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Die Meute der Morrigan

Die Meute der Morrigan

Titel: Die Meute der Morrigan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat O'Shea
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plötzlichen Düsternis
wirkten die Bäume dürr und befremdend, und sie raschelten laut, als Wind
aufkam. Bäume sind der ungeeignetste Platz, um darunter Schutz zu suchen,
erinnerte er sich. So was Dummes tu’ ich nicht noch mal.
    Jetzt verdunkelte sich der
Himmel noch mehr, ja er war plötzlich ganz schwarz. Rundum wurden die Schatten
dichter, bis alles finster war, ohne eine Spur von Licht.
    Er meinte, etwas Lauerndes und
Bedrohliches in dieser Düsternis zu spüren. Sogar die Gerüche des Tages waren
mit dem Sonnenschein verschwunden, und jetzt waren da die feuchten, erdigen
Gerüche der Nacht. Es ist nur die erwartungsvolle Stimmung, bevor die Blitze
losgehen, sagte er sich. Dennoch flogen seine Blicke bald hierhin, bald
dorthin. Womöglich hatte er sich doch nicht getäuscht und wirklich noch etwas
anderes gespürt.
    «Gleich geht’s los mit dem
Regen, was? Wahrscheinlich so fest, daß wir Risse im Kopf kriegen», murrte
Brigit.
    «Wir werden’s einfach aushalten
müssen, außer wir finden lrgendwo einen sicheren Unterschlupf», sagte er
entschieden.
    Er versuchte festzustellen, ob
die Hunde irgendwo seien, aber es War zu dunkel, um auch nur das geringste zu
erkennen.
    «Wir rennen nicht, egal, wie
schlimm es wird, versprochen, Brigit?»
    «Versprochen.»
    Inzwischen konnten sie kaum
noch erkennen, wohin sie gingen, und immer wieder taumelten sie über
Unebenheiten oder stolperten über Wurzeln und Steine. Der Wind begann zu
seufzen; es war ein leiser und trostloser Ton, der allmählich zu einem wilden
Heulen anschwoll.
    Brigit schlotterte. Sie hielt
sich dicht an Pidge und sagte alle paar Sekunden:
    «Was ist das bloß?»
    Und jedesmal antwortete Pidge,
so ruhig er konnte:
    «Es ist nur der Wind, hab keine
Angst»
    Die schweren Wolken hoch über
ihnen bauschten und wanden sich und schienen zu kochen. Der Himmel riß für
einen Augenblick auf und ließ ein grausig gelbes Licht durchscheinen, und für
Sekunden konnten sie sehen, daß vor ihnen ein verfallenes Gebäude lag. Dann
verdichteten sich die undurchdringlichen Wolken wieder, und die Ruine wurde von
der Dunkelheit verschluckt. Pidge versuchte, seinen Blick fest auf die Stelle
zu heften, wo sie erschienen war. Da riß die Wolkendecke noch einmal auf, und
wieder drang ein Strahl desselben häßlichen Lichtes hindurch. Diesmal sah er
sie ganz deutlich.
    Aufragend in den Himmel standen
da die Überreste einer Burg oder eines Turms und sahen aus wie ein zerbrochener
und schwarz gewordener alter Zahn.
    Dann breitete die Dunkelheit
wieder ihren Mantel über alles, was auch nur ein paar Schritte von ihnen
entfernt war. Pidge bekam Angst, sie könnten in ein glitschiges, mooriges Loch
oder in einen schwankenden, bodenlosen Sumpf geraten. Wie entsetzlich wäre das
in dieser Dunkelheit. Wer würde ihnen heraushelfen, wenn sie steckenblieben?
Wenn sie bis zu den Schultern in den saugenden Untergrund sanken und Blitze wie
feurige Speere auf sie losfuhren, dann wären sie völlig hilflos, nichts anderes
als festgemachte Zielscheiben; das konnte sogar ihren Tod bedeuten.
    Aber auch ohne die
furchterregenden Blitze bestand die Gefahr, daß sie einfach versinken konnten.
Seine Phantasie ging mit ihm durch, und er stellte sich die Erde als ein
Ungeheuer mit vielen unsichtbaren Mäulern vor; er hatte Angst vor diesem
Erdentier. Er malte sich die Mäuler aus, die sich alle ohne Vorwarnung unter ihren
Füßen öffnen könnten, um sie it ihrem Schlammschlund hinunterzuschlingen in das
wabernde Gefängnis ihres Magens. Irgendwo ganz im Hintergrund saß das
Bewußtsein, daß dies alles Unsinn sei. Er war sein Leben lang mit dem Moor
vertraut gewesen. Jedes Frühjahr war er zum Torfstechen mitgegangen, und im
Spätsommer war er dabei gewesen, wie die getrockneten Moorziegel nach Hause
gekarrt wurden. Ihr eigenes Torfmoor war ein heidebewachsener, weich federnder
Grund mit harmlosen feuchten Stellen und ein paar scharfbegrenzten tiefen
Löchern, die sich mit braunem Wasser gefüllt hatten, nachdem der Torf gestochen
worden war. Es war ein Platz, an dem man Picknicks hielt; dort hatte er riesige
Mengen von belegten Broten verzehrt, weil die frische Luft einen immer sehr
hungrig machte, und er hatte heißen Tee aus Flaschen getrunken, die sein Vater
geschickt an kleinen Feuern erhitzt hatte, ohne daß je eine einzige Flasche
zersprungen wäre. Das Schlimmste, was einem passieren konnte, war, nasse
Kleider zu kriegen, wenn man unglücklicherweise in ein Torfstichloch fiel.
    Doch

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