Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Midlife-Boomer

Die Midlife-Boomer

Titel: Die Midlife-Boomer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Heckel
Vom Netzwerk:
Andreas Homburg 161 . Schon zuvor war dem Leiter des Amtes für Gemeindeentwicklung der Gemeinde Hiddenhausen und seinem Bürgermeister klar, dass ihre Kommune in den kommenden Jahrzehnten deutlich schrumpfen würde. Doch was in roter und grüner Farbe auf den Karten eingetragen war, machte diese abstrakte Botschaft sehr real: Jede Menge Rentner und nur sehr wenige Kinder.
    »Das hat uns wachgerüttelt«, erinnert sich Homburg. Noch mehr Neubauflächen konnte die Gemeinde mit ihren rund 20.000 Einwohnern in sechs Ortsteilen nicht mehr ausweisen, dazu reichte der Platz nicht. Und in den Orten selbst nahm der Leerstand kontinuierlich zu.
    So entwickelten Homburg und seine Kollegen in vielen Diskussionen das Programm Jung kauft Alt : Es soll das Renovierungsrisiko bei Altbauten weitgehend minimieren und Käufer mit einem finanziellen Anreiz dazu bewegen, in Bestandsimmobilien zu investieren.
    »Für Käufer ist es bei Altbauten sehr schwer, den Sanierungsaufwand einzuschätzen«, erzählt Homburg. »Dieses Risiko nehmen wir ihnen ab, indem wir bis zu 1500 Euro für ein Altbaugutachten beisteuern.« Wer sich dann für die mindestens 25 Jahre alte Bestandsimmobilie entscheidet, bekommt für sechs Jahre einen jährlichen Grundbetrag von 600 Euro und einen Zusatzbetrag von 300 Euro für jedes minderjährige Kind im Haushalt. Maximal werden 9000 Euro pro Familie ausbezahlt.
    In einem runden Tisch mit Architekten, Bauplanern, Maklern und Finanzexperten der örtlichen Banken haben Homburg und sein Team das Programm besprochen. Im Jahr 2007 konnten sie auch den Rat der Gemeinde überzeugen, entsprechende Mittel zu genehmigen.
    Zwölf Familien ließen sich schon im ersten Jahr auf Jung kauft Alt ein. »Sie schätzen die gewachsene Struktur in den Dorfkernen, und sehr oft sind auch die Grundstücke mit den Altbauten größer«, sagt Homburg. Während in einem Neubaugebiet oftmals auf Jahre hinaus an den Straßen und der Infrastruktur gebaut wird, ist im Dorfkern alles vorhanden: Die Bäume in den Gärten sind schon hoch, und zum Fußballplatz und zum Bäcker ist es nicht weit.
    »Unser Programm ist gut für alle Beteiligten: die Käufer, die Verkäufer und die Gemeinde«, sagt Homburg. Der Leerstand konnte so reduziert und der damit einhergehende Preisverfall der Immobilien zumindest gebremst werden.
    Die Gemeinde muss keine zusätzlichen Neubaugebiete mit der dafür notwendigen Infrastruktur ausweisen, sondern kann sich bei ihren Investitionen auf die gewachsenen Strukturen konzentrieren. Und die Käufer haben durch das Altbaugutachten Sicherheit vor finanziellen Überraschungen und durch die zusätzliche finanzielle Förderung einen klaren Kaufanreiz für einen Altbau. So hat die Gemeinde seit dem Start des Programms 2007 Neubauflächen von gerade mal etwas mehr als einem Fußballfeld ausgewiesen, insgesamt 0,94 Hektar. Im Zeitraum 1997 bis 2006 waren es noch 27,85 Hektar. Trotzdem wächst die Kommune wieder, statt wie bisher zu schrumpfen.
    War der Saldo zwischen Zu- und Fortzügen bis 2009 noch deutlich negativ, wurden 2010 drei Zuzüge mehr registriert. Im Lauf des Jahres 2011 waren es bereits 15. Auch die Zahl der Kinder unter drei Jahren steigt wieder. »In den von uns geförderten Familien in den Altbauten wurden sogar 21 neugeborene Babys während des Förderzeitraums registriert«, freut sich Andreas Homburg. Ihre Eltern bekommen einen besonderen Bonus: Für jedes im Förderzeitraum geborene Kind gibt es zusätzlich 300 Euro pro Jahr.
    Unlängst hat der Rat der Gemeinde das Programm verlängert. Amtsleiter Homburg wird inzwischen immer häufiger von anderen Gemeinden für Vorträge über das Hiddenhausener Modell angefragt. Für den langjährigen Wirtschaftsförderer ist das auch eine kleine persönliche Genugtuung. »Als wir angefangen haben, haben unsere Kollegen uns nicht ernst genommen«, erzählt er. »Nun sagen sie uns, wir sind klar im Vorteil, weil wir den Menschen sagen: Ihr seid uns willkommen, wenn ihr zu uns ins Dorf zieht.«
    Das Beispiel Hiddenhausen zeigt, wie auch eine kleine Kommune kreativ mit dem demografischen Wandel umgehen kann. Das Dorf, dem die Statistikprognose ein ständiges Schrumpfen voraussagte, wächst wieder: Die Hälfte der von Jung kauft Alt geförderten Familien sind Zuzügler aus andere Gemeinden.
    Bürgermeister Armin König hat auf einem Kongress zum ersten Mal von dem Beispiel Hiddenhausen gehört: »Die Idee ist gut, aber Hiddenhausen zahlt einen hohen Preis für ein

Weitere Kostenlose Bücher