Die Midlife-Boomer
schnell herum – und hilft gerade in Branchen mit Fachkräftemangel, gute Mitarbeiter zu finden und langfristig auch in einem höheren Alter zu binden. Wie in den Kindertagesstätten der Havel-Kids in Berlin und Brandenburg.
Dort kommt alle zwei Wochen vor Arbeitsbeginn ein Personal Trainer ins Haus. »Wir haben in jeder unserer Kindertagesstätten einen Bewegungsraum, der bietet sich für die Übungen an«, erzählt Barbara Müter-Zwisele 132 , Geschäftsführerin der Havel-Kids Kinderbetreuung gGmbh in Gatow. Das am westlichen Berliner Stadtrand im Grünen gelegene Unternehmen wurde 2005 gegründet und expandiert stark. Im Mai 2011 wurde die dritte Kindertagesbetreuungsstätte aufgemacht.
Und anders als viele Kitas hat Müter-Zwisele kein Problem, geeignetes Personal zu finden: »Wir sind sehr beliebt, auch wegen Dingen wie dem Personal Trainer.« Denn wer hat das schon – Zugriff auf seinen eigenen Fitness-Coach, der in die Firma kommt?
Alle zwei Wochen kommt der Sportlehrer in jede Kita. Geschäftsführerin Müter-Zwisele hat vorher abgefragt, wo es ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am meisten zwickt. »Mit manchen macht er Entspannungsübungen, mit anderen ein Rückentraining. Das jeweilige Programm ist immer individuell.« 2009 startete das Angebot und wurde von Anfang an begeistert aufgenommen. »Die Kollegen sahen das auch als Privileg, was sie gegenüber anderen in der Branche auszeichnete«, weiß Müter-Zwisele.
Das hilft ihr, die besten Kräfte zu rekrutieren und mittelfristig dafür zu sorgen, dass alle fit bleiben. 56 Jahre ist die älteste Mitarbeiterin der Havel-Kids derzeit, und Müter-Zwisele erwartet, dass ihre Mitarbeiter künftig durchaus bis 60 und länger arbeiten werden. Gerade bei der Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern sei das aber oft schwierig, weil die Arbeit nicht nur emotional, sondern auch körperlich fordernd ist. »Sie müssen sich viel auf dem Boden bewegen, das geht nun mal nicht anders«, sagt die Geschäftsführerin.
Bei einem zufälligen Treffen hatte ihr eine Anwältin davon erzählt, dass sie einen Personal Trainer in die Kanzlei kommen lasse und die Mitarbeiter das toll fänden. Müter-Zwisele gefiel die Idee, die sich zudem leicht und unkompliziert umsetzen ließ. »Der finanzielle Aufwand ist im Vergleich zu dem Nutzen absolut zu vernachlässigen«, erklärt die Berlinerin.
Ihre Mitarbeiter, zu denen branchenuntypisch auch sechs Erzieher zählen, können nicht nur das Angebot im eigenen Haus alle zwei Wochen nutzen, sondern auch das in den anderen Kitas. So ist auch eine Trainingsfrequenz von einmal in der Woche möglich. Und einige der Kollegen trainieren inzwischen auch schon ohne Trainer vor Dienstbeginn. »Das zeigt, dass wir wirklich Feuer gefangen haben und wir alle davon sehr profitieren«, so Müter-Zwisele.
Neben dem körperlichen Training sei auch wichtig, dass man sich »auf einer anderen Ebene trifft, wenn man gemeinsam Sport macht«. So entstehe eine ganz andere, sehr belastbare Firmenkultur. Dazu gehört ebenfalls, dass bei den Havel-Kids auch ältere Mitarbeiter regelmäßig fortgebildet werden. Die heute mit 56 Jahren älteste Erzieherin hat beispielsweise 2010 eine Weiterbildung zum »Facherzieher für Integration« gemacht und mit der Note 1 bestanden. »Die Mitarbeiter müssen nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit bleiben«, sagt ihre Chefin Müter-Zwisele.
Das Beispiel der Havel-Kids zeigt, wie auch kleine Betriebe mit sehr wenig Aufwand und cleveren Ideen die Herausforderungen des demografischen Wandels angehen können. Indem die Geschäftsführung eine allgemein als »Luxus« empfundene Dienstleistung wie den Personal Trainer für die Mitarbeiter verfügbar macht, zeigt sie ihre Wertschätzung für sie auf einer für alle sehr greifbaren und nachvollziehbaren Ebene. »Ich habe meinen eigenen Personal Trainer, den mir mein Arbeitgeber finanziert« – wer würde nicht auch gern einen derartigen Satz im Freundeskreis sagen? So ermöglicht Havel-Kids es allen Mitarbeitern, auch in ihrem persönlichen Umfeld den Stolz auf ihre jeweilige Arbeit und die Wertschätzung, die ihnen dort entgegengebracht wird, zu kommunizieren.
Um wie viel attraktiver ein Unternehmen ist, das seine Mitarbeiter wertschätzt, zeigt auch das Beispiel des Maschinenbauers Trumpf im schwäbischen Ditzingen. Dort wollte ein Softwareingenieur eine viermonatige Auszeit beantragen, um in Mexiko Motorrad zu fahren 133 . Sein Vorgesetzter lehnte
Weitere Kostenlose Bücher