Die Midlife-Boomer
in starre Systeme presst, wenn wir alt werden.« »Selbstverantwortung« ist für ihn ein zentrales Stichwort: »Das kann auch mal bedeuten, das Falsche zu entscheiden. Aber wir müssen bereit sein, die Verantwortung dafür und für uns zu tragen.«
Neben Sozialimmobilien hat Feddersen mit seinem Büro feddersenarchitekten auch viele teure Seniorenresidenzen gebaut. Er geht davon aus, dass sie für viele der kommenden Entwicklungen stilbildend wirken: »Was wir momentan für die Reichen bauen, werden wir in fünf Jahren für die Mittelklasse und in zehn bis fünfzehn Jahren für alle bauen«, sagt er. Dabei gehe es keinesfalls darum, »ein Angebot für alle zu machen«, sondern sehr individuell auf jeden Wunsch einzugehen, »und wenn er noch so kurios ist«.
Denn die Individualität und der Wunsch danach verstärke sich gerade im Alter noch mal deutlich: »Wenn man sieht, dass sich das Leben verkürzt, dann will man seine Wünsche auch leben« ist die Erfahrung von Feddersen. Hinzu komme, dass auch immer mehr Jüngere die verlängerte Lebenszeit als Chance sehen, auch mit 50 noch einen Neuanfang zu wagen. »Die unterschiedlichen Lebensstile der Menschen werden sich noch weiter ausdifferenzieren. Die einen lebten Jahrzehnte in der Stadt und wollen nun auf dem Bauernhof alt werden«, sagt Feddersen, »andere wollen bis ins hohe Alter weiterarbeiten.«
Bezogen auf das Wohnen ist die Konsequenz daraus, dass Häuser in ihren Grundrissen und der Baumethode viel flexibler werden müssen, um den unterschiedlichen Biografien und den sich auch in späteren Lebensphasen immer weiter verändernden Anforderungen gerecht zu werden. Das Thema Barrierefreiheit hat Feddersen dabei weitgehend abgehakt: »Das ist heute nur noch Handwerk.« Er weiß natürlich auch, wie wenige Wohnungen bereits barrierefrei oder zumindest barrierearm sind. Doch das erforderliche Wissen ist inzwischen weit verbreitet, die Instrumente auch.
Feddersen geht es weniger um die nötigen Sanierungen und Umbauten heute, sondern mehr um Konzepte, die weiter in die Zukunft reichen. Und so sagt er, dass »Sicherheit im Alter« das nächste große Thema sei: »Dabei geht es um tatsächliche Sicherheit im unmittelbaren Umfeld der Wohnung, aber auch um die gefühlte Sicherheit in der Umgebung.« Beantwortet werden müssen Fragen wie: Kann ich schnell nach Hilfe rufen? Habe ich alles, was ich brauche, in unmittelbarer oder zumindest erreichbarer Nähe? Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten, kulturelle Angebote? Eines nämlich ist für Feddersen unverrückbar klar: An dem eindeutigen Wunsch der Menschen, in ihren eigenen vier Wänden alt zu werden, wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern.
Deshalb gilt es aus seiner Sicht zwei große Fragen zu thematisieren: Wie kann man der Einsamkeit entkommen, die sich im Alter bei manchen verstärkt? Und wie kann man die Institutionen der Gesundheitsfürsorge so konzipieren, dass sie ihre Nutzer möglichst wenig abhängig machen, ihnen also die größtmögliche Freiheit und persönliche Selbstbestimmung erlauben?
Für das unmittelbare Wohnumfeld entwirft Feddersen inzwischen Grundrisse, die die Wohnungen optisch vergrößern, indem das Bad als zentraler Block in der Mitte der Wohnung angeordnet ist. Auf Türen kann dann weitgehend verzichtet werden, weil die Wohn- und Schlafbereiche so durch die Architektur getrennt werden können. »Das ermöglicht den Bewohnern einen Rundumlauf, bei dem sie nicht durch Türen oder Gänge blockiert werden«, sagt Feddersen. Die Bäder selbst werden mit Lichtbändern ausgestattet, so dass Tageslicht einfällt.
Für ganz wichtig hält er auch große Balkone mit mindestens zwei Meter Tiefe. »Vier Personen müssen auf dem Balkon gemütlich Kaffee trinken können«, formuliert er als Voraussetzung. Denn gerade im Alter würden die Balkone sehr oft zum Ersatz für den Gang in den Garten oder Spaziergänge.
Eine zielführende Antwort auf die Frage, wie man Selbstständigkeit erhalten und drohende Einsamkeit abwenden kann, sieht Feddersen im weiteren Umfeld der Menschen, vor allem in einem aktiven Quartiersmanagement: »Alle wichtigen Infrastruktureinrichtungen dürfen im Alter maximal 500 Meter entfernt liegen«, sagt er. Das sind maximal tausend Schritte. Feddersen wünscht sich Quartiere, die genau das bieten – und Menschen, die sich aktiv um die Nachbarschaft im Quartier kümmern. Weit besser als Sozialarbeiter könnten das Mitbürger und Mitbürgerinnen tun, die in
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