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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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ihnen nachzuschauen.
    Schließlich gingen sie zu einem
der kleinen Felder am Ende des Tals, und die Leute, die dort arbeiteten, kamen
ihnen entgegen. Als Pidge nun einen Blick zurück warf, sahen die Menschen am
anderen Ende des Tals alle winzig aus.
    Es war die Rede davon, daß die
Ankömmlinge ein Frühstück bekommen sollten. Pidge war nicht sicher, ob sie
überhaupt Zeit hatten, und machte eine Andeutung in die Runde.
    «Ihr solltet euch eine Weile
ausruhen, denk’ ich. Macht’s euch auf der Wiese gemütlich, wir bringen das
Essen heraus. Es ist doch schon alles fertig, und ihr braucht nur loszulegen»,
sagte der alte Daire beruhigend und ging dann mit den Leuten in das
nächstgelegene Haus.
    Pidge setzte sich ins Gras und
sah Brigit nach, die davonflitzte und mit diesem und Jenem schwatzte. Er rief
nach ihr, aber sie schien ihn nicht zu hören. Da rennt sie also herum und
spricht nicht mit Fremden, dachte er und lachte in sich hinein. Sie folgte
jetzt Finn, der zum nächsten Feld gegangen war, um mit den Leuten dort zu
sprechen. Wohin er auch ging, sie lief ihm nach wie ein zahmes Lämmchen.
    Ein Gefühl der Entspannung
überkam Pidge; er lag ausgestreckt da, den Ellbogen aufgestützt, den Kopf in
die Hand gelegt, und genoß die Sonne und die Luft und lauschte den Geräuschen,
die die Leute bei der Arbeit machten. In angenehmer Ermattung fielen ihm die
Augen zu. Vom Haus herüber drang das vertraute Geräusch von klapperndem
Geschirr und das Pfeifen eines Wasserkessels. Er ließ sich auf den Rücken
sinken und reckte sich wohlig.
    Unter seinem Kopf erklang etwas
wie ein gedämpfter Gong. Zuerst meinte er, er spüre nur die Schwingungen, die
von den Schlägen der Werkzeuge ausgingen, wenn sie aus Versehen gegen die
Steine im Boden unter den Ginsterwurzeln stießen; doch als er merkte, daß das
Pochen in zu rascher Folge erklang, als daß es von der Arbeit mit einem Spaten
herrühren konnte und daß es außerdem viel gedämpfter war als die Geräusche, die
ihn umgaben, legte er sein Ohr an die Erde.
    Sobald seine Aufmerksamkeit
gewonnen war, hörte das Geräusch auf, und er vernahm ein Flüstern, das zwar
sehr leise, aber deutlich hörbar war. Es sagte:
    «Säe den Samen hier.»
    Es klang so ähnlich wie die
Stimme im Kamin.
    Wieder war Pidge überwältigt;
diesmal jedoch nicht vor Schreck und auch nicht vor Angst — er war nur
überrascht.
    «Meinst du den Samen von den
Maines?» flüsterte er zurück.
    «Säe den Samen hier», war die
Antwort der Stimme.
    Ich habe ja keine anderen
Samen, dachte er und suchte in seiner Hosentasche. Er hatte die Weizensamen in
sein Taschentuch eingewickelt. Er kratzte ein wenig Erde weg, faltete das
Taschentuch auf, legte die Samen in die Erde und deckte sie wieder zu. Er
heftete den Blick auf die Stelle und erwartete, daß etwas geschehen würde,
irgend etwas Wunderbares.
    Nichts rührte sich.
    «Hab’ ich’s richtig gemacht?»
fragte er die Erde leise, denn es kamen ihm Zweifel.
    «Ja», flüsterte die Stimme
zurück.
    Dann trat aus dem Haus eine
kleine Prozession von Menschen, angeführt vom alten Daire. Zwei Männer trugen
einen langen Tisch, und vier Männer trugen zwei Bänke, die in der Länge zum
Tisch paßten. Drei Frauen folgten mit Tabletts, auf denen irdenes Geschirr und
Speisen standen.
    «Kommt ihr Schnäbel, euer
Futter ist fertig!» rief der alte Daire.
    «Wart ‘n bißchen», rief Finn
zurück.
    «Wart’nbißchen kriegt nichts!»
brüllte der alte Daire ihm zu. Verstohlen drückte er die Samenkörner mit seinem
Stiefel fest; doch Pidge sah es aus dem Augenwinkel.
    Der Tisch war gedeckt, Brigit
und Finn kamen zurück, und dann setzten sich alle zum Essen nieder.
    Da gab es Körbchen mit
gekochten Eiern und Holzteller mit Vollkornbrot und Tellerchen mit Butter für
jeden und Kannen mit heißem, süßem Tee. Es gab auch zwei Teller mit Rühreiern
und bestimmten Kräutern extra für Brigit und Pidge, und sie tranken einen
besonderen Fruchtsaft, den sie nicht kannten. Das Steingutgeschirr hatte ein
hübsches Blumenmuster: Löwenzahn in leuchtendem Gelb und Grün auf blaßbraunem
Grund unter der Glasur. Brigit bewunderte besonders die Eierbecher, die die
anderen hatten.
    Zwischen zwei Bissen sagte sie:
    «Es ist hübsch hier. Alle
Sachen sind hübsch, und die Felder sind so klein und fein, sie sehen aus wie
Spielzeugfelder.»
    «Diese Felder haben die
Menschen Jahr um Jahr ernährt, von Anbeginn; sie sind uns allen Mutter und
Vater — die lieblichen grünen

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