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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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den Hunden beschäftigten. Dann kam
Brigit prompt auf die richtige Antwort.
    «Ich weiß was», rief sie
strahlend. «Auf dem See! Wenn wir auf dem See wären, könnte sich niemand in
unserer Nähe verstecken, und niemand könnte hören, was wir reden!»
    «Du hast recht! Das ist die
Idee! Wir tun die Sachen wieder in Boodies Beutel und legen ihn in die Nähe der
Quelle. Und dann rudern wir ein Stück hinaus, und du sollst alles erfahren. Ich
bin froh, wenn ich’s loswerde.»
    Brigit war ganz begeistert von
der Quelle. Sie wollte dableiben und eine Weile mit dem Wasser herumplantschen,
aber Pidge sagte, daß sie sich beeilen müßten und zusehen, daß sie so bald wie
möglich auf den See hinauskämen. Er schaute zu der dunklen Öffnung hinauf, doch
von dem Großen Aal war keine Spur zu entdecken.
    «Hast du schon einmal so einen
schönen Wasserfall gesehen?» fragte Brigit. «Man könnte sich die Haare darunter
waschen.»
    «Ja, das könnte man.»
    «Ist es nicht komisch, daß er
so plötzlich da war? Vorher war er doch nicht da, stimmt’s?»
    «Nein. Los jetzt! Ich bin
sicher, daß ein Gewitter kommt.»
    «Gut — laß mich noch einen
Moment die Hände unter diesen wunderschönen Wasserfall halten...»
    «Brigit! Hör auf und komm!»
unterbrach Pidge sie, so energisch er konnte. «Möchtest du diese ernste Sache
erfahren oder nicht?»
    «Na gut, aber es ist trotzdem
schade, von hier wegzugehen, findest du nicht?»
    Sie ging hinter ihm den Weg
zurück und schaute bei jedem zweiten Schritt über die Schulter, um den
Wasserfall noch einmal zu sehen.
     
    Auf halbem Weg zwischen der
Insel und dem Festland hörte Pidge zu rudern auf. Er erzählte ihr die ganze
Geschichte, von Anfang an, als er in dem Antiquariat in Galway gewesen war. Sie
hörte gespannt und fasziniert zu, und in ihrem Gesicht spiegelten sich bei
Pidges Worten alle Stimmungen; es war wie der Himmel an einem wechselhaften
Tag.
    «Ich finde es wunderbar», sagte
sie, als er geendet hatte. «Ich hoffe so sehr, daß noch mehr passiert und daß
ich’s mit dir zusammen erleben darf»
    «Aber es könnte gefährlich
sein», sagte er ernst.
    Brigit zuckte mit den Achseln.
    «Das ist mir egal», sagte sie.
«Ich hab’ keine Angst vor gefährlichen Sachen.»
    «Die würdest du aber haben,
wenn du vernünftiger wärst.»
    «So, so, würde ich!» sagte sie
und grinste.
    Pidge war sehr froh, daß er es
ihr erzählt hatte, denn jetzt mußte er die Last, die ihm auf der Seele lag,
nicht mehr ganz allein tragen. Es war ihm schon leichter zumute, wenn er nur
ihr breites Lächeln sah. Sie ist nun mal von Natur aus unbekümmert, und das ist
manchmal doch ganz nützlich, dachte er.
    Die Hitze des Tages lastete
schwer auf ihnen. Es schien sogar noch heißer zu werden. Im Westen sah der See
aus wie eine weite Fläche aus schimmernder Bronze. Wenn er zu lange hinsähe,
würde es ihn richtig hypnotisieren.
    Ihm fiel auf, daß die Schwäne
nicht mehr da waren.
    Er tauchte die Ruder ins Wasser
und ruderte zum Festland zurück.
     
    Sie hatten das Boot an Land
gezogen und gingen den Weg zwischen den Hecken zurück, die Füße im Staub
schleifend. Schweißtropfen rannen an Pidges Rücken herab wie Regen an einer
Fensterscheibe. Brigits Stirn glänzte, und ihre Haare rollten sich in kleinen
feuchten Löckchen um ihre Schläfen. Sie sah zu ihren Füßen hinunter und schaute
zu, wie der Staub allmählich ihre Sandalen bedeckte, als wären sie eingepudert.
Sie entdeckte einen dicken Wurm, der sich in stummer Qual am Boden wand.
    «Oh! Schau dir diesen armen
Wurm an, Pidge!» rief sie.
    «Wahrscheinlich hat ein Vogel
ihn fallen gelassen», sagte er. «Er stirbt vor Hitze.»
    «Wir müssen ihm das Leben
retten», verkündete Brigit in dramatischem Ton. «Suchen wir eine feuchte
Stelle.»
    Pidge beugte sich nieder und
nahm den Wurm auf.
    «Er ist ganz mit Staub bedeckt,
der Arme», sagte Brigit
    Pidge schaute sich nach einem
feuchten Platz für den Wurm um. Das Gras im Straßengraben war trocken und so
verdorrt, daß es nutzlos war. Bei einem kleinen Stein lag eine einsame weiße
Feder, gesprenkelt mit Blutstropfen, die inzwischen vertrocknet und braun
waren.
    «Einer der Schwäne ist beim
Kampf verletzt worden», sagte er.
    «O nein!» rief Brigit
beängstigt.
    «Keine Sorge, Brigit», sagte
Pidge. «Schau, es sind nur ein paar kleine Tropfen Blut. Er ist nicht schwer
verletzt.»
    «Trotzdem», sagte Brigit und
machte plötzlich ein kampflustiges Gesicht. «Ich will, daß man ihnen

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