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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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Korb, den er an seinem Spaten befestigte.
    «So, jetzt tief einatmen und
mir nach», sagte er munter.
    Er ging geradewegs auf die
Felswand zu. Pidge folgte ihm mit Brigit, der alte Mann und der Esel bildeten
die Nachhut.
    Jetzt, wo er unmittelbar
davorstand, sah er, daß ein Spalt im Fels war, den man kaum wahmahm, weil der
Stein überall die gleiche Farbe hatte. Die Kanten der Spalte waren nicht auf
der gleichen Ebene, sondern überlappten sich, und der vordere Teil ragte etwa
drei Fuß über den hinteren hinaus. Ein paar Büsche und Pflanzen waren aus dem
Felsen gesprossen und überwucherten die Spalte mit einem Gewirr, das sie
zusätzlich verbarg und überdeckte wie eine gemusterte Tapete.
    Pidge folgte Finn durch die
Spalte. Er mußte sofort nach links gehen und dann wieder nach rechts. Während
er in den gewundenen, engen und tiefen Durchgang eindrang, dachte er, was für
ein wunderbares Versteck das sei und wie schwer es für die Hunde sein würde, es
zu finden. Er wußte, daß Brigit wohlbehalten hinter ihm ging, denn er hörte,
wie sie zu dem Esel sagte, er brauche keine Angst zu haben.
    Der Durchgang wurde noch enger,
und er verstand nun, warum die Tragkörbe hatten abgenommen werden müssen; es
war einfach nicht genug Platz. Der Pfad wand sich jetzt ganz allmählich
aufwärts.
    Nach langer Zeit, wie es ihm
schien, trat er endlich ins Freie und in den Sonnenschein hinaus, und da saß
Finn und wartete auf ihn. Einen Augenblick später tauchte Brigit mit dem Esel
auf, und der alte Daire folgte ihnen auf den Fersen.
    «Da sind wir», sagte Finn, «im
Verborgenen Tal.»
    Es war, als stünden sie am Rand
einer riesigen Schale.
    Sie sahen auf ein weites,
flaches Tal hinunter, in dem keine Bäume und Sträucher wuchsen und das ein
riesiges Mosaik steiniger Äcker bildete. Eine leicht gewundene Straße führte
von ihrem Standort hinab. Sie führte bis ans andere Ende des Tals, wo sie an
der aufragenden Felswand zu enden schien, die den gegenüberliegenden Rand der
Schale bildete.
    Der Talgrund war flach. Es sah
aus, als seien meilenweit Menschen verteilt, die eifrig dabei waren, kleine
Ginsterbüsche abzuhacken und die Äste zu verbrennen, um den Boden zur
Kultivierung vorzubereiten. Der Abstand ließ die am weitesten Entfernten
kleiner erscheinen als einen Fingernagel. Viele Feuer brannten, und die
Rauchfahnen stiegen gerade in den Himmel auf wie Telegrafenstangen, denn es
wehte kein Wind.
    Pidge hatte noch nie eine solch
große Schar von Menschen gleichzeitig an einem Ort arbeiten sehen; es waren so
viele, daß er sie nicht zählen konnte.
    Alles funkelte und glänzte im
blendenden Licht der Sonne. Noch der kleinste Wassertropfen blitzte auf wie ein
Spiegel, und die Quarzteilchen im Gestein glitzerten und blinkten. Die Männer
trugen Hosen aus grobgewebtem Stoff und bunte Arbeitskittel, manche kirschrot
und andere pfauenblau, und sie waren wie Farbtupfer über das ganze Land
verteilt. Die weiten Röcke der Frauen waren scharlachrot, und das grüne Gras
leuchtete unter ihren Füßen.
    Als sie ins Tal hinabschritten,
hielten die Leute in ihrer Arbeit inne und grüßten die Vorbeigehenden; und
manche winkten ihnen noch lange nach.
    «Es wird Zeit, daß ihr ein
bißchen was zum Frühstück bekommt», sagte Finn.
    «Das ist gut», sagte Brigit
«Aber Stechpalmen und Brennesseln will ich nicht.»
    Das Tal maß von einem Ende zum
anderen bestimmt vier Meilen. Die Häuser hatten die herkömmliche längliche
Form, sie waren weiß gekalkt und mit Stroh gedeckt. Das Stroh hatte die Farbe
von dunklem Honig angenommen.
    Sie folgten dem Weg, der durch
den Talgrund führte, und immer wieder unterbrachen die Menschen ihre Arbeit,
hörten auf zu hacken, Äste zu verbrennen und Wurzeln auszugraben und begrüßten
sie. Der alte Daire und Finn waren wohlgelitten, wie es schien, und all die
Freundlichkeit war von einer gewissen Ehrfurcht getragen.
    Finn hatte Brigit wieder auf
den Rücken des Esels gehoben, und sie konnte alles ringsum gut sehen.
    «Sind das alles eure Verwandten
und Verkannten?» fragte sie, beeindruckt von der Vielzahl der Menschen.
    «Ja», antwortete Finn ernst,
während die anderen beiden lächelten.
    «Hoffentlich mußt du nicht
allen Geburtstagsgeschenke kaufen», meinte sie mitfühlend.
    «Ach, dafür sind sie viel zu
alt», sagte der alte Daire.
    Auf einem der Felder, das ein
gutes Stück vom Weg entfernt lag und an den Fuß der Felsmauer grenzte, sah
Pidge eine ganze Herde Esel, die zu grasen aufhörten, um

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