Die Meute der Morrigan
meinte
einfach, er folge Curu.
Mit ihren dicken Mänteln und Stiefeln
fürchteten sie das Unterholz nicht mehr. Sie waren gut geschützt und mußten nur
manchmal die Köpfe senken, um nicht von zurückschnellenden Dornenzweigen im
Gesicht gekratzt zu werden.
Es wurde rasch dunkel.
Immer wenn sie an eine Lichtung
oder eine kleine Schneise kamen oder nur an einen Platz, wo Bäume gefällt
worden waren, schauten sie hinauf und sahen den Schnee wirbeln. Alle oberen
Äste lagen dick voll Schnee. In der Nähe und in der Ferne hörte man jetzt hie
und da ein Rauschen, wenn der Schnee zu schwer wurde für die Äste und mit
leisem Donnern zu Boden fiel. Der Erdboden unter ihnen war starr gefroren, und
wenn sie auf eine feste Pfütze traten, krachte das Eis manchmal wie
Zuckerstangen unter den Zähnen; dann wieder splitterte es mit einem lauten
Geräusch, das so scharf war wie das Knallen einer Peitsche. Cum sagte ihnen,
sie sollten den Pfützen aus dem Weg gehen, und er riet ihnen, sich an die
ruhigeren Stellen zu halten, und bat Brigit, nicht durch das spröde Laub zu
gehen. Das fand Brigit schade, denn wenn die Blätter so raschelten, kam es ihr
vor, als stapfe sie durch knirschende Corn-flakes.
Jedesmal, wenn sie an eine neue
Lichtung kamen, sahen sie, daß der Schnee wieder höher lag. Die in der Nähe
stehenden Bäume sahen unter seiner Last merkwürdig mächtig aus. Pidge hatte das
Gefühl, das Weiß zu seinen Füßen kippe zu ihm hoch, wenn er beim Gehen nach
unten schaute. Ihm wurde etwas schwindlig davon, deshalb ließ er es bleiben.
Ein Hund bellte, und der Klang
durchschnitt laut die Luft Ein Horn wurde geblasen, und sie erschauerten. Bald
darauf hörten sie in der Ferne krachende Geräusche und wußten, daß die Jäger
nun auch im Wald waren.
Sie wandten sich besorgt an
Curu.
«Wir haben immer noch ein gutes
Stück Vorsprung», beruhigte er sie gelassen. «Der Schnee deckt alles für uns
zu, sie haben es ganz und gar nicht leicht.»
«Aber ich bin schon so müde»,
sagte Brigit.
«Jetzt gibt’s noch keine Rast»,
antwortete er freundlich, aber bestimmt; und sie gingen weiter, doch ihre
Schritte waren nicht mehr so leicht und schnell wie zuvor.
«Ich hoffe, sie kriegen alle
die Nasen voll von Schnee, wenn sie uns nachschnüffeln. Ich hoffe, sie kriegen
alle einen schrecklichen Schnupfen, das ist mein Ernst», sagte Brigit.
Auch Pidge war müde. Er wußte,
daß es für Brigit schlimmer sein mußte, weil sie jünger und kleiner war. Die
Beine waren ihm schwer und müde, und er begann sich zu fragen, ob sie genug
Kraft haben würden, sich so weit zu schleppen, wie es sein mußte.
Plötzlich erschollen die Hörner
der Jäger im Wald; und das war erschreckend und grauenhaft, denn es schienen
mehrere zu sein, und es klang, als kämen die Jäger gut voran. Wortlos eilten
sie weiter; die Angst verlieh ihnen neue Kräfte.
Pidge dachte an die
Kiefernpflanzung, die er für einen Wald gehalten hatte, und er erinnerte sich
an den Holzfäller und seine Axt; da war er froh, daß sie jetzt keiner Täuschung
unterlagen und daß sie wenigstens wußten, wo sich ihre Feinde befanden, selbst
wenn er keine Ahnung hatte, was das für Jäger waren und wie viele.
Wenn wir irgend jemandem
begegnen, werde ich sehr vorsichtig sein, dachte er; vor allem nach der
Erfahrung mit den Leuten im Schloß Durance und dem Holzfäller. Tiere und
Insekten scheinen die zu sein, denen wir am meisten vertrauen können, und das
will ich nicht vergessen.
Der Boden war jetzt noch härter
und holperiger. Manchmal mußten sie über Felsen klettern, um große Steine
herumgehen oder gefrorene Bäche überqueren. Aber als sie, müde wie sie waren,
zu einem erstarrten Wasserfall kamen, der von einer hohen Kante wie eine
Eisplatte herabstürzte, vergaßen sie alle Erschöpfung und blieben stehen, um
ihn zu bewundern. Brigit murmelte, er sehe aus wie die Spur einer riesigen
Schnecke, aber dafür sei er eigentlich wieder zu schön.
Hinter ihnen bellte ein Hund,
unmittelbar darauf ein zweiter, und dann blies ein Jäger in sein Horn.
«Zwei sind vom Weg abgekommen,
und das Horn hat sie wieder zur Meute zurückgeholt», erklärte Curu.
Mit Hereinbrechen der
Dunkelheit hatte sich der Wind gelegt, und die Bäume standen reglos. Jetzt
blies er wieder, schüttelte die Äste und riß Schnee von den Kronen, der in
wilden, wogenden Wolken herabstürzte. Diesmal kam der Wind von hinten. Curu
sagte, das sei gut, weil es ihre Witterung von den Jägern wegtrage
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