Die Meute der Morrigan
der
Kälte gewartet hatte, bis sie gut eingehüllt waren.
«Du wirst frieren mit deinen
armen nackten Pfoten.»
Curu lachte.
«Nein, bestimmt nicht», sagte
er munter.
«Aber du hast doch keine
Stiefel oder Socken und mußt mit deinen Pfoten auf dem kalten Boden gehen»,
sagte sie stirnrunzelnd.
«Ich bin schon bestens
gekleidet in mein eigenes dickes Fell, und Stiefel brauche ich nicht», sagte
er, hob die Pfote und zeigte ihr die dunklen, festen Ballen. «Siehst du?
Genausogut wie deine», versicherte er ihr.
So gingen sie über sprödes Gras
weiter. Die weiche Erde war durch die Kälte starr geworden, und wenn ihnen eine
Blume begegnete, sah sie aus wie aus buntem Eis geschnitten, und jeder Busch,
an dem sie vorbeikamen, war mit seltsam geformten Spinnweben geschmückt: die
einen sahen aus wie Kristallschnüre, die anderen wie Trichter aus
feingesponnenem Organdy.
Gelegentlich schauten sie
zurück und stellten fest, daß die Hunde immer den gleichen Abstand hielten.
Wieder veränderte sich der
Himmel, und jetzt sah die Sonne aus wie ein weißes Pfefferminzbonbon, das auf
grauem Papier klebte. Der Wind blies ihnen entgegen, und sie nahmen ihre Kräfte
zusammen und kämpften sich weiter vorwärts. Sie kamen an einem Flüßchen vorbei,
das kalt dahinrauschte, und dann an einer großen Pfütze, die schon eine Haut aus
Eis hatte.
Sie gelangten an einen Grat,
von dem das Gelände zu einer ausgedehnten Mulde abfiel, die sich zur Rechten
und zur Linken über Meilen erstreckte. Und gerade vor ihnen lag ein dichter
Wald aus Eichen, Buchen und Eschen. Von ihrem Standort aus konnten sie sehen,
daß es wirklich ein wilder alter Wald war, nicht nur eine Schonung oder ein
Wäldchen. Und noch während sie hinsahen, trug der Wind die Blätter aus den
Kronen brausend davon, und schon wenige Minuten später sahen die kahlen Äste
und Zweige aus wie schwarze Kratzer im grauen Himmel. Pidge dachte traurig an
den wunderbaren Weizen und daran, daß er jetzt wohl vernichtet war.
«Genau das brauchen wir —
ausreichend Deckung», murmelte Curu.
«Wird es nicht schwer sein
durchzukommen bei all dem Unterholz?» fragte Pidge.
«Das ist nichts gegen die
Schwierigkeiten, die die Hunde haben werden, wenn sie auf der Fährte bleiben
wollen. Das Unterholz wird sie noch mehr aufhalten, wenn sie uns dann nicht
mehr sehen können.»
Die Dämmerung brach herein, als
sie den Wald betraten, und die ersten Schneeflocken flogen.
In der Glaskugel war der Schnee
immer weiter herumgewirbelt, ohne sich zu setzen.
Die Mórrígan verlor die Geduld
und warf sie mit aller Kraft weg — um festzustellen, daß sie sich nicht
wegwerfen ließ. Sie flog nicht weiter als ein paar Zoll trotz der heftigen
Wucht, die der Wurf gehabt hatte, und blieb dann unbeweglich über dem Tisch
hängen. Sie knackte leise, und dann fiel ein wenig Schnee.
«Ein Fuchs und Schneefall, sehr
schwierig für die Hunde. Der Dagda legt uns bei jeder Gelegenheit Hindernisse
in den Weg!» sagte die Mórrígan, und ihr schönes Gesicht war verzerrt vor Wut.
«Wenn ein Fuchs da ist und
Schnee, der alles verdeckt, dann sollen auch Jäger da sein», sagte Breda.
Sie ging zu ihren Ratten
zurück, wählte vier davon aus und ließ die übrigen sich auflösen wie Atemhauch
an einer Fensterscheibe. Das Paar, das sie dafür ausgewählt hatte, verwandelte
sie in Jäger, und das andere Paar verwandelte sie in prächtige Pferde, die
schon mit Sattel und Zaumzeug ausgerüstet waren. Die Jäger trugen gegürtete
weiße Kittel und schwere Mäntel aus scharlachroter Wolle. Ihr Haar hing ihnen
bis über die Schultern herab und war hell wie Silber. In ihren Händen trugen
sie lange Speere, um damit die Hunde anzutreiben; und jeder hatte an seinem
Gürtel unter dem Mantel ein Jagdhorn hängen. Trotz ihres guten Aussehens und
ihrer ansehnlichen Ausrüstung hatten ihre Gesichter irgendwie noch etwas Spitzes
und die Pferdemäuler auch.
Es wurde ihnen feierlich
eingeschärft, lediglich die Verfolgung aufzunehmen.
«Töten dürft ihr noch nicht»,
wurde ihnen gesagt.
Breda ließ sie
zusammenschrumpfen, so daß ihre Größe zur Tischplatte paßte, und setzte sie in
die Hundemeute. Schon bebten ihre Nasenlöcher eifrig, und ihre Augen funkelten.
Einer der Jäger blies in sein
Horn, und der andere trieb die Hunde mit seinem Speer an. Die Hunde wußten, daß
sie Zauberwerk waren und daß sie der Mórrígan gehörten und deshalb unantastbar
waren.
Findeweg fühlte sich gedemütigt
und
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