auf den Armen zurück, von denen
manche aus Wolle gestrickt und andere aus gesponnener Seide gemacht waren, und
mit Kissen aus Disteldaunen. Sie gaben alles Anastasia, die die Sachen in den
Hängematten ausbreitete.
    «Warum hat diese Jenny
gesponnen?» fragte eine der jungen Spinnen erstaunt.
    «Betrunken!» sagte eine kleine
Stimme von Mawleogs Hut herab.
    «Jo-Jo!» riefen die
Spinnenkinder und trampelten mit den Fersen auf dem Boden.
    «Du mußt mir helfen, Pidge»,
sagte Brigit, und sie holten sich Gruppen von drei oder vier, je nach ihrer
Größe. Sie hoben die Hände hoch, an denen die kleinen Spinnen mit
konzentriertem Ausdruck an ihren Fäden hingen, und bewegten sich so, daß die
Spinnenkinder mit entzückten Schreien der Angst und Begeisterung in alle
Richtungen flogen; dann zogen sie sich schnell wieder hinauf, bis sie unterhalb
der ausgestreckten Hände waren, und das Spiel ging von neuem los. Jede Gruppe war
zwölfmal an der Reihe, und jede übertraf die andere mit begeistertem
Gekreische.
    Das kleinste Spinnenkind kam
als letztes dran. Brigit hängte seinen Faden an ihren Finger. Seine kleinen
Beine zitterten, und es war furchtbar aufgeregt.
    «Hab’ Angst, daß sie
Schleudaball mit mir pielt», sagte es und schaute in die Runde.
    «Nein, bestimmt nicht, keine
Angst. Ich pass’ gut auf», sagte Brigit und ließ es sanft nach unten. Es kam
auch geschickt wieder herauf, sagte mit schwacher Stimme «Hurra» und dann
schnell: «Es reicht.»
    Alle spendeten ihm den
wohlverdienten Applaus.
    Dann erzählte Batty eine
Geschichte, und sie blickten alle träumerisch ins Feuer, während sie lauschten.
Als die Erzählung zu Ende war, sahen sie immer noch wie gebannt in die Flammen,
bis Mawleogs mit dem Schürhaken darin herumstocherte und eine Funkengarbe
aufstob, anmutig wie der Schweif eines phantastischen Feuervogels. Eine Weile
hörte man nichts als das Klappern der Stricknadeln, und es war sehr friedlich,
als Anastasia plötzlich einen Schrei ausstieß und ganz starr wurde.
    «Horcht! Ich höre eine Stimme!»
rief sie. «Ich spüre sie; die Unsichtbaren sind da!»
    Das Strickzeug fiel ihr aus den
leblosen Händen.
    Die Spinnenkinder drängten sich
eng zusammen.
    «Oh, Janey!» flüsterten sie,
und ihre Augen quollen ihnen aus den Köpfen und sahen aus wie Dutzende kleiner
Vollmonde.
    «Sie ist jetzt woanders», sagte
Mawleogs und zündete seine Pfeife wieder an. «Jetzt werden wir sicher etwas
Wichtiges zu hören bekommen.»
    «Sie ist wieder so komisch»,
sagte eines der Kinder, während sie warteten, und es bebte vor nervösem
Kichern.
    «Psst!» ermahnte es Mawleogs
und blies den Pfeifenrauch aus, wobei er außerordentlich ruhig erschien.
    Anastasia bekam glasige Augen.
    «Eine Botschaft... ich bekomme
eine Botschaft... die Stimme ist sehr leise... ich höre ‹Midget›, ja, so heißt
es, glaube ich», sagte sie.
    Pidge lächelte Brigit
verstohlen zu, weil er dachte, Anastasia spiele für sie Theater.
    «Die Stimme sagt, daß ich es
nicht richtig verstanden habe... Bridge! Midget!... Ich sehe ihn! Ich sehe ihn
ja! Ein großer Mann, der den Kopf schüttelt und mir mit dem Finger droht. Nicht
‹Midget› und nicht ‹Bridge›... Jetzt hab’ ich’s! Er sagt ‹Brigit und Pidge›.
Ist hier jemand, der ‹Brigit› heißt? Ist hier jemand, der ‹Pidge› heißt? Wenn
ja, sagt es. Die Botschaft ist für euch.»
    Pidge lächelte und stieß Brigit
an, weil er das alles sehr lustig fand.
    «Sie weiß doch, daß wir da
sind», sagte Brigit.
    «Nicht in diesem Zustand. Sie
weiß jetzt nicht mal ihren eigenen Namen. Antwortet ihr!» sagte Mawleogs ruhig.
    «Ja», sagte Pidge. «Wir sind
hier.»
    «Der Mann in Weiß macht Gesten
mit der Hand und zeigt mir etwas, weil ich Mühe habe, ihn zu verstehen. Ich
sehe ein Bild — ganz deutlich.»
    Ihre Stimme veränderte sich,
und sie hob zu einem feierlichen Sprechgesang an:
     
    Der Eine, des Gebein aus Stein,
    Des Höhe macht den Tag zur
Nacht,
    Graniten hart ist jetzt sein
Fell,
    Noch ruht in ihm der
Lebensquell.
    Auf seinem Haupt zwei Bäume
stehn,
    Für euch wird in die Knie er
gehn.
    Er und der Kelch, sie klingen
gleich,
    Zeit bannt ihn fest in ihrem
Reich.
     
    Nun seufzte sie tief und
gedehnt und sagte dann wieder fast mit ihrer eigenen Stimme: «Entschuldigung
wegen der letzten beiden Zeilen — der Mann in Weiß lacht mich aus. Jetzt nickt
und lächelt er und sagt, daß ihr zwei Stunden vor Morgengrauen zu dem Einen
gehen sollt. Ich hab’ es richtig

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