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Die Midlife-Boomer

Die Midlife-Boomer

Titel: Die Midlife-Boomer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Heckel
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unsere Optionen im demografischen Wandel zu beschreiben. Dazu haben die Experten zuerst ausgerechnet, was es uns mittelfristig an Wohlstand kostet, wenn Deutschland in den nächsten Jahrzehnten altert und schrumpft. Das bezeichnen die Experten als sogenannte »Tragfähigkeitslücke« 166 . Sie zeigt die langfristigen Risiken für die öffentlichen Finanzen durch die demografische Entwicklung und stellt in Form einer Generationenbilanz die Ausgaben von Bund, Ländern und anderen staatlichen Kassen den Einnahmen gegenüber. Das Besondere an der Tragfähigkeitslücke ist, dass nicht nur die sichtbare Verschuldung des Staates eingerechnet wird, sondern auch die Defizite von Renten-, Kranken- und Pflegekassen. So sollen alle Versorgungsansprüche der Bürger gegenüber dem Staat berücksichtigt werden.
    Dann haben die Sachverständigen sich angesehen, wie sich verschiedene Handlungsoptionen auf die Tragfähigkeitslücke auswirken. Würden alle umgesetzt, könnten die Folgen der demografischen Veränderungen zumindest für die öffentlichen Haushalte und Sozialkassen neutralisiert werden. Oder anders ausgedrückt: Es gibt ausreichend funktionierende Strategien, um den Wohlstand in Deutschland auch in einem schrumpfenden und alternden Land zu halten.
    Interessant an der Rechnung ist vor allem, dass manche der scheinbar offensichtlichen – und in der Öffentlichkeit am meisten diskutierten – Strategien die geringste Wirkung haben. So werden alle Anstrengungen, dass in Deutschland mehr Kinder geboren werden, sich nicht nennenswert auf die demografische Situation des Landes auswirken.
    Elterngeld hin, Kita-Ausbau her und mittendrin die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Das sind sehr wichtige Ziele, die Förderung verdienen. Doch demografisch helfen sie uns kaum, dafür ist es inzwischen schon viel zu spät.
    Längst gibt es zu wenige Frauen im gebärfähigen Alter – und deshalb macht es statistisch relativ wenig Unterschied, ob die dann ein, zwei, drei oder mehr Kinder bekommen. Diese Frage hätte vor 30 Jahren angegangen werden müssen. Sie zeigt deshalb auch exemplarisch, warum es nun so wichtig ist, endlich das demografisch Richtige zu tun.
    Drei Zahlen illustrieren das Problem: 2009 gab es 710.000 Frauen 167 im Alter von 45, aber nur noch 475.000 25-Jährige. Und auch die nächste Generation war da bereits auf der Welt, wiederum deutlich weniger: Gerade mal noch 345.000 fünfjährige Mädchen wurden in diesem Jahr gezählt.
    Das ist weniger als die Hälfte der Vorvorgänger-Generation. Wenn die heute Fünfjährigen erwachsen sind und Kinder bekommen, müssten sie also doppelt so viele Kinder bekommen wie die Frauen zwei Generationen vorher. Das ist illusorisch, egal, wie gut die Karrierechancen von Frauen und die Kinderbetreuung bis dahin in Deutschland sind.
    Momentan haben wir eine Geburtenquote von statistisch 1,41 Kindern pro Frau. Alle Familienpolitiker wären glücklich, wenn es gelänge, sie um zwei oder drei Zehntelprozentpunkte zu heben. Ihren Höchststand hatte sie zu Zeiten der Babyboomer 1965, als durchschnittlich pro Frau 2,51 Kinder 168 geboren wurden. Bereits zehn Jahre später jedoch kamen beträchtlich weniger Kinder auf die Welt – und daran hat sich seit 1975 tendenziell nichts geändert. Damals sank die Quote auf 1,45, heute liegt sie fast unverändert.
    Auch das Beispiel Ostdeutschlands zeigt, wie schwer es ist, die Geburtenquote wieder zu erhöhen. 1,52 Kinder bekamen ostdeutsche Frauen im Schnitt, bis es dann nach der Wiedervereinigung zu einem weltweit einzigartigen Einbruch der Geburtenquote kam. Binnen drei Jahren halbierte sie sich auf 0,77. Seitdem steigt sie langsam wieder, liegt jedoch noch deutlich unter dem Wert zur Zeit der Wende.
    Zwar bekommen jüngere Frauen derzeit in der Tat ein paar Babys mehr, so dass manche Forscher für 35-Jährige bereits von einem Schnitt von 1,5 Kindern ausgehen. Doch wie gesagt: Demografisch hilft das kaum etwas.
    Bei der Berechnung der Tragfähigkeitslücke bringt eine Veränderung von 0,2 Punkten in der Geburtenquote gerade mal ein Plus oder Minus von 0,2 Punkten.
    Auch die in den Medien immer wieder beschworene höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen bringt demografisch eher wenig, nämlich ebenfalls 0,2 Punkte. Dafür müsste die Frauenerwerbsquote in Deutschland auf skandinavische Werte steigen. Im Jahr 2005 arbeiteten hierzulande 66,7 Prozent der Frauen im erwerbstätigen Alter, in Schweden waren es 77,2 und in Dänemark 75 Prozent

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