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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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Geburtsort.
    Während der Wachtmeister noch
grübelnd dasaß und düster auf den dunklen Ring starrte, den der Kakao am Boden
seiner Tasse hinterlassen hatte, drängten sich leise Geräusche aus dem vorderen
Büroraum in sein Bewußtsein. Er hörte, daß eine Schublade geöffnet und nach
einigem Herumwühlen wieder leise geschlossen wurde. Darauf folgte ein
unkontrolliertes Gelächter, das rasch zu einem mühsam unterdrückten Kichern
abgeschwächt wurde.
    Was ist denn da draußen los?
fragte er sich gemächlich.
    «Hören Sie sich das an,
Wachtmeister, gleich werden Sie was zu lachen haben», sagte der junge Polizist,
der hereinkam und sich lässig an die Wand lehnte. Er hielt ein altes, abgenutztes
Buch geöffnet in den Händen.
    Sehr gut, dachte der
Wachtmeister; heute könnte ich so was wirklich brauchen.
    «‹Der willensstarke
Wachtmeister muß entschlossen, scharfsinnig, selbstbewußt und voller Tatkraft
sein. Er muß klar umrissene Wertvorstellungen und Ziele haben, die er mit
unerschütterlicher Ausdauer verfolgt. Er muß seine Fähigkeit zur unermüdlichen
Arbeit voll einsetzen.› Wie finden Sie das, Wachtmeister? Es steht in einem
alten Handbuch», schloß der junge Polizist mit einem halberstickten Kichern.
    Es herrschte tiefe Stille.
    Der Wachtmeister erhob sich,
vom Uniformkragen aufwärts feuerrot.
    «Sehr passend, was du da
liest!» sagte er vorwurfsvoll und schritt energisch aus dem Zimmer.
    Während er an dem kichernden
jungen Polizisten vorbeischoß, glaubte er zu hören, wie dieser unter seinem
Kichern etwas murmelte wie: «Der könnte ja nicht mal ‘ne Gans verscheuchen.» Ob
er es nun gesagt hatte oder nicht, der Wachtmeister war wutentbrannt. Er
stampfte auf den Hof hinaus und bückte sich, um seine Fahrradklammern anzulegen
wie ein Krieger seine Rüstung. Er reckte sich und griff nach dem Rand seiner
Jacke, um sie herunterzuziehen, damit sie korrekt und ordentlich saß. Ein Blick
auf seine Messingknöpfe, und sein Selbstvertrauen war wiederhergestellt, obwohl
andere Teile seiner Persönlichkeit immer noch unordentlich in seinem Hirn
herumflatterten. Er schob sein Rad aus dem Hof in die Eglinton-Straße und warf
sein Bein über den Sattel, als bestiege er einen arabischen Vollbluthengst. Das
Fahrrad schwankte, aber er bekam es in den Griff und richtete den Blick fest
auf Shancreg.
    Der arme Wachtmeister sieht
nicht gut aus, dachte der Bischof. Er hörte auf, an seinen hübschen Geburtsort
zu denken, und die Sockenpreise verflüchtigten sich vollständig aus seinem
Universum. Statt dessen sprach er jetzt ein kleines Gebet für den Wachtmeister.
Das führte ihn zu der Frage, wer wohl der Schutzpatron der Wachtmeister sei;
und zu diesem Rätsel kehrte sein Geist den ganzen Tag über immer wieder
flüchtig zurück. Und dann sprach er jedesmal ein kleines Gebet
    Jede Güte ist gut, und die Güte
des Bischofs war so gut wie die jedes anderen Menschen; und wer weiß, ob seine
Besorgnis dem Wachtmeister nicht geholfen hat?
     
    Der alte Mossie Flynn, der
Besitzer des Glashauses in Shancreg, hatte keine Ahnung davon, daß im Schutz
der Dunkelheit eine dritte Frau angekommen war; und er hatte geduldig darauf
gewartet, daß die beiden Frauen herauskommen und etwas Lustiges anstellen oder
eines ihrer Kunstwerke hervorbringen würden. Zunächst war er nicht besonders
überrascht, daß sie sich nicht sehen ließen.
    «Denn», so sagte er zu seinem
Schwein, und kraulte es sanft hinter dem Ohr, «sie werden sich die Nasen pudern
und all solche Sachen — sie werden sich hübsch machen. Oder vielleicht machen
sie sogar ein Nickerchen. Friß jetzt erst mal in aller Ruhe, und stör sie nicht
mit lautem Gegrunze.»
    «Und», sagte er zu den Hühnern,
als er ihnen ihre Körner ausstreute, «sie werden sich in ihre Dinger schnüren
und sich mit heißen Lockenscheren herausputzen. Und ihre Fingernägel lackieren.
So sind Frauen nun mal — und unsere beiden Damen haben sehr romantische und
geheimnisvolle Gemüter. Hört jetzt auf zu gackern, sonst weckt ihr sie
vielleicht noch aus ihrem Schönheitsschlaf.»
    Und so wartete er und war
insgeheim ein wenig aufgeregt beim Gedanken an den Spaß, den er haben würde.
    Er hatte die Kuh gemolken, war
leise zum Brunnen gegangen, um Wasser zu holen, und hatte alle Tiere gefüttert
außer der Katze, die noch nicht von ihrem nächtlichen Streifzug heimgekehrt
war. Manchmal wartete sie schon draußen auf der Schwelle, bevor er wach war,
dann wieder kam sie erst mittags heim,

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