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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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verschlungen und verdorben
wird. Das ergibt alles zusammen einen Haufen Geld, und all das nur, um den
Verlust von ein paar Hühnern zu vermeiden und mich zu töten. Was geben sie
nicht alles aus, um ein bißchen Geld zu sparen!»
    «Du hast noch gar nichts davon
gesagt, was der Tierarzt kostet», sagte Brigit. «Wir wissen das alles, weil wir
Pferde zu Hause haben, nicht wahr, Pidge?»
    «Aber...», wollte Pidge
beginnen, doch Curu unterbrach ihn wieder.
    «Sie sollten mich eigentlich
bezahlen für all die gute Arbeit, die ich leiste. Sie müssen ja nicht mal für
mich ausmisten oder mich mit Kost und Logis verwöhnen. Sie sollten wirklich
lieber daran denken, was ich mit den Ratten mache, als an die paar Hühner —
wenn sie ein Fünkchen Verstand hätten.»
    «Was ich sagen...», begann
Pidge wieder, doch Curu unterbrach ihn wie zuvor.
    «Sie mißgönnen mir mein Leben —
sie wollen meinen Tod und scheinen auch noch Spaß daran zu haben, so ist es
doch.»
    «Und warum holst du dir
überhaupt Hühner?» gelang es Pidge zu fragen.
    «Sie schmecken mir.»
    «Mir auch», sagte Brigit zu
seiner Verteidigung, und dann fügte sie vorwurfsvoll hinzu: «Und dir auch,
Pidge.»
    «Manchmal werden Türen nicht
sorgfältig zugemacht, und so ein Durchschlupf ist eine zu große Versuchung für
mich, einen Dieb. Aber manchmal zwingt mich auch der Hunger, mir meinen Weg zu
bahnen, und wenn ich nichts finde, was den Hunger stillt, frißt er mich auf — auch
keine schöne Art zu sterben.»
    Pidge ließ sich alles durch den
Kopf gehen, was der Fuchs gerade gesagt hatte. Vom Hunger zu etwas gezwungen zu
werden, das klingt wirklich schlimm, dachte er schließlich und schwieg.
    «In schlechten Zeiten», fuhr
Curu fort, «hab’ ich das Gefühl, ich bestehe nur noch aus Hunger und einer
Nase; aber das ist nur so, wenn ich ganz ausgezehrt bin.»
    «Und wie geht’s dir sonst?»
fragte Brigit.
    «Wenn ich gegessen habe, fühle
ich mich wie ein Springinsfeld», sagte er, und dann machte er einen Luftsprung
und jagte seinen eigenen Schwanz in einem kleinen Kreis auf dem Pfad, um ihr zu
zeigen, was er meinte.
    «Aber wahrhaftig, Hunger ist
das schärfste Messer. Oh, meine arme Füchsin», sagte er mehr zu sich selbst,
während sie weitergingen.
    Lange Zeit waren nur das
Rascheln des Weizens im Lufthauch und das Geplauder der Insekten und Vögel zu
hören.
    «Sie war so tüchtig und schlau
— und wie sie sich auf Waldschnepfen verstand», brachte Curu in einer Art
lautem Flüstern hervor, das aus seinem Herzen zu kommen schien.
    Pidge warf ihm einen raschen
Blick zu und fragte sich, ob er sich wieder über ihn lustig mache, aber er sah,
daß Curu gar nicht an ihn dachte.
    «Nie werde ich die Zeit des
Hungers und der Kälte vergessen — eine Zeit, in der der verzehrende Hunger
stärker sein kann als alle Klugheit — , als sie sich wider alle Vernunft
hinauswagte. Wie der Blitz waren sie hinter ihr her. Ich tat alles, um sie von
ihr abzulenken, außer ihnen geradewegs vors Maul zu springen. Ich stolzierte
herum, ich bellte, ich lief quer über ihre Fährte, wieder und wieder. Aber sie
waren wie Maschinen. Die Jäger verfolgten sie gnadenlos den ganzen Tag, und ich
werde nie begreifen, woher sie die Kraft nahm. Schließlich war sie so
erschöpft, daß sie an einem steilen Abhang ausglitt und in einen See fiel. Und
wenn ihre müden Beine auch an Land noch gegen die weiche Luft ankamen, im Kampf
gegen das tiefe Wasser war sie verloren. Sie schwamm, schwach wie sie war, so
weit sie konnte — aber sie war am Ende und ertrank vor Erschöpfung. Ach, es ist
ein trauriges und rätselhaftes Schicksal, die Welt mit den Menschen teilen zu
müssen, aber was sollen wir tun? Meine arme Füchsin — sie konnte alle
bezaubern, außer den Hunden, und ich werde sie nie vergessen.»
    Die Kinder waren tieftraurig
über Curus Worte, und Brigit war den Tränen nahe. Ihre Augen glänzten, und ihre
Lippen zitterten. Pidge fand alles schrecklich und dachte, es wäre gut, das
Gespräch wieder auf die Hühner zu bringen, um Brigit abzulenken.
    «Aber erzähl mir», sagte er, «warum
nimmst du nicht nur eine alte Henne? Warum bist du so draufgängerisch und
tötest so viele?» Er fragte es ein wenig widerwillig und merkte, daß es klang,
als wolle er auf dem armen Curu herumhacken.
    «Ach Pidge, laß ihn doch in
Ruhe», sagte Brigit kummervoll und mit gereizter Stimme.
    Curu sah sie besorgt an.
    «Ich würde schon eine einzelne
alte Henne nehmen, wenn sie mich

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