Die Milliarden-Verschwender - wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen
nicht besser bewacht worden waren. Sehr zur Heiterkeit der anwesenden Journalisten und Kameraleute kommentierte ich die Schilderung mit der Bemerkung: »Da hätte man die 60 000 Mark ja gleich auf den Teichrand legen können.« Am nächsten Tag schmückten Schlagzeilen über den Fischteich in Plochingen die Titelseite vieler Zeitungen.
Zurück in Wiesbaden, ging morgens bei mir das Telefon. Es meldete sich »Beck, ich bin der Bürgermeister von Plochingen«. Er erzählte mir, sein Sohn habe ihn des Nachts aus Mexiko angerufen und gefragt, was denn in Plochingen los sei. Er sei im Internet auf die Schlagzeilen gestoßen, die Plochingen und die Landesgartenschau wegen der verschwundenen Koi-Karpfen mache. Verwundert hatte Herr Beck am nächsten Morgen die Presse studiert und die Hinweise seines Sohnes bestätigt gefunden. Nachdem er mir das erzählt hatte, sagte er: »Herr Däke, die Karpfen sind wieder da.« Ich war total geplättet. Wie sich herausstellte, soll sich der örtliche Anglerverein die Karpfen ausgeliehen haben, wofür sie für kurze Zeit aus dem Teich herausgefischt worden waren. Wenig später hatte man sie ordnungsgemäß zurückgebracht. Das Verschwinden der Karpfen war jedoch der Polizei gemeldet worden, die es im Polizeibericht festgehalten und der Lokalpresse mitgeteilt hatte. Über diesen Bericht stolperte ein Mitarbeiter des Bundes der Steuerzahler. Er nahm ihn in das Schwarzbuch auf, ohne sich bei der Landesgartenschau und der Polizei zu erkundigen, ob die Berichterstattung zutreffe. Ein verhängnisvoller Fehler, denn er wurde mir immer wieder als Beispiel für die angeblich unsaubere Recherche unserer Schwarzbuchfälle vorgehalten. Die Vorwürfe gipfelten schließlich in einem Artikel des Spiegel mit der Überschrift: »Die Karpfen waren eine Ente.«
Der Bürgermeister von Plochingen nahm es mit Humor und gestand mir einige Zeit später, die Karpfen-Story habe einen großen PR-Effekt für Plochingen gehabt. Anlässlich der 50-Jahr-Feier des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg »vergab« mir Herr Beck bei einem Glas Wein den unverzeihlichen Fehler. Denn klar ist: Wenn man jemanden öffentlich anklagt, muss das Hand und Fuß haben, insbesondere dann, wenn es in einer so bekannten Publikation wie dem Schwarzbuch geschieht.
Als Konsequenz aus diesem Vorfall führte ich schriftliche Bestätigungen aller am Schwarzbuch beteiligten Mitarbeiter ein. Seither müssen für jeden einzelnen Fall Unterlagen mit Stellungnahmen der jeweils betroffenen Behörde vorliegen. Außerdem sind diese Stellungnahmen bei jeder Fallschilderung zu berücksichtigen. Es war dies eine unbedingt notwendige Maßnahme, denn seit dem Karpfen-Fall verging kaum eine Vorstellung des Schwarzbuches, in der nicht nach der Recherchearbeit gefragt wurde.
Eine in diesem Zusammenhang häufig aufgestellte Behauptung lautete, der Bund der Steuerzahler würde keine eigenen Recherchen betreiben, sondern aus den Berichten der Rechnungshöfe abschreiben. Es ist mir ein Rätsel, wie die Kommentatoren in der Presse zu dieser Auffassung kommen. Richtig ist, dass es in den Schwarzbüchern einzelne Kapitel gibt, die von den Rechnungshöfen aufgedeckte Fälle enthalten. In den Abschnitten »Rechnungshöfe werden fündig« oder »Rechnungshöfe decken auf« bezieht sich der Bund der Steuerzahler offen auf die Arbeit dieser Institutionen, ohne sich mit fremden Federn zu schmücken. Es geht, wie ich immer wieder betont habe, darum, die wertvolle Arbeit des Bundesrechnungshofes und der Landesrechnungshöfe zu unterstützen. Wie bereits erwähnt, sollen die Schwarzbücher unter anderem dazu beitragen, dass über aufgedeckte Verschwendungsfälle kein Gras wächst.
Die Redakteure der Schwarzbücher könnten auf die Beispielsfälle der Rechnungshöfe gut verzichten, denn an Stoff mangelt es nicht. Das wird schon daraus ersichtlich, in welchem Maße die veröffentlichten Beispiele an Umfang und Anzahl zugenommen haben. Waren es in den ersten Schwarzbüchern etwa 20 bis 30 Beispielsfälle, so sind es jetzt weit über 100. Häufig werde ich gefragt, ob diese wachsende Zahl Rückschlüsse auf eine Zunahme der Verschwendung zulasse. Ich kann dies weder bestätigen noch verneinen. Erheblich zugenommen hat jedoch nach meiner Beobachtung die Sensibilität der Bürgerinnen und Bürger für die Verschwendung von Steuergeldern. Sicher ist dies auch dem Schwarzbuch und den Berichten der Rechnungshöfe zuzuschreiben, vor allem aber wohl der zunehmenden Furcht
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