Die Midlife-Boomer
gemischte Käufer- und Mietergruppe, auch was die Altersschichtung angeht.
Ollenhauer und Erhard bieten jeden Monat ein Treffen für Interessenten an. Sie kommen aus ganz Deutschland. »Wir bekommen sehr gutes Feedback«, sagt Ollenhauer, »doch die Entscheidung, alles am alten Wohnort zu verkaufen und nach Enzklösterle zu ziehen, will natürlich intensiv bedacht sein.«
Regine Erhard und Claudia Ollenhauer sind Teil einer wachsenden Gruppe von Menschen, die jenseits der 50 zwar in ihrer eigenen Wohnung, aber doch gemeinsam mit anderen wohnen wollen. Überall in Deutschland gibt es inzwischen derartige gemeinsame Wohnprojekte in den unterschiedlichsten Rechtsformen. Baugruppen, Genossenschaften, Kommanditgesellschaften, mal auf dem Land, mal in der Stadt: Jenseits der traditionellen Ein- und Mehrfamilienhäuser entwickelt sich eine bunte Vielfalt an alternativen Wohnformen.
Manche der Projektinitiatoren sind WG-erfahren wie der Stadtplaner und Architekt Hannes Tüllmann, der in Berlin-Kreuzberg ein Dach mit mehreren hundert Quadratmetern Wohnfläche in ein knappes Dutzend Wohnungen mit großem Gemeinschaftsraum und Dachterrasse umgebaut hat. Andere wollen nach Jahrzehnten im Eigenheim mit Familie und Haustieren noch einmal ganz was anderes probieren. Sie alle aber eint der Wunsch, ihren Bedürfnissen zu folgen und ihre Ideen für gutes Wohnen umzusetzen.
»Gerade die Generation 50plus fängt nach dem Auszug der Kinder sehr intensiv an, darüber nachzudenken, in welchem Wohnumfeld sie den Rest ihres Lebens zubringen will«, sagt Rolf Novy-Huy, der langjährige Geschäftsführer der Stiftung trias 139 . Der 54-jährige Bankkaufmann beschäftigt sich seit Jahren mit gemeinschaftlichen Wohnprojekten.
Die in Hattingen ansässige Stiftung trias hilft Wohngruppen in unterschiedlichster Form bei der Umsetzung ihrer Baupläne: von Mustersatzungen über Dossiers zu unterschiedlichen Rechtsformen bis hin zum umfassendsten Wohnportal für gemeinschaftliche Projekte 140 . Was die im März 2002 gegründete Stiftung jedoch ganz besonders auszeichnet, ist die Bereitschaft, Grundstücke für gemeinsame Wohnprojekte aufzukaufen und der Baugruppe in 99-jähriger Erbpacht zu überlassen. »Wir haben bislang 18 Projekte in ganz Deutschland gefördert«, sagt Novy-Huy.
So sollen die Grundstücke der Spekulation entzogen und sichergestellt werden, dass bestimmte Ziele der Bauprojekte im sozialen und ökologischen Bereich auch in vielen Jahrzehnten noch gesichert sind – auch wenn die eigentlichen Gründer und Initiatoren vielleicht gar nicht mehr leben.
Für den Grund und Boden zahlen die Baugruppen einen Erbpachtzins von derzeit rund vier Prozent an die Stiftung trias. Die Gebäude und Wohnungen bleiben im Eigentum der jeweiligen Nutzer oder werden an sie vermietet. »Die Nachfrage nach diesem Modell ist sehr groß«, erzählt Geschäftsführer Novy-Huy, »wir könnten jede Woche ein Grundstück kaufen.«
Deshalb ist die Stiftung selbst auch immer auf der Suche nach Darlehensgebern, Spendern und auch Erblassern. Wird ein Projekt dann von ihr gefördert, hilft die Stiftung auch während des Bauprozesses immer wieder mit Rat und Tat, macht allerdings keine Projektsteuerung. Momentan wird beispielsweise in der brandenburgischen Hauptstadt Potsdam die Baugemeinschaft 23Riesen von der Stiftung trias unterstützt. Die Stiftung hat das Gelände gekauft, auf rund 1800 Quadratmetern entstehen in zwei sanierungsbedürftigen Altbauten und einem Neubau Mietwohnungen für generationsübergreifende Modelle.
Rolf Novy-Huy ist sich sicher, dass gemeinschaftliches Bauen eine große Zukunft hat. Die Anzahl der Menschen, die lieber gemeinsam statt einsam wohnen wollten, nehme beständig zu. Und immer mehr seien auch durch ihre Biografie geübter darin, umzuziehen und sich in neuen Umgebungen und Verhältnissen einzufinden. Er hat sogar eine neue Vokabel gefunden für das, was gemeinschaftliches Bauen im Optimalfall auslösen kann: eine »pragmatische Freundeskreisgründung«.
Die Projekte tragen so poetische Namen wie Lichte Weiten in Berlin, Hausgemeinschaft Sonnenau in Kassel oder das Alte Pastorat in Hattstedt. Ihnen allen ist neben der Förderung durch die Stiftung trias gemein, dass mehrere Menschen in den unterschiedlichsten Formen gemeinsam wohnen.
Diese Menschen seien sehr aktiv, oft sozial engagiert und hätten ihr Leben bislang immer selbst in die Hand genommen, sagt Novy-Huy. Deshalb suchten sie nun auch in der zweiten
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