Die Meute der Morrigan
bißchen was
davon in dieser kleinen Milchkanne holen — Patsy zuliebe?»
«Es ist wegen meinen Beinen, sonst
würd’ ich selber gehen», sagte Patsy. «Das Zipperlein ist manchmal schlimm.
Wenn das nicht wäre, würd’ mich das Abenteuer sehr reizen, Wasser zu holen.
Denn man weiß nie, wen man womöglich trifft oder was für geheimnisvolle Sachen
über jemand kommen, der allein zum Wasserholen geht, ‘s ist solch eine gute
Gabe — die ganze Welt könnte draufgehen, wenn’s nicht mehr da war’, das hab’
ich schon all die Jahre gesagt»
«Ich hol’ es gern», sagte
Pidge.
Er nahm die Milchkanne und
machte sich auf den Weg. Als er ins Innere der Insel abbog, schaute er zurück,
um zu sehen, ob die beiden Schwäne immer noch dort am Ufer ihre Kreise zogen.
Sie waren nirgends mehr zu
erblicken.
m
Laufschritt trabte er auf dem niedrigen Gras des Weges dahin. All seine
Langeweile und das Gefühl, die Zeit vergehe viel zu langsam, war verschwunden.
Jetzt war er neugierig, den Wasserstrahl zu sehen, der plötzlich dasein sollte
und den er nie zuvor bemerkt hatte, obwohl er schon auf die Inseln gekommen
war, solange er denken konnte.
Der weiche Grasboden federte
unter seinem Gewicht, und wieder war er von dem tiefen Glücksgefühl
durchdrungen wie nach der Stimme im Kamintraum. Nach einer Weile hörte er das
Sprudeln von Wasser; er ging schneller, der Weg machte eine Biegung um ein paar
Büsche und Bäume, und da war es!
Er blieb voller Verwunderung
stehen.
Da ragte ein moosbewachsener
Felsen in die Höhe, den er bestimmt noch nie gesehen hatte, und ein
Wasserstrahl schoß aus einem dunklen Loch an seiner Seite, nicht sehr weit
droben. Aus der dunklen Öffnung strömte es hell und glänzend zu Boden. Pidge
war voller Staunen und starrte den kräftigen Quell an. Er sah, wie seine
Oberfläche an einigen Stellen vom Sonnenlicht aufleuchtete und daß das
niederrauschende klare Wasser an seinen durchsichtigen Stellen farbig
schimmerte in sanften Braun- und Grüntönen. Während er in den Anblick versunken
dastand, fragte er sich, ob er sich irgendwie geirrt habe und auf eine Insel
gerudert sei, die er nie zuvor besucht hatte; aber er wußte nur zu gut, daß das
nicht stimmte und daß dieser neue Felsen, der so alt aussah mit all seinem
Moos, und dieser überraschende Wasserfall wieder zu den Dingen gehörte, die er
nicht verstand.
Er hielt die Milchkanne unter
den Strahl und lauschte auf die Geräusche, die das Wasser machte, als es
sprudelnd hineinschoß.
Als die Kanne fast voll war,
ließ er sie entsetzt fallen, und sie schlug auf die ausgewaschenen Steine. Er
sprang zurück und starrte erschrocken in das strömende Wasser.
In dem Strömen war eine andere,
eigene Bewegung, und plötzlich erschien ein Kopf, der Kopf eines Aals.
Er war ungeheuerlich!
Pidge hatte Angst Wie gelähmt
starrte er voller Grauen ins Wasser. Er zitterte am ganzen Körper, während er
in einem Winkel seiner Seele verzweifelt hoffte, daß der Kopf irgendwie durch
das Wasser vergrößert erschien; doch als er sich hin- und herbewegte und aus
dem Wasser hervorkam, um auf ihn herunterzuschauen, sah er ihn ganz deutlich.
Er war riesengroß, größer als der Kopf eines Kalbes, dabei wußte Pidge in
seiner Bestürzung, daß ein Süßwasseraal niemals so groß sein kann. Er konnte
nicht anders, er mußte das Maul anstarren, sah, wie der Unterkiefer sich vor
dem Oberkiefer aufwärts bog und tastete mit dem Blick die knochigen Gebilde ab,
die um seinen Rand liefen wie harte Lippen. Wie im Traum bemerkte er, daß die
Haut am Unterkiefer gelblich-weiß mit einem Hauch Olivgrün war und daß die Haut
im Gesicht hell schimmerte. Das Gesicht wirkte sehr alt, und das Auge, das er
sehen konnte, war silbern mit dunklen Flecken. Das Auge bewegte sich in seiner
Höhle, als der Aal zu dem Jungen herabschaute.
Als das Auge sich zu bewegen
begann, war Pidge drauf und dran davonzulaufen; doch als der Aal anfing zu
sprechen, rang er sein Entsetzen nieder und blieb zitternd stehen.
«Hab keine Angst», sagte er.
«Der Dagda ist mein Vater.»
Als der Kopf erschienen war,
hatte Pidges Herz einen heftigen Satz getan, und jetzt klopfte es so wild, daß
er kaum atmen konnte.
«Füll dein Gefäß mit Wasser und
laß mir das, was dir eine Last ist, damit ich es in meinen starken Windungen
binde, auch wenn ich es nicht lange festhalten kann», sagte der Aal. Er sprach
langsam und mit tiefer Stimme. Es klang freundlich. Doch Pidge stand
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